Nach einer halben Milliarde Euro Verlust im zweiten Quartal sind für die Commerzbank schwarze Zahlen im Gesamtjahr 2021 wieder in weitere Ferne gerückt. 394 Millionen Euro Miese standen Ende Juni in der Halbjahresbilanz, wie der Frankfurter MDax-Konzern am Mittwoch mitteilte.
Zum Auftakt des Jahres hatte die Commerzbank noch mit der Rückkehr in die Gewinnzone überrascht. Doch hohe Kosten für den Konzernumbau sowie weitere Rückschläge im zweiten Vierteljahr pulverisierten die Anfangserfolge. Für April bis einschließlich Juni wies die Commerzbank 527 Millionen Euro Verlust aus – nach einem Gewinn von 183 Millionen Euro im Vorjahreszeitraum.
Konzernchef Manfred Knof äußerte sich gleichwohl zufrieden: „Wir haben im ersten Halbjahr ein solides operatives Ergebnis erzielt. Die Umsetzung der Strategie ist voll auf Kurs.“ Im Tagesgeschäft verdiente die Bank im ersten Halbjahr 570 Millionen Euro, gerade einmal 32 Millionen Euro davon im zweiten Quartal.
Teuer zu stehen kommt die Commerzbank der seit Jahresbeginn laufende Konzernumbau inklusive Stellenabbau und Filialschließungen. 976 Millionen Euro Aufwendungen buchte das Institut dafür im ersten Halbjahr, davon 511 Millionen Euro im zweiten Quartal.
Dazu kamen weitere Belastungen: Allein 200 Millionen Euro schrieb die Bank für die abgeblasene Auslagerung der Wertpapierabwicklung ab. Das Großprojekt war 2017 noch unter dem damaligen Vorstandschef Martin Zielke angeschoben worden, nun wurde ein möglicher Deal mit der britischen Großbank HSBC abgesagt, Zielkes Nachfolger Manfred Knof stoppte das bereits mehrfach verzögerte Vorhaben im Juli mit sofortiger Wirkung. Zur Begründung hieß es: Das deutlich gewachsene Handelsvolumen und die technologische Weiterentwicklung ermöglichten es der Commerzbank, die Wertpapierabwicklung profitabel fortzuführen.
Zudem schmälerten Rückstellungen in Höhe von 66 Millionen Euro im Zuge des Urteils des Bundesgerichtshofs (BGH) zum Thema Bankgebühren von Ende April das Quartalsergebnis. Der BGH hatte entschieden, dass Banken bei Änderungen von Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) die Zustimmung ihrer Kunden einholen müssen. Viele Bankkunden können nun einen Teil zu viel gezahlter Gebühren zurückfordern. "Die Reaktion unserer Kunden im Bremer Raum liegt im Rahmen unserer Erwartungen", teilte Dagmar Baier, Sprecherin für die Region Nord, auf die Frage nach den Auswirkungen des Urteils mit. "Wir werden unsere Kunden zeitnah verstärkt auf eine Zustimmung zur Preiseinführung ansprechen." Parallel biete man den Kunden den Wechsel in ein alternatives Kontomodell an.
Knof drückt derweil beim Konzernumbau aufs Tempo. Ein Sparkurs soll das Institut, dessen größter Anteilseigner seit der Finanzkrise 2008/2009 der deutsche Staat ist, zurück auf Erfolgskurs bringen. Bis Ende 2024 will der Vorstand die Zahl der Vollzeitstellen konzernweit von etwa 39.500 auf 32.000 verringern. Ende Juni zählte das Institut im In- und Ausland insgesamt 38.671 Vollzeitkräfte.
Noch in diesem Jahr sollen 240 Filialen in Deutschland schließen. Nach Abschluss des Konzernumbaus sollen von 790 Filialen noch 450 übrig sein. Der Abbau beginnt im Oktober und betrifft auch Standorte der Niederlassung Bremen. Von 16 Filialen wird, wie berichtet, die Hälfte schließen. In Bremen werden die Standorte Findorff, Hastedt und Woltmershausen aufgegeben, in der Region unter anderem die Filialen in Weyhe, Osterholz-Scharmbeck und Nienburg.
Um die Bargeldversorgung weiter zu gewährleisten, will die Commerzbank an einigen Standorten den SB-Bereich vorübergehend offen halten, sofern das "mietvertraglich und ökonomisch" möglich sei. "Darüber hinaus ergänzen wir unser Filialnetz um einzelne alternative Standorte für SB-Geräte", sagte Baier. Für Details sei es noch zu früh.
Die Commerzbank erklärte den Schritt auch mit dem veränderten Kundenverhalten. Während die Filiale an Bedeutung verliert, werden zunehmend Onlineangebote genutzt. "Wir wollen eine digitale Beratungsbank werden", formulierte Sprecherin Baier unlängst das neue Ziel des Unternehmens. In Bremen wird heute etwa ein Großteil des Wertpapiergeschäfts von Kunden digital abgewickelt. Die Zahl derjenigen, die ihr Smartphone zum Banking nutzen, stieg hier im ersten Halbjahr um 29 Prozent.
Filialen sind zudem ein Kostenfaktor. Ziel des Managements ist, bis Ende 2024 die gesamten Ausgaben auf 5,3 Milliarden Euro zu drücken. Das wären rund 20 Prozent weniger als im Jahr 2020. Für das laufende Jahr bekräftigte der Vorstand das Kostenziel von rund 6,5 Milliarden Euro.
An der Prognose, im Gesamtjahr die Erträge – also die gesamten Einnahmen – im Vergleich zum Vorjahr zu steigern, hält der Vorstand fest. Im ersten Halbjahr lagen die Erträge mit rund 4,4 Milliarden Euro um 5,5 Prozent über dem Wert des Vorjahreszeitraums. Analysten gehen für 2021 von gut 8,3 Milliarden Euro Erträgen aus. 2020 hatte das Institut rund 8,2 Milliarden Euro Erträge erzielt.
Die harte Kernkapitalquote erwartet der Vorstand im Gesamtjahr bei etwa 13 Prozent. Kernkapital gilt als Puffer für Krisen. „Wir haben im zweiten Quartal trotz der hohen Einmaleffekte und des Restrukturierungsaufwands unsere harte Kernkapitalquote stabil gehalten“, bilanzierte Finanzvorständin Bettina Orlopp. „Das belegt erneut, dass wir eine sehr starke Basis für die Transformation haben.“