Am Anfang war es das Bier in grünen Flaschen, später dann das Bier mit den grünen Segeln. Am Dienstag feiert die Beck's-Brauerei ihren 150. Geburtstag. Denn es war der 27. Juni 1873, an dem drei Bremer Bürger die Kaiserbrauerei Beck & May OHG am Deich gründeten: Braumeister Heinrich Beck, Kaufmann Thomas May sowie der Baumeister und Braumeister Lüder Rutenberg. Rutenberg kann man in etwa als Bremens "Elon Musk des 19. Jahrhunderts" bezeichnen. Zuerst fing er mit Mauern an: Er baute die Bremer Kunsthalle und ganze Straßenzüge im Bremer Viertel, darunter zum Beispiel die Mathildenstraße. Den Gewinn investierte er ins Bierbrauen. Vor Beck's gründete er die St.-Pauli-Brauerei in der Bleicherstraße im Bremer Viertel.
Doch zurück zu Beck's: Durch ein perfektioniertes Brauverfahren eignete sich das gut haltbare Bier für den Export nach Übersee. Das Besondere: Es wurde nicht wie sonst üblich in braune, sondern in grüne Flaschen abgefüllt. Denn der Hersteller, die Nienburger Glashütte, produzierte bis dato nur grüne Weinflaschen. Also wurde auch die Beck's-Flasche grün, was zum späteren Markenzeichen wurde. Das Bier war ursprünglich auch nur für den Export bestimmt. In Bremen gab es schließlich genug andere Brauereien.
Auch Kaiser Wilhelm II. probierte
Noch heute sind im Beck's-Museum Flaschen und Gläser aus den verschiedenen Jahrzehnten zu sehen – darunter auch der Kaiserpokal, aus dem Kaiser Wilhelm II. bei seinem Besuch getrunken haben soll. Nannten es die Konsumenten anfangs "Kaiserbier", wurde daraus später "Schlüsselbier", in den USA auch "key beer" genannt. Denn Beck's versah ab 1884 die Etiketten mit einer Variante des Bremer Schlüssels und ließ dies auch als Warenzeichen eintragen.

Der Kaiserpokal anlässlich des Besuchs von Kaiser Wilhelm II. - ihm soll das Bier geschmeckt haben.
Im 20. Jahrhundert übernahm Beck's nach und nach andere Bremer Brauereien, darunter St. Pauli und Remmer Alt. Mit Haake-Beck erfolgte 1921 die Fusion, diese Marke sollte weiterhin dazu da sein, deutschen Inlandsmarkt zu bespielen. Denn Beck's stand ja erst nach dem Zweiten Weltkrieg zum ersten Mal in Deutschland in den Läden – und damit startete auch die Werbung. So lautete ab den fünfziger Jahren der Slogan noch "Beck's löscht Männerdurst". Dass auch Frauen Bier trinken, war damals anscheinend außerhalb der Vorstellungskraft. Bis daraus "Beck's löscht Kennerdurst" wurde, brauchte es fast zwei Jahrzehnte. Noch mit dem alten Slogan warb die damals populäre und immer streitbare Schauspielerin Inge Meysel, indem sie genüsslich ein Beck's zischte.
In den USA mit Blondine im Dirndl auf der Etikette
Dann kam es zu einer Personalie, die für Beck's prägend sein sollte. Im Beirat der Brauerei saß das damalige Deutsche-Bank-Vorstandsmitglied Alfred Herrhausen. Er lotste einen Westfalen namens Josef Hattig von der Geschäftsleitung der Dortmunder Thier-Brauerei auf den Chefsessel von Beck's. Und dieser Westfale machte mit seiner durchaus fordernden Eigenart Beck's zu einer der führenden deutschen Biermarken. Ohne ihn hätte es nie die "Alexander von Humboldt" mit grünen Segeln gegeben. Selbst den Maibockanstich machte Hattig zu einer besonderen Veranstaltung. Zu den Gästen gehörte auch der damalige Außenminister Hans-Dietrich Genscher, der für den Anstich den Hammer in die Hand nehmen musste.
Beck's wurde in den USA zeitweise zum beliebtesten ausländischen Bier, gefolgt von einem deutschen Lagerbier namens "St. Pauli Girl". Die Etikette zeigt eine langhaarige Blondine im blauweißen Dirndl mit Maßkrügen in der Hand. Viele Amerikaner dachten eher an Hamburgs Rotlichtviertel "St. Pauli". Doch in Wirklichkeit wurde es ebenso bei "Beck's" gebraut. Auch heute noch ist im Fensterglas des Sudhauses das St.-Pauli-Girl-Wappen zu sehen – jedoch ohne Frau im Dirndl. Waren in den 1990er Jahren US-amerikanische Besuchergruppen im Haus, wurde die Beck's-Flagge eingeholt und stattdessen die St.-Pauli-Girl-Flagge gehisst. Für den US-Markt stellten die Brauer auch ein dunkles, also ein "Dark Beck's", her, das auf keinen Fall in einem deutschen Supermarktregal stehen sollte.

