Die gute Nachricht ist: Die Anzahl der Jobs in den wissensintensiven Dienstleistungen hat zuletzt rasant zugenommen. Zwischen 2007 und 2016 sind gut 12.000 Ingenieure, IT-Experten sowie Mitarbeiter in Forschungseinrichtungen, Kanzleien oder Praxen zusätzlich eingestellt worden. Das geht aus einer Erhebung der Arbeitnehmerkammer Bremen hervor.
Allerdings: Im Vergleich mit anderen Großstädten hinkt Bremen beim Zuwachs weiter hinterher, und auch der Anteil der Mitarbeiter an der Gesamtbeschäftigung ist noch immer vergleichsweise gering. Eine Entwicklung, die Arbeitnehmerkammer-Geschäftsführerin Elke Heyduck mit Sorge betrachtet.
Die Arbeitnehmerkammer definiert wissensintensive Dienstleistungen als Wirtschaftsbereich, in dem umfassende Kenntnisse als Ressource eine zentrale Rolle spielen. Dazu zählen Stellen im Gesundheitsbereich, in der technischen und nicht-technischen Beratung und Forschung, in der IT und Kommunikation, im Finanzbereich sowie in Medien und Kultur. Es sind meist Akademiker, die in diesen Jobs arbeiten.
"Die Entwicklung ist alarmierend"
Unterm Strich wuchs Bremen bei den wissensintensiven Dienstleistungen in den vergangenen Jahren um etwa ein Viertel, also durchschnittlich. Bremerhaven kam dagegen nur auf ein Plus von sechs Prozent. „Die Entwicklung ist alarmierend“, sagt Heyduck, denn das Ausgangsniveau der wissensintensiven Dienstleistungen im Zwei-Städte-Staat sei niedrig gewesen.
Zwar arbeiteten im vergangenen Jahr laut Studie mittlerweile mehr als 66.000 Menschen in diesem Bereich – also jeder fünfte Bremer und Bremerhavener. Das Problem: In Vergleichsstädten wie Leipzig, Nürnberg oder Essen sind es mindestens ein Viertel aller Beschäftigten. Spitzenreiter ist München mit einer Quote von 38 Prozent. „Ein Aufholprozess ist hierzulande nicht zu beobachten“, sagt Heyduck.
Auch, weil nach Angaben der Kammer im kleinsten Bundesland in diesen Sparten weniger gegründet wird als in anderswo. Laut Gründer-Index 2017 kam Bremen auf 485 Neugründungen, in Leipzig waren es doppelt so viele im Bereich der wissensintensiven Dienstleistungen. In Bremen soll nun das Start-Haus dafür sorgen, dass Gründer in Zukunft besser und aus einer Hand unterstützt werden.
Die entsprechende Initiative wurde in der vergangenen Woche vom Senat beschlossen. Besonders viele Bremer arbeiten im Gesundheitssektor: Mit mehr als 30.000 Menschen ist ein Drittel der Angestellten im Bereich der wissensintensiven Dienstleistungen in Krankenhäusern oder Arztpraxen tätig. Das sind gut elf Prozent mehr als 2007.
Eine immer größere Bedeutung kommt aber dem Bereich der technischen Beratung zu: Hier hat sich die Zahl der Beschäftigten laut Kammer-Report zwischen 2007 und 2016 verdoppelt, zuletzt waren mehr als 11.000 Mitarbeiter in diesem Segment beschäftigt. Das hängt nach Angaben der Arbeitnehmerkammer damit zusammen, dass die Industrie in der Hansestadt nach wie vor stark und die Nachfrage nach technischen Dienstleistungen hoch ist.
Motor für das Beschäftigungswachstum
In Bremerhaven sind in der Forschung viele Jobs entstanden: 600 neue Stellen wurden im Erhebungszeitraum in dieser Sparte geschaffen, in der Seestadt gibt es hier nun 1300 Jobs. Einbußen musste die Hansestadt im Finanzsektor hinnehmen, in dem nun etwas mehr als 8000 Menschen arbeiten und damit gut sieben Prozent weniger als vor zehn Jahren.
Auch im Bereich Medien und Kultur wurden Stellen abgebaut: Nun noch gut 4400 Jobs entsprechen im Vergleich zu 2007 einem Minus von mehr als vier Prozent. Aus Sicht von Arbeitnehmerkammer-Chefin Heyduck muss die Politik den wissensintensiven Dienstleistungen mehr Gewicht einräumen.
Denn diese Branche war in Bremen wie bundesweit Motor für das Beschäftigungswachstum: Während die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Jobs insgesamt zwischen 2007 und 2016 um knapp 14 Prozent zunahm, gab es laut Kammer 22 Prozent zusätzliche Arbeitsplätze in den wissensintensiven Dienstleistungen.
Ohne konkretes Ergebnis
Damit sei die Bedeutung dieser Sparte gewachsen. „Entsprechend brauchen wir eine wirtschaftspolitische Förderung und ein passendes Bildungs- und Beratungsangebot“, sagt Heyduck. Die Forderung der Arbeitnehmervertretung geht aber darüber hinaus: Nur über eine gute Bildungs- und Hochschulinfrastruktur, ein attraktives Wohnungsangebot und vielfältige Kultur- und Freizeitangebote könne Bremen attraktiver für Wissensarbeiter werden.
Bereits vor zwei Jahren hatte die Arbeitnehmerkammer vom Wirtschaftsressort neben dem schon bestehenden Masterplan Industrie einen Masterplan Dienstleistungen gefordert. Zwar sei das ein oder andere entsprechende Gespräch geführt worden – allerdings ohne konkretes Ergebnis.