Die Zeit, in der wir leben, ist surreal. Das wird beim Blick nach draußen und auf das Thermometer einmal mehr deutlich. Es ist das schönste Wetter, die Sonne strahlt – aber wir müssen zu Hause bleiben, weil ein Virus das öffentliche Leben lahmlegt.
Die Überflutung mit schlechten Nachrichten schlägt aufs Gemüt. Das Gute ist, dass ich mich einfach in meiner Backstube verziehen kann, wenn mir das alles zu viel wird und ich etwas Abstand brauche. Denn als Konditor gibt es immer etwas zu tun: Ich kann mich kreativ austoben und werde nur von Jahreszeit, Wetter und Nachfrage bestimmt. Gerade ist das Ostergeschäft vorbei, nun kommt der Mai; die Herzen für Muttertag sind schon in der Vorbereitung.
Die werden jetzt bestimmt gut nachgefragt, denn die Mütter müssen sich nicht nur um die Kinder, sondern zusätzlich um im Homeoffice arbeitende Väter kümmern. Außerdem kommen jetzt die Mai- und Marienkäfer aus Marzipan und Schokolade. Die müssen übrigens geschminkt werden – so heißt es in der Konditorensprache, wenn wir die Formen mit unterschiedlicher Schokolade ausfüllen. Was danach kommt, weiß ich auch schon: die Erdbeer-Saison. Diese Struktur finde ich schön.
Wobei natürlich nicht alles so läuft, wie wir es gewohnt sind. In einem normalen Jahr würden wir jetzt viel mehr Sahnetorten herstellen, die die Kunden bei uns im Café genießen würden. Das fällt nun flach. Stattdessen arbeiten wir mehr mit leichten Cremes, die sich einfacher zu den Kunden transportieren lässt. Eigentlich würde jetzt auch die Eismaschine rattern. Denn genau jetzt hat jeder Lust auf Eis – und gar nicht mal so sehr im Hochsommer. Nach dem Winter freuen sich die Menschen, wenn die Sonne scheint und der Frühling wieder da ist. Denn wenn es wärmer wird kommt die eigentliche Eiszeit.
Aufgezeichnet von Stefan Lakeband.