Bremen Stadtteile Osterholz Verden Diepholz Delmenhorst Wesermarsch Oldenburg Rotenburg Cuxhaven Bremerhaven Niedersachsen

Patrick Kingsbury leitet das Ariane-Programm Bremens Rocket Man

Patrick Kingsbury ist neuer Leiter des Ariane-Programms. Er will die europäische Rakete günstiger machen. Eine Aufgabe, die gar nicht so einfach ist.
20.06.2019, 05:52 Uhr
Jetzt kommentieren!
Zur Merkliste
Bremens Rocket Man
Von Stefan Lakeband

Patrick Kingsbury sieht seinen neuen Job pragmatisch: „Jedes Projekt hat einen Anfang und ein Ende.“ Das sei auch jetzt nicht anders. 2022 ist es vorbei. Dann soll die Ariane-5-Rakete von ihrer Nachfolgerin abgelöst werden.

Drei Jahre, bis die Erfolgsgeschichte der europäischen Trägerrakete endet. Bis dahin gibt es noch viel zu tun für Kingsbury. Seit Oktober ist er der neuer Leiter des Ariane-Programms bei der Ariane Group in Bremen – und damit verantwortlich für die Rakete und jeden einzelnen Start.

Dass sich der nahende Abschied nicht wie einer anfühlt, hat vor allem mit den Auftragsbüchern zu tun. Noch stehen für das „Arbeitspferd“, wie Kingsbury die Ariane 5 nennt, etliche Starts an. Vierzehnmal muss sich die Rakete noch beweisen. Vierzehnmal kann etwas schief gehen.

Lesen Sie auch

Kingsbury kennt sie gut, diese Anspannung, er spürt sie bei jedem Start. Denn auch wenn die Ariane-Rakete ihre Zuverlässigkeit mehr als hundertmal bewiesen hat, fühlt sich jeder Countdown wie der erste an, jedes Mal hebt eine komplett neue Rakete ab. „Es ist nun mal kein Linienflug“, sagt Kingsbury.

Drei Starts hat der Manager schon miterlebt, in der Nacht zu Freitag steht der nächste an. Dann soll eine Ariane 5 einen Fernseh- und einen Telekommunikationssatelliten ins All befördern. Kingsbury wird dieses Mal nicht dabei sein, nicht im Kontrollzentrum in Französisch-Guayana stehen und den Start überwachen. Er schaut sich das Spektakel von Paris aus an.

Hier, in Les Mureaux, etwas außerhalb der französischen Hauptstadt, gibt es ebenfalls ein Kontrollzentrum, von dem aus Ingenieure und Techniker den Start im 7000 Kilometer entfernten Kourou verfolgen können. „Ich muss nicht bei jedem Start in Französisch-Guayana sein“, sagt Kingsbury. Damit bricht er mit einer Tradition seines Vorgängers. Als Sören Scholz Leiter des Ariane-Programms war, ist er jedes Mal nach Kourou geflogen, um dort die letzten Tage vor dem Start zu verbringen.

Lesen Sie auch

Dass Kingsbury nun einen anderen Weg geht, hat ganz profane Gründe. Je weniger Leute aus Europa über den Atlantik nach Südamerika fliegen, desto mehr lässt sich sparen. Der 53-Jährige hat die Ariane in einer Zeit übernommen, in der in viel passiert: „Die Raumfahrt ist im Umbruch“, sagt Kingsbury. Man kann es auch anders formulieren: Die Ariane steht unter Druck.

Allem voran Unternehmen wie SpaceX und Blue Origin setzen der deutsch-französischen Gemeinschaftsfirma zu. Denn lange war das Geschäft mit Raketenstarts staatlich geprägt. Inzwischen haben sich private Firmen einen beachtlichen Marktanteil erkämpft – dank niedriger Preise. Hier will und muss die Ariane Group mitziehen. Nicht nur die Ariane 6 soll deutlich günstiger sein, auch bei der aktuellen Raketengeneration wird der Preis gesenkt.

Geringere Reisekosten sind da nur ein Weg. Auch wird die Ariane 5 immer noch optimiert, obwohl sie schon mehr als 20 Jahre am Markt ist. Beim Start in der Nacht zu Freitag wird etwa ein größerer Tank zum Einsatz kommen, der es möglich macht, 300 Kilogramm mehr Nutzlast ins All zu bringen.

Neue Ideen müssen her

Kingsbury geht es darum, nicht nur den aktuellen Stand zu verwalten und zu warten, bis die Ariane 5 abgelöst wird. „Man muss immer dran bleiben“, sagt Kingsbury. Neue Ideen müssten her. Hilfreich sei dabei die aktuelle Übergangsphase zur Ariane 6. In der neuen Rakete stecke nicht nur viel von der Ariane 5, es sei auch umgekehrt: Verbesserungen für die Ariane 6 würden schon jetzt in der aktuellen Generation umgesetzt.

Lesen Sie auch

Der neue Leiter ist ein erfahrener Manager: Seit 31 Jahren arbeitet er für den Airbus-Konzern, er hatte viele verschiedene Managementpositionen inne. Dass die ihn an ganz unterschiedliche Orte geführt haben, sieht man auch an seinem Büro. Vielmehr: Man sieht nichts. In seinem Regal neben der Tür stehen zwei Raketenmodelle und eine Motivtasse – sonst nichts. „Voller wird es auch nicht“, sagt Kingsbury. Zu viele Umzüge hätten ihn gelehrt, dass Andenken vom Hin-und-her-Räumen allzu leicht kaputt gehen können.

Zuletzt war der Ingenieur Geschäftsführer von Airbus Defence and Space (DS) in Katar, hat sich dort um Systeme zur Grenzüberwachung gekümmert. Dieser Bereich von Airbus DS ist nicht unumstritten. Gerade Rüstungsgeschäfte mit Ländern im Nahen Osten werden immer wieder kritisiert. Kingsbury kennt dieses Spannungsfeld. Bei jedem neuen Projekt hat er vorher genau geprüft, was zu seine Aufgaben zählen wird. „Ich war in der ganzen Welt unterwegs“, sagt er. „Es gibt überall Licht und Schatten.“

Tolle Zeit für die Raumfahrttechnik

Dass er nun bei der Ariane Group ist, sieht Kingsbury als „gute Fortführung einer Reise“. Die hat ihn bislang noch nie zu Trägerraketen geführt, dennoch fühlt sich der Manager gar nicht so fremd. Die Materie sei vielleicht neu, aber im Ökosystem kenne er sich aus. Denn ähnlich wie in der Rüstungsbranche kommen auch im Raketenmarkt viele Aufträge aus dem öffentlichen Bereich.

„Mit jeder neuen Aufgabe lerne ich etwas“, sagt er. Und gerade jetzt sei eine tolle Zeit, Teil der Raumfahrt zu sein. Er könne sie gestalten und sei gespannt, wie sie sich in den nächsten drei Jahren entwickeln werde. „Besser“, sagt Kingsbury, „kann man es gar nicht haben.“

Zur Startseite
Mehr zum Thema

Das könnte Sie auch interessieren

Rätsel

Jetzt kostenlos spielen!
Lesermeinungen (bitte beachten Sie unsere Community-Regeln)