Gründer sind mit Bremen als Standort für ihr Start-up zufriedener als noch vor einem Jahr. Fast 60 Prozent bewerten das Ökosystem für Unternehmensgründer in der Hansestadt als sehr gut oder gut. Im Vorjahr waren es 43 Prozent. Das geht aus einer aktuellen Studie hervor, die dem WESER-KURIER exklusiv vorab vorliegt. Bei der Finanzierung sehen sie allerdings noch Nachholbedarf im deutschlandweiten Vergleich.
2000 deutsche Jungunternehmen wurden für den „Deutschen Startup Monitor“ befragt, der jährlich vom Bundesverband Deutsche Startups und der Unternehmensberatung PwC erstellt wird. Aus Bremen und Bremerhaven haben in diesem Jahr 61 Unternehmen an der Untersuchung teilgenommen. Sie loben besonders, dass es in Bremen leicht ist, Kontakte zu knüpfen: 79 Prozent sehen in der Nähe zur Universität eine Stärke des Start-up-Ökosystems. 78 Prozent schätzen das Netzwerk zu anderen Gründern. Auch ganz pragmatische Gründe sprechen aus Unternehmersicht für Bremen: 57 Prozent sehen in der Verfügbarkeit von bezahlbaren Büroimmobilien einen Vorteil für die Hansestadt.
„In den vergangenen Jahren hat sich in Bremen eine sehr aktive Start-up-Landschaft entwickelt, in der viele junge Unternehmen aus den unterschiedlichsten Bereichen – vom Lebensmittelsektor über Künstliche Intelligenz bis zur Raumfahrtbranche – gute Voraussetzungen für ihre Entwicklung finden“, sagt Thomas Ull, Standortleiter von PwC in Bremen, zu den Studienergebnissen. Wie andere Bereiche der Wirtschaft, wurden aber auch die Bremer Start-ups von der Corona-Pandemie getroffen. Drei Viertel der Befragten sagen, dass ihr Geschäft durch die Folgen des Virus beeinträchtigt wurde. Vor allem ausgefallene Veranstaltungen, verminderter Umsatz, verzögerte Aufträge und die Unterbrechung von Lieferketten machten den Bremer Start-ups zu schaffen.
Als Reaktion geben ein Drittel an, geplante Investitionen verschoben zu haben, fast die Hälfte hat sich in der Corona-Zeit auf die Produktentwicklung fokussiert. Trotz der Beeinträchtigungen haben sechs von zehn Bremer Start-ups keine staatliche Unterstützung wie Soforthilfen, Kurzarbeitergeld oder die Stundung von Beiträgen zur Sozialversicherung in Anspruch genommen. Bundesweit zeigen sich andere Zahlen: Hier hat mehr als die Hälfte staatliche Hilfe genutzt.
Unternehmen verschieben Investitionen
Gründer sehen den Standort Bremen aber auch kritisch – vor allem in finanziellen Fragen. Zwei Drittel bewerten den Zugang zu Kapital und Investoren in Bremen als sehr schlecht (bundesweit: 38 Prozent). Gleichzeitig geben nur vier Prozent der Start-ups in der Hansestadt an, Geld von Wagniskapital-Gebern bekommen zu haben. Bundesweit haben so 19 Prozent finanzielle Mittel eingesammelt. Auch bei den sogenannten Business Angels, also Leuten, die sich finanziell an Firmen beteiligen und ihnen zusätzlich mit Know-how weiterhelfen, hinkt Bremen hinterher. Hier erhalten 18 Prozent der Firmen Geld aus dieser Quelle, bundesweit sind es 32 Prozent. „Die Finanzierung ist aktuell der größte Schmerz für die hiesige Start-up-Szene. Um hier für Linderung zu sorgen, braucht es einerseits mehr Angebote von privaten Risikokapitalgebern, aber auch den Mut und das Engagement der Gründer, alternative Quellen aufzutun und aktiv Gelder einzuwerben“, sagt Christoph Haß, der die PwC-Start-up-Initiative NextLevel für die Region Nord leitet.
Vor ähnlichen Probleme stehen auch die Gründer in Niedersachsen. Rund zwei Drittel der befragten Start-ups wünschen sich bessere Finanzierungsmöglichkeiten durch Wagniskapital oder Business Angels. Nachholbedarf in diesem Bereich sieht auch Stephanie Birkner. Die Professorin für Female Entrepreneurship an der Universität Oldenburg fordert, „wirksame Strukturen in der Finanzierungs- und Förderlandschaft zu schaffen“. Trotz dieser Defizite ist auch in Niedersachsen die Start-up-Szene zuletzt gewachsen. Von den 106 Neugründungen kam fast jedes dritte Start-up aus der Region Hannover, gefolgt von den Hochschulstandorten Osnabrück und Braunschweig (je neun) sowie Göttingen (sieben).
Niedersachsens Wirtschaftsminister Bernd Althusmann (CDU) wertet das als positives Zeichen. „Denn Start-ups sind kein kurzfristiger Hype, sondern langfristige Zukunftssicherung“, sagt er. Daher solle das Bundesland so attraktiv wie möglich für Start-ups werden. „Wir wollen eine neue Gründerzeit ermöglichen.“
Was sowohl in Niedersachsen als auch in Bremen auffällt: Überdurchschnittlich viele Start-ups beschäftigen sich mit der sogenannten Green Economy, haben also Nachhaltigkeit zum Kern ihres Geschäfts gemacht. Im Bundesschnitt sagen 43 Prozent der Start-ups, dass sich ihr Geschäft der der Green Economy zuordnen lässt, weil es einen Beitrag zum Umwelt-, Klima- und Ressourcenschutz leistet. In Niedersachsen liegt dieser Wert bei 50, in Bremen bei 52 Prozent. Vor allem in der Bildung, in der Ernährung und der Mobilität agieren viele Start-ups aus dem Norden nachhaltig.
Mehr Gründerinnen in Bremen
Fast ein Drittel der Bremer Start-ups wurden von Frauen gegründet. Das zeigt die Studie Startup Monitor. Insgesamt 29 Prozent der jungen Firmen haben demnach eine Gründerin, vergangenes Jahr waren es 17 Prozent. Bremen liegt damit deutlich über dem Bundesdurchschnitt von 16 Prozent. Niedersachsen kommt auf 20 Prozent.