Die Einkaufsmeilen verzeichnen in diesen Wochen wieder weniger Besucher. Im Oktober zählte das Unternehmen Hystreet in der Obernstraße Rückgänge von rund 30 bis mehr als 40 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die Menschen agierten wieder vorsichtiger, sagt Julian Aengenvoort, Geschäftsführer von Hystreet. Sein Unternehmen erfasst die Passantenfrequenz in vielen Städten rund um die Uhr mit Laserscannern. Im Schnitt sank sie im Laufe des Oktobers bundesweit um ein Fünftel.
In Bremen spielen zudem Sondereffekte eine Rolle: Der Freimarkt als Frequenzbringer fehlte, genauso der Festumzug, der sonst Besucher in die Innenstadt zieht. Weil der Freipark nach kurzer Zeit schließen musste, gab es für den verkaufsoffenen Sonntag keinen Anlass mehr. Zwei Feiertage fielen auf einen Samstag. Unternehmen setzen zudem wieder verstärkt auf Homeoffice.
Die Zahlen der City-Initiative verdeutlichen, dass die Frequenz erst im Herbst wieder abgenommen hat. Im Sommer konnte zeitweise das Vorjahresniveau erreicht werden. „Da gab es schon Phasen, in denen sich die Besucherfrequenz sehr gut erholt hatte – je nach Lage“, sagt Geschäftsführerin Carolin Reuther. Im September kam weiterhin ein Großteil der Menschen, ab Mitte Oktober ging die Frequenz zurück auf zuletzt etwas mehr als 60 Prozent. Seit Anfang Oktober gilt Bremen aufgrund des hohen Inzidenzwerts als Risikogebiet. Wenig später ist eine Maskenpflicht unter anderem für die Fußgängerzonen eingeführt worden – auch in Vegesack.
Dort fallen Frequenz und Umsatz ebenfalls geringer aus, sagt der Geschäftsführer des Modehauses Leffers Werner Pohlmann. Kunden kämen nun sehr gezielt in den Laden. Weil die Restaurants nicht wie sonst geöffnet seien, leide die Aufenthaltsqualität. „Wir müssen nun alle mit der Krise umgehen und so gut wie möglich durchkommen“, sagt Pohlmann. Die Geschäftsleute versuchten alles, um den Kunden Sicherheit zu geben, setzten die Hygienekonzepte wegen der Pandemie gut um. Die Menschen hielten sich überwiegend an die Regeln.
Teil-Lockdown bringt Zurückhaltung zurück
Die Leiterinnen von Weserpark und Waterfront teilen diese Einschätzung. Die Lust zum Einkaufen und Bummeln sei den Sommer über zurückgekehrt, sagt die Managerin des Weserparks, Monika Mehrtens. An Abstand und Mund-Nasen-Schutz hätten sich die Besucher gewöhnt, die Vorschriften trügen zum Sicherheitsgefühl bei. „Die Maske gehört nun zum Alltag dazu“, sagt Mehrtens.
Mit dem Teil-Lockdown sei die Zurückhaltung wieder da. Es werde erneut hinterfragt, welche Einkäufe wirklich nötig seien. Für den Textilhandel sei ein Problem, dass Kaufanlässe wie Hochzeiten oder Geburtstage fehlten. Von gezielteren Einkäufen spricht auch Kirsten Jackenkroll, Managerin der Waterfront. Die Frequenz sei erneut zurückgegangen, nachdem es vorher einen positiven Anstieg bei den Besuchern gegeben habe. Nun sei Optimismus wichtig, sagt Jackenkroll, und Verständnis füreinander in dieser außergewöhnlichen Zeit.
Aus Sicht von Karsten Nowak, Einzelhandelsexperte der Handelskammer Bremen, belastet die Geschäfte, dass Restaurants und Veranstaltungen die Menschen nicht in die Innenstadt ziehen. Außerdem gebe es den Appell der Politik, besser zu Hause zu bleiben. „Das ist eine ganz schwierige Situation für den stationären Handel“, sagt Nowak. Nach Erwartung des Handelsverbands Deutschland steige der Umsatz des Weihnachtsgeschäfts – getrieben vom Onlinehandel. Darum könne man „vorsichtig optimistisch“ sein, dass es einen Nachholeffekt für die Geschäfte gebe und viele Geschenke gekauft werden. Gerade Juweliere, Parfümerien, Spielwaren- und Buchläden machten zu Weihnachten einen großen Anteil des Gesamtumsatzes.
Angesichts der Belastungen fordert der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Nordwest, Jan König, weitere Hilfen auch für Geschäftsleute. Denn faktisch erlebten diese mittelbar eine Art Lockdown. In Oldenburg seien ebenfalls weniger Besucher unterwegs. Händler überlegten teils, ob sie überhaupt aufmachen sollen, weil es sich nicht rechne. „Eine gewisse Kompensation ist notwendig. Viele Geschäfte werden das sonst nicht überleben“, sagt König.
In der Wirtschaftsministerkonferenz am Donnerstag gab es nach Angaben des Bremer Wirtschaftsressorts eine Forderung an den Bund: Die „Novemberhilfen“ sollten auch von Betrieben beantragt werden können, bei denen eine gewisse Abhängigkeit von geschlossenen Unternehmen abgeleitet werden könne. Der Umsatzrückgang gegenüber dem Vorjahr solle dafür mindestens 70 Prozent betragen.