Die AB-Inbev-Mitarbeiter sind in Sorge um ihre heimischen Marken. Aus allen deutschen Standorten vom weltgrößten Brauereikonzern AB Inbev haben sich am Sonnabendmittag über 100 Beschäftigte bei Beck's am Weserdeich versammelt. Ihre Forderung an den Konzern: Mehr Werbung und mehr Marketing für die eigenen heimischen Hausmarken statt nur den globalen Marken Corona Extra und San Miguel Vorrang zu geben.
"Es geht hier heute nicht um ein Firmen-Bashing von AB Inbev", sagte der Beck's-Betriebsratsvorsitzende Mario Vagnoni. "Wir fordern, mehr für unsere Marken und Sorten zu tun. Macht mehr Werbung und Vertrieb. Das Unternehmen soll unsere Marken nicht wie Stiefkinder behandeln, sondern wie Butter und Brot. Wir haben tolle Marken und wir sind eine tolle Belegschaft, und wir wollen, dass ihr unser Bier verkauft und vertreibt." Neben den internationalen Gewinnbringern wie Corona Extra solle ebenso Platz sein für die heimischen Marken. Die Sorge von Vagnoni: "Je weniger Hektoliter wir hier von unseren eigenen heimischen Marken herstellen, vertreiben und verkaufen, desto mehr Arbeitsplätze verlieren wir hier." Bei dem Appell denken er und die Kollegen ans Haake-Beck Maibock, das nicht mehr produziert wird. Und bei seinen Worten verweist der Beck's-Betriebsratsvorsitzende auf die Kollegen in München sowie bei Hasseröder in Wernigerode im Harz und bei Diebels in Issum am Niederrhein. Dort gingen die Hektoliter zurück. Und bei Diebels wurde schließlich im vergangenen Jahr fast die Hälfte der Belegschaft entlassen, nachdem eine Brauerlinie stillgelegt wurde.
Zu viele Mitarbeiter bei Diebels entlassen
Laut Diebels-Betriebsrat Thomas Engelsiepen ist das Team am Niederrhein inzwischen so unterbesetzt, dass sie die Wochenenden und Feiertage durcharbeiten, um die Arbeit zu bewältigen. Dabei wurde zum Jahresende knapp die Hälfte der Belegschaft entlassen. Es wurde das Biermix-Getränke Diebels Dimix eingestellt, das Alkoholfrei und das Light-Bier. Angesichts des massiven Stellenabbaus und der Einstellung dieser Mixe und Marken merkt man ihm die Verärgerung an, während er am Mikrofon steht. Vom Niederrhein kamen sie allein mit 20 Leuten an die Weser: "Mehr ging nicht, weil die Belegschaft wegen all der Arbeit nicht mehr kann."
Hasseröder-Betriebsrat Dirk Gallina, seit 28 Jahren Brauer im Unternehmen, zählt auf, was der Konzern in Wernigerode gestrichen hat: "AB Inbev hat unser Hasseröder Naturradler ersatzlos aus dem Sortiment genommen. Hasseröder Hell lief wie geschnitten Brot, und nun stehen das Hasseröder 14-Bräu sowie das Schwarz zur Disposition." Diese Spezialbiere müssen Platz machen zugunsten der weltweiten Konzernmarken. Das kritisiert Gallina: "Die Vielfalt macht unser Bierland so besonders. Unser Bier ist ein Teil unserer Kultur und unserer Identität - egal ob es in Wernigerode, in Bremen, in München oder am Niederrhein gebraut wird. Diversität ist auch bei regionalem Bier wichtig und richtig."
"AB-Inbev-Gewinne nur durch Sparen und Mitarbeiterabbau"
Georg Kopp, Betriebsrat von Franziskaner-Spaten-Bräu, ergänzt: "AB Inbev kauft tolle Marken und pflegt sie nicht. Die Gewinne wird das Unternehmen hochhalten - aber nur durch Sparen und Mitarbeiter abbbauen. Für Abfindungen ist immer Geld da, aber nicht für Werbung und Marketing. Dagegen wehren wir uns, denn das kann nicht funktionieren." Man wolle zusammen mit der Gastronomie den Kunden ein Erlebnis bieten, und man wolle die Arbeitsplätze sichern. Seit über zehn Jahren rede man mit dem Konzern darüber, was falsch laufe und was man tun müsse. "Das interessiert dort aber nicht. Wir brauchen Vertrieb und Marketing und wollen unsere DNA da mit reinbringen. Und wir brauen nicht billig, wir brauen gut." Es dürfe nicht sein, dass die Regalmeter im Handel für Corona und San Miguel genutzt werden und kein Platz mehr für die eigenen heimischen Marken bleibe.
Bei Diebels am Niederrhein hat die Belegschaft längst den Verein "Wir sind Diebels" gegründet, um selbst auf kreative Art das Marketing und die Werbung in der Region zu betreiben - sei es mit Altbier aus Feuerlöschern oder mit Diebels-Kapuzenpullis und T-Shirts: "Wer ein T-Shirt bekommt, der trägt das dann auch im Alltag."
Zur Unterstützung war selbst der Betriebsrat von der konzernfremden Paulaner-Brauerei angereist. Die Teams aus München machten sich in der Früh am Sonnabend auf den Weg nach Bremen, einige reisten bereits Freitagnachmittag an die Weser. Am Nachmittag fuhren sie dann alle wieder zurück in ihre Heimat. Doch schon jetzt ist klar: Es werden weitere Aktionen folgen. Es werde nicht bei dieser ersten Demo von Teams aller deutschen AB-Inbev-Brauereien vor dem Beck's-Gebäude am Weserdeich bleiben.