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EU-Kommission legt Vorschlag für Strukturförderung vor Bremen hofft auf Brüsseler Millionen

Bremen. Über eine Viertelmilliarde Euro fließt aus Brüssel bis 2013 nach Bremen. Nun werden Pflöcke für die Zukunft eingeschlagen. Die EU-Kommission hat Anfang Oktober einen Vorschlag für die Zeit danach vorgelegt - sehr zur Freude von SPD und Grünen.
26.10.2011, 05:00 Uhr
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Von Rainer Kabbert

Bremen. Über eine Viertelmilliarde Euro fließt aus Brüsseler Töpfen von 2007 bis 2013 nach Bremen. Nun werden Pflöcke für die Zukunft eingeschlagen. Die EU-Kommission hat Anfang Oktober einen Vorschlag für die Zeit danach vorgelegt, der SPD und Grüne jubilieren lässt: Bürgermeister Jens Böhrnsen freut sich über Planungssicherheit bis 2020, der grüne Bürgerschaftsabgeordnete Hermann Kuhn denkt schon an neue Möglichkeiten, Programme zu fördern. Künftig sollen etwa auch Projekte im Bildungs- und Verkehrssektor auf der Liste stehen.

Der Vorschlag der Brüsseler Kommission setzt mit 376 Milliarden Euro einen gewaltigen Finanzrahmen für die Zeit von 2014 bis 2020. Wenn alles gut geht, wird er nach Verhandlungen im Europäischen Rat (nationale Regierungen) und europäischem Parlament Ende 2012 geltendes Recht. Bremen fällt in die Kategorie "Stärker entwickelte Regionen" und profitiert von einem 53,1-Milliarden-Euro-Topf. Der ist weitaus kleiner als der für "Weniger entwickelte Regionen" (162,6 Milliarden), aber größer als der für "Übergangsregionen" (38,9 Milliarden). Kriterium für die Einstufung ist, wie weit das nationale Volkseinkommen über oder unter der 90-Prozent-Grenze des durchschnittlichen Bruttosozialprodukts (pro Kopf) aller 27-EU-Staaten liegt.

Der grüne Finanzexperte Kuhn rät der Politik, diesen "ausgewogenen" Brüssler Vorschlag zu unterstützen, etwa im Bundesrat. Denn er enthält erstmals die Möglichkeit, für Bremen wichtige Bereiche zu fördern. So könnte die Hansestadt auch die Finanzquelle "Connecting Europe" für die Sektoren Verkehr, Energie sowie Informations- und Kommunikationstechnologien anzapfen. Kuhn stellt sich hier vor, etwa Investitionen in die Hinterlandanbindung des Jade-Weser-Ports zu fördern.

Wobei in diesem Fall aber auch der Bund im Spiel wäre, mit seinem Verkehrswegeplan, so weit es sich um Bundesstraßen oder Schienenwege handelt. Und hier müsste Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) mitspielen: Denn EU-Strukturförderung bedeutet Kofinanzierung, Brüssel legt einen Euro auf den drauf, den die Nationalstaaten in die Hand nehmen. Knausert Ramsauer bei den nationalen Verkehrsprojekten, wie es sich bei der Hinterlandanbindung für die Häfen und die so genannte Y-Trasse andeutet, fließt auch weniger Geld aus den EU-Kassen.

Impulse für den Ausbau neuer Energien

Vom Projekt "Connecting Europe" erhofft sich Kuhn - er ist Vertreter von Europa-Staatsrätin Eva Quante-Brandt (SPD) im europäischen "Ausschuss der Regionen", dem kommunalen Vertretungsorgan in Brüssel - auch Impulse für den Ausbau der erneuerbaren Energien, speziell der Expansion von Offshore-Anlagen in der Nordsee. Das könnte insbesondere Bremerhaven neue Chancen bieten, wo sich diverse Unternehmen mit Windenergiebezug angesiedelt haben.

Aber auch soziale Infrastruktur soll nach dem Willen der EU-Kommission mit den 376 Milliarden Euro gefördert werden. Der "Vorschlag für die Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates" für die regionale Entwicklung (aufgeschrieben von der EU-Kommission) enthält auch den Punkt "Kinderbetreuung und Bildung". Danach könnten Dienstleistungskapazitäten in Betreuungs- und Bildungseinrichtungen aufgestockt werden. Kuhn kann sich gut vorstellen, dass hier auch Inklusions-Projekte mit EU-Mitteln auf den Weg gebracht werden. Was in der Förderperiode 2007 bis 2013 nicht möglich war, gehört nach Vorstellungen der EU-Kommissare ab 2014 auf die Agenda der nationalen Regierungen.

Für die jetzt laufende Förderperiode bekommt Bremen rund 255 Millionen (siehe Grafik). Die Millionen werden gespeist aus den Töpfen Europäischer Fonds für regionale Entwicklung (EFRE), Europäischer Sozialfonds (ESF), Europäischer Fonds für ländliche Entwicklung (ELER) sowie dem Europäischen Fischereifonds (EFF). Ob es in der kommenden Zeitspanne genauso viel werden, ist noch unsicher. Bürgermeister Böhrnsen fordert denn auch, "in den bevorstehenden Verhandlungen zwischen EU-Kommission, Europäischem Parlament und Europäischem Rat die Weichen so zu stellen, dass auch die künftige Förderung für unsere Region ein angemessenes finanzielles Volumen umfasst".

Bis 2020 konkrete Ziele

Das aber ist auch abhängig von der Größe des EU-Haushalts - je mehr der geplante EU-Etat von den nationalen Regierungen zusammengestrichen wird, um so stärker wird auch die EU-Strukturförderung von 376 Milliarden Euro zusammenschmelzen. Hier sieht Kuhn eine Gefahr auch in Deutschland. Der Grüne befürchtet, "reiche" Bundesländer wie Baden-Württemberg, Hessen und Bayern könnten sich in die Front derer einreihen, die den EU-Haushalt eher deckeln als ausweiten wollen. Darunter könnten dann auch Böhrnsens Hoffnungen leiden, dass in Brüssel die "Prioritäten des Senats für Bremen und Bremerhaven berücksichtigt" werden.

Setzt sich die EU-Kommission mit ihrem Vorschlag durch, werden ab Ende 2012 in Partnerschaftsvereinbarungen mit den Mitgliedsstaaten die konkreten Verpflichtungen festgezurrt. Sie sollen sich an Zielen der EU-Strategie "Europa 2020" und nationalen Reformprogrammen orientieren. Das Kommissions-Papier "Europa 2020" beschreibt eine Strategie für intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum. Dabei werden bis zum Jahr 2020 konkrete Ziele in den Sektoren Innovation, Klimaschutz, Energie, Bildung und Arbeit angestrebt. Deren Ausgestaltung, meint Kuhn, sollte nicht allein Sache der Politik sein: "An der Gestaltung der Partnerschaftsabkommen müssten die gesellschaftlichen Gruppen beteiligt werden."

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