Der Markt für Windenergie verändert sich rasant. Für kleinere Offshore-Anlagenhersteller wird es immer schwieriger, sich gegen Konzerne durchzusetzen. Momentan trifft sich die Branche in Bremerhaven.
Kreativ und innovativ – das zeichnet den Mittelstand aus. Ohne ihn hätte sich der Markt für Windenergie nie so schnell entwickelt. Doch der verändert sich mehr und mehr, insbesondere im Bereich Offshore-Wind wird es für den Mittelstand immer schwerer, sich genügend Platz zwischen den Großkonzernen für ein langfristiges Überleben zu verschaffen. Den einen oder anderen Windkraftpionier wie Bard Offshore gibt es auch schon längst nicht mehr.
Wobei die junge aufstrebende Offshore-Industrie insgesamt auch immer wieder zurückgeworfen wurde: Etwa als 2012 das sogenannte Altmaier/Rösler-Papier zur Strompreisbremse die bis dahin festgelegten Förder-Rahmenbedingungen infrage stellte und auf Investorenseite für Verunsicherung sorgte. Es folgten Kurzarbeit und sogar Insolvenzen– die einst innovative Offshore-Windkraft-Industrie war mindestens zwei Jahre schwer angeschlagen. Und das hat vor allem den Mittelstand getroffen, der nur begrenzt Rücklagen zur Verfügung hatte.
Große Einsparungen
Inzwischen hat sich der Markt etwas stabilisiert. Ein erneuter Umbau des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes (EEG) sieht statt der bisherigen Förderung von garantierten festen Vergütungen seit Anfang dieses Jahres Ausschreibungen vor. Derjenige bekommt also den Zuschlag, der den Windpark am günstigsten anbietet, sprich mit der geringsten Förderung je Kilowattstunde auskommt.
Und die erste Ausschreibung für Windparks vor deutschen Küsten hat größere Einsparungen erbracht als zuvor prognostiziert. Sie betrifft vier Windparks, die im Zeitraum zwischen 2021 bis 2025 entstehen sollen. Diese Entwicklung ist auch Thema auf der 13. Windforce-Konferenz, die noch bis zum 11. Mai in Bremerhaven stattfindet. An dem Branchen-Treffen nehmen etwa 400 Vertreter aus Politik und Wirtschaft teil.
Doch unabhängig der EEG-Rahmenbedingungen setzt sich ein Trend fort, der bereits seit Längerem eingesetzt hat: Investoren von Offshore-Windparks setzen in der Regel auf Anlagen der Großkonzerne, zumeist auf die des Weltmarktführers Siemens. Deutsche Hersteller von Windenergieanlagen stünden insgesamt unter einem zunehmenden und inzwischen enormen Kosten- und Wettbewerbsdruck, sagt Dirk Briese, Geschäftsführer vom Bremer Marktforschungsinstitut Windresearch. Der deutschen Windindustrie drohten dadurch mittel- bis langfristig finanzielle Einschnitte, die gegebenenfalls durch drastische Sparprogramme kompensiert werden müssten.
Massive Einsparmaßnahmen und Schließungen
„Insbesondere kleinere Anlagenhersteller stehen daher vor Problemen. So gab Senvion im März bekannt, 660 Vollzeitstellen im Unternehmen streichen zu wollen und Werke – darunter drei in Deutschland – schließen zu wollen“, sagt Briese. Auch Adwen stehe mit Werken in Bremerhaven und Stade vor massiven Einsparmaßnahmen und Schließungen – insbesondere vor dem Hintergrund der Übernahme des Mutterunternehmens Gamesa durch Siemens.
Sollten die kleineren Anlagenhersteller sich nicht erfolgreich international ausrichten und auch zum Systemanbieter weiterentwickeln können, so drohe ihnen, auch vor dem Hintergrund der hohen Geschwindigkeit in der Technologieentwicklung, das Aus.
