Der Bremer Satellitenbauer OHB sieht für die Raumfahrt trotz der Erschütterungen durch den Ukraine-Krieg eine gute Zukunft. Es gebe keinen Anlass, Abstriche an den Wachstumszielen für die nächsten Jahre zu machen, sagte OHB-Chef Marco Fuchs bei der Vorstellung der Geschäftsbilanz für 2021. "Wir wollen weiter an der positiven Entwicklung der Raumfahrt teilhaben", so Fuchs.
Die "bestürzenden Ereignisse" in der Ukraine und deren Folgen bedeuteten allerdings einen "großen Wandel" für die Raumfahrtindustrie, räumte der OHB-Chef ein. Die über viele Jahre verlässliche Zusammenarbeit mit Russland sei durch die Sanktionen wegen des Einmarsches in die Ukraine beendet worden. Betroffen ist unter anderem die geplante Marsmission "Exomars", für die OHB wichtige Teile zugeliefert hat. Die Europäische Weltraumbehörde Esa hat den für September geplanten Start abgesagt.
Auch der Ausfall der russischen Sojus-Raketen für den Start europäischer Satelliten sei eine "schwere Beeinträchtigung", räumte Fuchs ein. Für OHBs "Galileo"-Satelliten, von denen die nächsten beiden im April starten sollten, gebe es noch keine Lösung. Aber das europäische Navigationssystem funktioniere auch mit den 28 bereits gestarteten Satelliten. "Insofern sehe ich da keine große Dringlichkeit", sagte Fuchs.
Der Krieg in der Ukraine habe gezeigt, wie wichtig die Überwachung der Erde aus dem Weltraum sei. Das gelte nicht nur für die Klimaforschung und andere zivile Nutzungen, sondern auch für die militärische Aufklärung. "Wir sind darauf angewiesen, uns ein unabhängiges Lagebild machen zu können", betonte Sabine von der Recke, Vorstandsmitglied bei OHB Systems. Die "strategische Autonomie" Europas sei auf diesem Gebiet noch nicht ausreichend.
Bei OHB geht man deshalb davon aus, von dem 100-Milliarden-Euro-Sonderprogramm für die Bundeswehr und einem erhöhten Verteidigungsetat zu profitieren. "Wir sind in diesem Bereich ein prädestinierter Partner und deshalb zuversichtlich, dort eine Rolle zu spielen", so von der Recke. Bislang machen Aufklärungssatelliten und andere Militärtechnik nur einen kleinen Anteil an der OHB-Produktion aus, im "unteren einstelligen Prozentbereich", heißt es. "Aber das könnte sich ändern", stellte OHB-Finanzchef Kurt Melching in Aussicht.
Das vergangene Jahr 2021 sei wegen der fortdauernden Corona-Pandemie und den Verzögerungen in der Lieferkette ein "schwieriges Jahr" gewesen, sagte OHB-Chef Fuchs. Dennoch sei das Ergebnis zufriedenstellend. "Wir sind froh, dass wir das Leistungsniveau halten konnten", so Fuchs. Der Umsatz blieb mit 917 Millionen Euro knapp unter der angepeilten Milliardengrenze. Der Gewinn vor Abzug der Steuern (Ebit) übertraf dagegen mit 47 Millionen Euro leicht die Erwartungen.
Besonders erfreut zeigte sich Fuchs von den Ergebnissen im neuen Geschäftsbereich Digital. In diesem Segment fasst OHB seine sogenannten Downstream-Aktivitäten zusammen, also die Auswertung und Aufbereitung von Satellitendaten für verschiedene Nutzer und Kunden. Bei einem Umsatz von 101 Millionen Euro erzielte Digital einen Gewinn von 14 Millionen Euro, eine "erstaunlich gute Marge", befand Fuchs. "Das Segment entwickelt sich erfolgreicher als wir dachten."
Sorgen bereitete OHB zuletzt das Segment Aerospace, das vor allem Raketenteile für das Ariane-Programm baut. Nach einem Verlust im vergangenen Jahr und einem Personalabbau schreibt das Segment aber wieder schwarze Zahlen.