Der Bananenumschlag in Bremerhaven hat eine lange Tradition: Zu den Pionieren dieses Geschäftes gehört zweifelsohne der ehemalige US-Bananen-Exporteur Chiquita. Nun hat jedoch der weltweit tätige Nahrungsmittelkonzern Chiquita, der im Jahr 2015 von dem brasilianischen Safthersteller Cutrale-Safra übernommen wurde, zum Jahresanfang seine gesamte Logistikkette umgestellt: Verlierer ist dabei unter anderem auch Bremerhaven.
In den vergangenen Jahren wurde die Logistikkette über das Unternehmen Heuer Port Logistics GmbH an der Columbuskaje schon mehrfach umgestellt. So laufen schon seit Anfang 2016 keine weißen Kühlfrachter der Chiquita-Reedereitochter Great White Fleet aus Zentralamerika kommend die Unterweser mehr an. Der letzte konventionelle Bananenfrachter von Chiquita war die 1992 in Dänemark erbaute „Chiquita Belgie“, die Anfang 2016 in Bremerhaven zuletzt gelöscht wurde. Danach kamen bis Ende 2017 die noch grünen Chiquita-Südfrüchte nur noch im Kühlcontainer in Bremerhaven an – etwa 80.000 Tonnen jährlich. Transportiert wurden die Boxen von Containerschiffen der Reederei MSC. Verteilt wurden die Bananen vom Reifezentrum im Überseehafen aus innerhalb des deutschsprachigen Marktes, nach Skandinavien und nach Osteuropa.
Ziel der Neuordnung
Den Transportvertrag mit der Containerreederei MSC hat Chiquita gekündigt. Die gesamte Ladung für Nordeuropa wird nun im niederländischen Vlissingen an der Schelde-Mündung umgeschlagen und dorthin mit den herkömmlichen Kühlschiffen angeliefert. Schon im vergangenen Jahr wurden in Vlissingen etwa 400.000 Tonnen Bananen für Chiquita über den Hafenlogistiker Kloosterboer umgeschlagen, künftig rechnet man dort mit bis zu 720.000 Tonnen. Seit Jahresanfang laufen die weißen Kühlschiffe der Great White Fleet statt bisher einmal nun zweimal wöchentlich die Scheldestadt an. Um diese Frequenz zu erreichen, wurden die Kühlschiffe aus dem bisherigen Mittelmeerdienst von Chiquita abgezogen. Ziel dieser Neuordnung: Der Konzern hofft auf Kostenvorteile durch den kompletten Transport mit eigenen konventionellen Kühlschiffen.
Auch der bisherige zweite europäische Importhafen im südenglischen Sheerness wird von Chiquita nun nicht mehr direkt angesteuert. Die Ladung für Großbritannien soll künftig nach einer Umladung in Vlissingen mit Feeder-Schiffen bedient werden. Auch die Bananen-Ladungen für Skandinavien und den Ostseeraum werden nun mit Container-Feederschiffen von Unifeeder von Vlissingen nach Norwegen, Dänemark und Finnland transportiert.
Ähnlich verhält es sich nun auch für den Markt in Südeuropa, der bislang direkt mit Kühlschiffen aus Südamerika beliefert wurde. Da die Kühlschiffe der Great White Fleet für den neuen direkten Dienst von Süd- beziehungsweise Mittelamerika in die Niederlande abgezogen wurden, werden die Märkte dort nun auch über Kühlcontainer bedient, die zuvor in Vlissingen umgeschlagen werden.
Bedauerlich für den Standort
Matthias Hasselder, Geschäftsführer für Spedition und Vertrieb bei Heuer Logistics in Bremerhaven, bestätigte den Abzug von Chiquita aus Bremerhaven, der zwar schon seit vielen Jahren ein wichtiger Kunde im Bereich Bananenumschlag war, aber nicht der einzige. Der Verlust eines Kunden und dann noch Chiquita in Bremerhaven mit der langen Tradition für den Standort sei sehr bedauerlich, aber es müsse ja nicht für immer so sein, so Hasselder. „Natürlich bleiben wir mit Chiquita in Kontakt, falls beim Kunden die Entscheidung wieder revidiert wird.“ Auch in der Vergangenheit hatte Chiquita seine Ladungsströme schon einmal verändert: So gab es bereits 2011 ein Aus für die schneeweißen Bananenfrachter mit dem Chiquita-Logo in Bremerhaven und 18 Monate später machten die Schiffe dann doch wieder in Bremerhaven fest – zumindest für ein paar weitere Jahre.
Wie Hasselder weiter ausführte, werden die nun freien Kapazitäten am Markt angeboten und die Mindermengen wurden bereits zum Teil kompensiert, da alle anderen Kunden weiterhin Bremerhaven anlaufen, um dort ihre Ware im Fruchtterminal zu lagern und umzuladen. Einige Kunden hätten für dieses Jahr auch eine Umschlagsteigerung angekündigt. Auch im Bereich sonstiger temperierter Agrargüter, wie etwa Kartoffeln, würden die Akquisitionsbemühungen von Heuer Logistics schon erste Erfolge zeigen.
Was die Tradition des Bananenumschlags in Bremerhaven angeht, wurden erstmals am 3. Juli 1925 50.000 Bananenstauden gelöscht. Ab 1926 wurde dann bereits ein wöchentlicher Bananendampfer-Dienst eröffnet. Mit Unterbrechungen während der Kriegszeit startete dann der Umschlag richtig durch und ab 1949 wurden wieder Stauden aus Kolumbien gelöscht. Ab 1966 gab es erneut eine einschneidende Veränderung, denn erstmals wurden die Bananen nicht mehr lose, sondern in Kartons verpackt nach Europa verschifft. 1998 wurde schließlich das ehemalige Stückgut-Terminal am südlichen Columbusbahnhof umgebaut und als Frucht-Logistik-Zentrum von Heuer Logistics in Betrieb genommen, wo heute etwa 90 Mitarbeiter beschäftigt sind.
Von Bremerhaven aus in 20 europäische Länder
Im klimatisierten Kühlhaus werden die Bananen bis zum Weitertransport bei 14 Grad gelagert. Von Bremerhaven aus werden die Früchte in 20 europäische Länder, meist per Lkw, weiterverteilt: nach Ungarn, ins Baltikum aber auch in die Alpen wobei etwa zehn Prozent der Ladung wöchentlich per Bahn in die Schweiz transportiert werden. Jährlich wurden bislang rund 300.000 Tonnen Frucht- und Lebensmittel sowie etwa 200.000 Tonnen General Cargo an den beiden Terminals von Heuer an der Columbuskaje und am F/G-Terminal im Überseehafen umgeschlagen.
Erst kürzlich wurde auf dem Gelände des F/G-Terminals eine neue 2000 Quadratmeter überdachte Lagerhalle zur Lagerung witterungsempfindlicher Güter wie Sperrholz in Betrieb genommen.
Neben Charterschiffen erfolgt der Bananentransport bei Chiquita von Zentralamerika nach Europa vorwiegend mit den weißen Kühlschiffen der Great White Fleet. Im Jahr 2007 wurde die gesamte aus zwölf eigenen Kühl- beziehungsweise Containerschiffen bestehende Kühlfrachterflotte von der Chartworld Shipping Corp. aus Athen und der New Yorker Eastwind Maritime Group „Great White Fleet Ltd.“ erworben, die dann anschließend von Chiquita zurückgechartert wurde.