Das ist der Cocktail der Krise in der Wohnungs- und Bauwirtschaft: steigende Zinsen, hohe Energiekosten, Fachkräftemangel, Lieferschwierigkeiten und der Zustrom von Flüchtlingen vor allem aus der Ukraine. Das bringt den Markt enorm unter Druck. Eine Folge ist, dass die Angebotsmieten jedes Jahr einen Sprung nach oben machen. In der Stadt Bremen werden mittlerweile durchschnittlich knapp zehn Euro für den Quadratmeter verlangt. Vor fünf Jahren waren es acht Euro. Das geht aus neuen Zahlen des Berliner Marktforschungsinstituts Empirica hervor.
Als Segment hat sich Empirica, das nach eigenen Angaben über die größte Sammlung von Immobilieninseraten für Deutschland verfügt, eine Wohnung mit 60 bis 80 Quadratmetern und gehobener Ausstattung ausgesucht. Veröffentlicht wurden die Daten der acht größten Städte im Bundesgebiet für das zweite Quartal dieses Jahres. Absoluter Ausreißer ist demnach München mit einem Quadratmeterpreis von 18,94 Euro bei neu vermieteten Wohnungen aller Baujahre. Gefolgt von Frankfurt am Main (14,56 Euro), Stuttgart (14,02 Euro), Berlin (13,23 Euro), Köln (13,01 Euro), Hamburg (12,25 Euro) Düsseldorf (11,98 Euro) und Leipzig (8,51 Euro). Den stärksten Zuwachs gegenüber dem Vorjahresquartal verzeichnet Berlin mit rund 20 Prozent. Zum Vergleich: Die Bremer Angebotsmieten sind innerhalb von fünf Jahren um 25 Prozent gestiegen, wobei vor allem die vergangenen zwölf Monate zu Buche schlagen.
Es fehlen neue Wohnungen
Als Hauptgrund für die Mietexplosion gilt die Kluft zwischen Angebot und Nachfrage. Es kommen nicht genügend Wohnungen hinzu, der Neubau ist wegen der widrigen Begleitumstände massiv ins Stocken geraten. Was einmal angefangen wurde, wird zu Ende gebaut – in Bremen zum Beispiel das Tabakquartier in Woltmershausen und der Ellener Hof in Osterholz. Neue Projekte wie das Bundeswehrhochhaus in der Bahnhofsvorstadt oder die Bebauung des ehemaligen Bundesbankgeländes an der Kohlhökerstraße im Ostertor haben es dagegen schwer und werden sich mindestens verzögern.
Der Trend setzt sich fort, wie aus einer Mitteilung des Statistischen Bundesamtes hervorgeht. Demnach ist die bundesweite Zahl der Baugenehmigungen für Wohnungen im Mai gegenüber dem Vorjahresmonat um 25,9 Prozent gesunken. Ähnlich war es bereits im März und April. „Zum Rückgang der Bauvorhaben dürften weiterhin vor allem steigende Baukosten und zunehmend schlechtere Finanzierungsbedingungen beigetragen haben“, schreibt die Behörde. Noch deutlicher schlägt die Zurückhaltung bei Ein- und Zweifamilienhäusern zu Buche. Dort lag das Minus zwischen Januar und Mai in Relation zum gleichen Zeitraum des Vorjahres im ersten Fall bei 35,1 Prozent, im zweiten bei 53,5 Prozent.
Berücksichtigt werden muss außerdem, dass eine Baugenehmigung nicht zwangsläufig bedeutet, dass die Bagger auf jeden Fall rollen. Vonovia, das größte deutsche Wohnungsunternehmen mit 11.000 Einheiten allein in Bremen, hat angekündigt, in diesem und möglicherweise auch im kommenden Jahr keine neuen Projekte zu beginnen: „Wir lassen unsere Baugenehmigungen in der Schublade“, erklärt Vonovia-Chef Rolf Buch. In Bremen ist davon unter anderem ein Vorhaben in Sebaldsbrück mit 88 geplanten Wohnungen betroffen.
„Statt neu zu bauen, wird nach meinem Eindruck stärker in den Bestand investiert“, sagt Olaf Jochberg, der in Bremen den Immobilienverband Deutschland vertritt. Der Makler und Sachverständige für die Bewertung von bebauten und unbebauten Grundstücken erkennt für Bremen nach seinen Worten bislang keinen unverhältnismäßigen Druck auf dem Wohnungsmarkt: „Die deutlichen Mietsteigerungen betreffen insbesondere Neuvermietungen, und das sind nicht so viele.“
Nicht unbedingt in Lagen wie dem Ostertor oder in Schwachhausen, wohl aber weiter außerhalb in der Stadt gäbe es aber auch bei den Neuvermietungen noch ein auskömmliches Angebot mit Quadratmeterpreisen zwischen sieben und neun Euro: „Das ist für eine Stadt dieser Kategorie nicht selbstverständlich“, so der Makler. Mittelfristig werde es aber immer schwieriger, einigermaßen günstig zu mieten. „Der Staat muss es sich deshalb wieder viel stärker zur Aufgabe machen, für bezahlbaren Wohnraum zu sorgen“, fordert Jochberg.
Bremen tut in dieser Hinsicht bereits einiges. Im September vergangenen Jahres wurde das Wohnraumförderprogramm um weitere 50 Millionen Euro aufgestockt und liegt nach Darstellung des Senats jetzt bei 250 Millionen Euro.