Das El Dorado beginnt im Low Earth Orbit. Die erdnahen Umlaufbahnen, auf denen die meisten Satelliten durchs All kreisen, und das große, schwarze Nichts darüber werden in den kommenden Jahren zum Tummelplatz der Goldschürfer. Davon jedenfalls ist man beim Bremer Weltraumunternehmen OHB überzeugt. Wobei das Gold natürlich nicht in Form von Nuggets durchs All schwebt, sondern aus Daten besteht. Aber auch damit lassen sich glänzende Geschäfte machen, glaubt man bei OHB.
"Die Raumfahrt ist eine boomende Industrie", sagt OHB-Chef Marco Fuchs. "Wir stehen vor einem weiteren Jahrzehnt des starken Wachstums." Wurden in der Dekade von 2010 bis 2019 immerhin schon 2663 Satelliten ins All geschossen, sollen es im laufenden Jahrzehnt fünfmal so viele sein: mehr als 12.500. Sie sollen die Erde genauer beobachten denn je: Waldschäden erkennen, Überflutungen vermessen und leckgeschlagene Pipelines entdecken. Sie sollen die günstigsten Transportrouten ermitteln und bei der Bewässerung der Felder helfen. Sie sollen die Wettervorhersagen verfeinern und das schnelle Internet in jeden Winkel der Erde tragen. "Die Zukunft des Planeten wird aus dem All unterstützt", glaubt Fuchs.
Was OHB beim Kapitalmarkttag verkündet
Am Dienstag erklärten der OHB-Chef und seine Vorstandskollegen beim jährlichen Capital Market Day den Investoren und Analysten, welche Chancen sich daraus für ihr Unternehmen ergeben. Kratzte das Unternehmen bei den jährlichen Erlösen in den vergangenen Jahren an der Eine-Milliarde-Euro-Marke, mit einem coronabedingten Dämpfer 2020, soll es ab diesem Jahr stetig bergauf gehen: bis auf gut 1,5 Milliarden Euro Umsatz im Jahr 2025.
Zumindest gegenüber den Investoren gibt sich das Unternehmen sehr zuversichtlich, dass die steile Wachstumskurve nicht im luftleeren Raum enden wird. "Wir haben ein sehr gut gefülltes Auftragsbuch", versichert OHB-Vorstandsmitglied Lutz Bertling. 80 Satelliten hat das Unternehmen bis jetzt ins All befördern lassen - zurzeit sind allein 37 weitere im Bau. Der Rückschlag bei der zweiten Generation der "Galileo"-Navigationssatelliten, die nicht an OHB vergeben wurde, ist den Verantwortlichen kaum noch eine Erwähnung wert: "Wir haben genug Projekte in der Pipeline, um das zu kompensieren", versichert Bertling.
Zum Beispiel "Spacelink": In den kommenden Tagen soll der Vertrag zum Bau von vier Relaissatelliten unterzeichnet werden, die andere Satelliten überall und jederzeit mit der Erde verbinden sollen. Auch das "Megathema" Klimawandel sorgt für jede Menge Arbeit, die künftig aus dem All erledigt werden soll: OHB ist Vertragspartner für die europäische CO2M-Mission, mit der Kohlendioxid-Emissionen per Satellit gemessen werden sollen.
Doch nicht nur die Hardware – also Satelliten – will OHB für den Goldrausch im All bereitstellen. Mit dem Geschäftsbereich Digital wollen die Bremer auch direkt ran an die Nuggets: die Daten aus dem All. Stadtplaner, Straßenbauer, Logistikunternehmen, Ölfirmen, Banken und Versicherungen – die Liste der Kunden ist lang. "Und wir stehen erst ganz am Anfang", versichert OHB-Vorstand Bertling. "Das Beste liegt noch vor uns."