Manfred Hader spricht über das Geschäft mit dem Wind, den Marktanteil der Chinesen und wo die deutsche Windenergiebranche in fünf Jahren stehen wird.
Wer profitiert von den Ausschreibungen?
Manfred Hader: Eigentlich gewinnen dabei alle. Vor allem der Konsument, weil das günstigeren Strom bedeutet. Aber auch die Windenergie-Branche insgesamt. Denn letztendlich gibt es nun die Botschaft: Die Windenergie ist erwachsen geworden, kann also subventionsfrei erzeugt werden.
Haben Sie denn nicht die Befürchtung, dass sich am Ende nur die Großen durchsetzen und kleinere Anbieter hinweggefegt werden?
Wir müssen zwischen den unterschiedlichen Wertschöpfungsstufen unterscheiden. Auf der obersten Stufe – das sind Anlagenbauer – ist der Markt für Offshore-Windkraftanlagen bereits unter drei wesentlichen Anbietern aufgeteilt. Hier wird es auf absehbare Zeit keine weiteren Wettbewerber geben, da die Eintrittsbarrieren für Newcomer sehr hoch sind. Unterhalb der Stufe der Anlagenbauer gibt es eine ganze Wertschöpfungskette, die weltweit aufgestellt ist. Nach wie vor kommen dabei viele Teile aus Deutschland. Hier gilt, was in anderen Industrien auch gilt: Man muss wettbewerbsfähig bleiben und bei der immer weiter voranschreitenden Entwicklung der Anlagen mithalten können – sowohl auf der Technologie- als auch auf der Kostenseite. Wir sind heute im Offshore-Bereich bei sechs bis acht Megawatt-Anlagenleistung, aktuell sind bereits 15 Anlagen mit 15 Megawatt in der Entwicklung. Wer hier mitspielen möchte, muss die entsprechenden Fähigkeiten mitbringen – und da haben deutsche Firmen typischerweise nicht die schlechtesten Karten.
Wo wird die deutsche Windbranche in fünf Jahren stehen?
Auch da müssen wir unterscheiden. Auf der einen Seite wird die Zahl der Windparks in Deutschland in fünf Jahren noch einmal signifikant zugenommen haben. Damit nimmt auch das Betreibergeschäft zu. Das heißt, es gibt einen lokalen Betrieb, und damit steigt die Zahl der Jobs. In diesem Fall bleibt die Wertschöpfung in Deutschland oder zumindest im nahen Umfeld. Denn die meisten Betreiber sind schließlich deutsche Energiekonzerne.

Manfred Hader von Roland Berger in Hamburg.
Und auf der anderen Seite?
Da ist der Weltmarkt für Planung und Bau von Offshore-Windparks, wovon Anlagen in Deutschland ja nur einen Teil ausmachen Das heißt, dass deutsche Firmen, die in diesem Geschäft unterwegs sind, sich als Zulieferer der drei großen, global aufgestellten Windkraftanlagenbauer ebenfalls weltweit orientieren müssen. Sicherlich ist Deutschland dafür ein wichtiger Referenzmarkt – auch vom Volumen her. Aber das reicht alleine nicht. Es ist wichtiger, dass die deutschen Anbieter ein überzeugendes Angebot haben, das auch weltweit ankommt.
Vor welchen Hürden steht die Windkraft in Deutschland? Was muss noch getan werden?
Einerseits fehlt es nach wie vor an Kapazitäten der Übertragungsnetze, die sicherstellen, dass der in Nord- und Ostsee erzeugte Windstrom in die Ballungszentren im Westen und Süden des Landes transportiert werden kann. Andererseits ist die zukünftige Struktur der Energieversorgung in Deutschland, also der Mix aus zentraler und dezentraler Stromerzeugung noch nicht abschließend geklärt. So steht die – zentral erzeugende – Offshore-Windkraft zum Beispiel in Wettbewerb mit der dezentral erzeugenden Solarindustrie.
Welche Rolle spielen die Chinesen, die immer stärker auf den Weltmarkt drängen?
Bei Onshore-Windenergie ist China schon heute mit Abstand der weltweit größte Markt – mit einer lokal autarken Industrie. Auch die chinesische Offshore-Industrie ist in den vergangenen Jahren rasant gewachsen, und das Land zählt mittlerweile auch in diesem Bereich zu den größten Märkten. Allerdings sehe ich aufgrund unterschiedlicher Standards kurzfristig nicht die Gefahr, dass wir chinesische Offshore-Anlagen in Europa bekommen werden. Chinesische Anbieter werden – wie auch in anderen Maschinenbaubranchen – erst einmal in die Drittmärkte drängen, zum Beispiel in Asien.