Aus Sicht von Briese befinde sich der Markt für Offshore-Windenergie spätestens seit den Ergebnissen der deutschen Ausschreibung in Aufruhr – gerade im Vergleich mit erfolgten Ausschreibungen in den Niederlanden und Dänemark, auch wenn sie aufgrund von einer anderen Förderdauer nicht ganz vergleichbar seien: Dort habe es mit 4,99 Cent pro Kilowattstunde bereits niedrige Ergebnisse gegeben. Die 0,0 Cent, die die zwei Anbieter Dong und EnBW zum Teil in Deutschland geboten haben, bezeichnet Briese als „recht brutale Wette“:
Einerseits werde in diesen Fällen unter anderem auf steigende Strompreise gewettet, andererseits seien enorme technologische Fortschritte über alle Bereiche hinweg Voraussetzung, damit die Rechnung aufgehe. „Insbesondere die Turbine muss in drei bis vier Jahren die doppelte Leistung der heutigen Turbinen erbringen“, sagt Briese, „aber auch die anderen Segmente wie Fundamente oder Rotorblätter müssen kostengünstig funktionieren – und auch die Logistik wird sich stark weiterentwickeln müssen.“
Angebot der Null-Cent-Förderung
Das internationale Wachstumspotenzial für Offshore-Windenergie liegt nach einer aktuellen Erhebung von Windresearch zwischen 150 bis 200 Gigawatt. Das entspricht einer installierten Leistung von 100 bis 150 Kernkraftwerken. Damit würde sich das Potenzial des Marktes innerhalb von zwölf Jahren auf das Zehnfache verdoppeln. Dieser große Zuwachs hänge unter anderem damit zusammen, dass etwa Länder wie die USA mit besonderem Interesse auf dieses Angebot der Null-Cent-Förderung blickten, aber auch Staaten wie Taiwan, Japan oder Indien versuchen werden, sich diese Energiequelle nutzbar zu machen.
Bei Onshore-Anlagen-Herstellern sei laut Briese der deutsche Mittelstand im Vergleich zu Offshore besser positioniert: Enercon und auch Nordex seien hinsichtlich ihrer Marktanteile und des Anlagenportfolios erst einmal recht gut aufgestellt. „Aber auch sie sehen sich mit den zunehmenden Kosten- und Wettbewerbsdruck konfrontiert.“
Dass langfristig auch chinesische Akteure ähnlich wie bei Solaranlagen die Produktion in Deutschland gefährden, sieht Briese derzeit nicht: Im Turbinenbereich hätten chinesische Hersteller derzeit immer noch eine geringe Bedeutung. Jedoch kämen einzelne Komponenten wie etwa Rotorblätter schon heute vielfach aus China. „Wenn der chinesische Heimatmarkt für Turbinen nicht mehr die Produktionskapazität aufnimmt, werden wir in Deutschland jedoch mit zunehmendem Druck rechnen müssen.“
In Nischen gehen
Eine positive Stimmung sei innerhalb Branche generell zu verzeichnen, sagt Andreas Wellbrock, Chef der Windenergieagentur WAB, am Rande der Eröffnungsveranstaltung zur 13. Windforce-Konferenz in Bremerhaven. Hier führt er die positiv wahrgenommenen Ausschreibungsergebnisse an. Sein Rat an mittelständische Unternehmen aus der Windbranche, die weiter am Markt bestehen wollen: in „Nischen zu gehen“.
In diesem Zusammenhang nennt Wellbrock die sogenannten Schwachwindanlagen für Onshore, wie sie beispielsweise die Firma Nordex im Angebot habe. „Oder sie gehen in bestimmte Exportmärkte, wo sie ein Alleinstellungsmerkmal haben können“, empfiehlt Wellbrock. Es gebe schließlich Märkte, die sehr lukrativ seien – wie etwa Chile oder Taiwan.
Und laut Wellbrock haben die kleinen Anbieter sogar einen Vorteil, wenn es um die Erschließung neuer Märkte gehe. „Es gibt auch immer Markteintrittsbarrieren, die manchmal für mittelständische Unternehmen leichter zu überwinden sind“, sagt er. Zudem rät er kleineren Anbietern, sich Partner für bestimmte Länder zu suchen und Kooperationen einzugehen. Dennoch räumt Wellbrock ein, dass man derzeit nicht verhehlen könne, dass es „momentan eine Konzentration gibt“.