Bremen ist eine der bedeutenden Logistikdrehscheiben für Waren aus Deutschland, die für die ganze Welt bestimmt sind. Aber es werden im Nordwesten auch Güter hergestellt, die verstärkt in den Export gehen. Und trotz der aktuellen Lage des Welthandels, trotz zunehmender protektionistischer Tendenzen und möglicher Strafzölle ist die Stimmung in der häufig exportgeprägten bremischen Wirtschaft ausgesprochen positiv. Das geht aus der aktuellen Konjunkturumfrage der Handelskammer Bremen hervor.
Danach sind die Exporterwartungen in der bremischen Wirtschaft im Vergleich zur Konjunkturumfrage im Januar abermals gestiegen – ungeachtet der aktuellen handelspolitischen Spannungen und
der weiterhin bestehenden außenwirtschaftlichen Unsicherheiten. Auch die Tatsache, dass gerade von den USA protektionistische Maßnahmen angekündigt werden, ändert daran nichts. Immerhin sind die Vereinigten Staaten das zweitwichtigste Zielland Bremer Ausfuhren.
Risiken werden nicht so stark gewichtet
Insbesondere die Bremer Industrie ist der Umfrage zufolge überzeugt davon, dass vor allem der Export in den kommenden Monaten für steigende Umsätze sorgen wird. "Diese positiven Erwartungen sind auch für uns ein wenig überraschend gewesen, aber der Glaube an eine stabile Weltwirtschaft insgesamt überwiegt in diesem Fall offenbar", sagt Matthias Fonger, Hauptgeschäftsführer der Handelskammer. Risiken im Zusammenhang mit einem möglichen transatlantischen Handelskonflikt würden im Gegensatz dazu von den Firmen nicht so stark gewichtet.
Diese Erwartung findet sich auch in der Verkehrswirtschaft wieder: Zwar werden dort die außenwirtschaftlichen Rahmenbedingungen als Risiko genannt, aber dennoch geht die Branche in den nächsten zwölf Monaten von zunehmenden Beförderungsmengen aus. "Das liegt sicherlich auch daran, dass die Unternehmen in der Regel sehr diversifiziert aufgestellt sind", so Fonger. Und wichtigste Außenhandelspartner Bremens sind die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union, dann die USA und schließlich China auf Platz drei.
Dass die Stimmung bei den Unternehmen im Groß- und Außenhandel im Vergleich zur den sehr guten Werten des Vorquartals deutlich abgenommen habe, sei vermutlich auf eine etwas geringere als erwartete Binnennachfrage zurückzuführen, so Friso Schütte, Referent für den Geschäftsbereich Standortpolitik. Allerdings bewegten sich die Erwartungen insgesamt weiterhin auf einem hohen Niveau.
Geschäftsklima auf einem sehr hohen Niveau
Das spiegelt sich auch branchenübergreifend wider: Alles in allem bleibt das Geschäftsklima in der bremischen Wirtschaft auf einem sehr hohen Niveau – so das Ergebnis der Konjunkturumfrage, bei der die Handelskammer im Frühjahr bei insgesamt 430 Betrieben aus produzierendem Gewerbe, Handel und Dienstleistungen nachfragte. Danach schätzen 41 Prozent der Unternehmen ihre gegenwärtige Situation als „gut“ ein, 48 Prozent zeigen sich zufrieden. Nur elf Prozent der Firmen bezeichnen die Geschäftslage als „schlecht“.
Außerordentlich gut läuft das Geschäft derzeit im Baugewerbe. Neben der Industrie vermeldet auch der Dienstleistungsbereich (ohne Handel, Verkehrs-, Gast- und Kreditgewerbe) nach wie vor eine überdurchschnittliche Auslastung. Im Einzelhandel und im Gastgewerbe liegen die Bewertungen nur vergleichsweise knapp im positiven Bereich. Zurückgegangen sind die Geschäftserwartungen dagegen nicht nur im Groß- und Außenhandel, sondern vor allem im Kreditgewerbe.
In Bremerhaven habe die Stimmung branchenübergreifend im Vergleich zum Jahreswechsel wieder leicht nachgelassen, heißt es im Bericht. Die Geschäftsprognosen bleiben danach nur sehr leicht im positiven Bereich, so dass insgesamt mit einer in etwa gleichbleibenden Geschäftsentwicklung gerechnet wird. Dazu habe sicher die Lage der Offshore-Branche beigetragen, so Fonger. Dennoch gebe es kein Grund zur Sorge. Die Seestadt sei mit den Seehäfen sehr gut aufgestellt, hinzu komme das boomende Kreuzfahrtgeschäft. Und unabhängig von der aktuellen Umfrage habe die Seestadt langfristig viel Entwicklungspotenzial – wenn das Gewerbegebiet Luneplate erschlossen sei und es vielleicht irgendwann einmal eine Küstenautobahn gebe.
Fachkräftemangel bleibt größtes Risiko
Als größtes Risiko für ihr Geschäft sehen die Firmen laut Umfrage mittlerweile an beiden bremischen Standorten den Fachkräftemangel. "Dem müssen wir gemeinsam entgegenwirken, Politik und Wirtschaft, da dürfen wir nicht nachlassen", so Fonger. Es müssten weiterhin geeignete Maßnahmen getroffen werden, um etwa Langzeitarbeitslose für den Arbeitsmarkt zu qualifizieren, und Unternehmen, die noch nicht ausbilden, müssten nachziehen – "vorausgesetzt, sie finden auch geeignete Bewerber."