So sehen die Flaschen vom dunklen, also dem "Dark Beck's" und vom Lagerbier "St. Pauli Girl" aus, das speziell für den US-Markt bestimmt ist.
Verkauf an Interbrew war eine Zäsur
Hattig wechselte 1997 in die Politik und wurde Wirtschaftssenator. Auf ihn folgte in der Brauerei Dieter Ammer als Chef. Er tütete 2001 den Verkauf des Unternehmens an den damals belgischen Interbrew-Konzern ein. Alle in der Branche staunten über die 3,5 Milliarden Mark (umgerechnet knapp 1,8 Milliarden Euro), die Interbrew zahlte. Ammer musste von allen Seiten Kritik für diesen Schritt einstecken. Dem WESER-KURIER schilderte er noch 2021 die Situation: „Damals war zum Beispiel Italien ein wichtiger Markt. Doch Heineken kaufte alle unsere Distributeure. Die teilten uns dann mit, dass sie in Zukunft unser Bier nicht mehr vertreiben können.“
Beck & Co hätte damals viel Geld in die Hand nehmen müssen, um seine Märkte zu sichern und auszubauen. Laut Ammer hätte das Geld dafür von den Besitzern kommen müssen. Die Rede war immer von gut 100 Anteilseignern. Alternativ hätte Ammer einen Börsengang vorbereitet: „Man hätte zum Beispiel 25 Prozent des Unternehmens an die Börse bringen müssen.“ Dafür gab es von den Besitzern keine Zustimmung, was folglich den Verkauf bedeutete. Diesen Schritt versuchte Hattig als Wirtschaftssenator zu verhindern. Laut zuverlässiger Quellen flog er dafür extra nach München, wo einige der Anteilseigner wohnten. Sie wollte er noch umstimmen, denn er befürchtete negative Auswirkungen für Bremen.
Nach dem Verkauf setzte die Brauerei vorerst ihren geschäftlichen Erfolg fort – erst mit der Einführung des "Beck's Gold", später mit dem "Beck's Green Lemon". Doch im Frühjahr 2005 setzte Interbrew den Rotstift an einer Stelle an, die viele Bremer dem Konzern übelnahmen: Die viereinhalb Tonnen schweren Pferdekutschen, mit denen die Bierfässer in die Innenstadtkneipen geliefert wurden, wurden abgeschafft – nie wieder Pferdegetrappel zwischen Viertel und Brill. Was sich zuvor in all den Jahren erzählt wurde: Wenn die Bierkutscher bei der Auslieferung mal einen über den Durst getrunken hatten, war das nicht schlimm. Wotan und Jubi und die anderen vier Pferde der Rasse "Alt-Oldenburger" kannten den Weg und fanden immer von selbst zurück in den Stall.
Konkurrenz für Beck's aus dem eigenen Konzern
Über die Jahre wurden bei Beck's viele Arbeitsplätze abgebaut, derzeit sind noch 1000 Mitarbeiter beschäftigt. Die Chefs, die aus der Europa-Zentrale im belgischen Leuven nach Bremen geschickt wurden, kamen und gingen. Verglichen damit steht der Belgier Michel Pepa, seit fast vier Jahren AB-Inbev-Deutschland-Chef, fast schon für Beständigkeit. Gerüchte, AB Inbev wolle Beck's verkaufen, machten seit 20 Jahren immer wieder die Runde.

Das Sudhaus mit den Kupferbottichen in der Beck's-Brauerei am Deich. Hier entsteht der Duft vom Maischen, der bei der richtigen Windrichtung von der Brauerei über die Weser in die Bremer Innenstadt zieht.
Die Zukunft wird für Beck's nicht einfacher, da der Bierabsatz in Deutschland kontinuierlich zurückgeht. Mit der Einführung des ungefilterten Beck's 2021 konnte die Brauerei allerdings einen neuen Erfolg feiern. Gleichzeitig hat Beck's innerhalb des AB-Inbev-Konzerns Konkurrenz aus den eigenen Reihen bekommen: Die Marken Corona Extra, Stella Artois und Budweiser haben oberste Priorität. Dem hat sich Beck's bezüglich nachhaltiger Markenpflege unterzuordnen. Dennoch wird das Bier heutzutage weltweit an mehr als neun Standorten gebraut.
Was auch immer passiert bei Beck's, ein Umstand dürfte so bleiben wie schon im 20. Jahrhundert: Das Getreide wird weiterhin per Binnenschiff über die Weser angeliefert und per Saugschlauch über die Straße "Am Deich" in die Brauerei transportiert. Für die Ladung wären sonst bis zu 50 Lkw nötig. Insgesamt will das Unternehmen weiter in die Klimatechnik in der Beck's-Brauerei investieren. Das ist als Hinweis zu deuten, dass AB Inbev am Bremer Standort festhalten will.