Edeka kommt, ein Vollversorger für das alte Hafenquartier. "Wir können bestätigen, dass die Edeka Minden-Hannover im Nahversorgungszentrum in der Bremer Überseestadt einen Markt eröffnen wird", teilte das Unternehmen am Montag auf Anfrage mit. Der Start sei für das Jahr 2025 geplant. Lange Zeit gab es in dem aufstrebenden Ortsteil lediglich einen Aldi. Im vergangenen Jahr ist in der ehemaligen Greenyard-Halle des Großmarktes ein Rewe eingezogen, allerdings nur für begrenzte Zeit.
Edeka wird auf 2000 Quadratmetern Platz nehmen – in einem Gebäude, für das auf der Ecke Marcuskaje/Konsul-Smidt-Straße noch weit mehr geplant ist: Zusätzliche Geschäfte, rund 50 Wohnungen, zwei Parkdecks mit 180 Stellplätzen, Büros und Flächen, die Vereine nutzen können. Das Projekt ist mit rund 40 Millionen Euro veranschlagt und trägt den Namen "Hanse-Kogge".
40-Millionen-Projekt
Noch offen ist aus Sicht der Stadt, welche Gestalt der Komplex annehmen soll. Nach Angaben des Senats wird darüber Ende September die Jury eines Architekturwettbewerbs entscheiden. Doch wie reagiert der Investor auf den Gewinner-Entwurf? Die niederländische Ten Brinke Projektentwicklung (TBP) hatte bereits konkrete Baupläne vorgelegt und klar gemacht, dass sie nicht über den Haufen geworfen werden dürften: "Wir wollen und dürfen nicht zu einem anderen Ergebnis kommen." Der Wettbewerb war eine der Bedingungen für den Kauf des Grundstücks, der mittlerweile über die Bühne gegangen ist. Sollte die Jury eine deutlich modifizierte Variante wählen, droht ein Konflikt mit dem Investor.
Die Fläche, um die es geht, ist 6100 Quadratmeter groß und liegt zurzeit noch hinter Zäunen. Sie gehört zum Großmarkt, der vor 20 Jahren auf gut 16 Hektar mitten in der Überseestadt angesiedelt wurde. Erstmals nimmt die Stadt jetzt etwas von dem Gebiet weg, und es wird nicht das letzte Mal gewesen sein. An der anderen Ecke der östlichen Kante soll eine Halle herausgenommen werden, um als sogenannter Food Hub für junge Firmen aus der Lebensmittelbranche zu dienen. Auch dort werden die Zäune weichen. Der Großmarkt öffnet sich.
"Die Abschirmung des Großmarktes ist ein Anachronismus", hatten die Grünen unlängst in einem Positionspapier formuliert. Notwendig sei eine stärkere Vernetzung mit der Mitte der Überseestadt. Der Großmarkt solle zum urbanen Innovationsort für neue Lebensmittel weiterentwickelt werden. Die Partei schlägt vor, dafür den östlichen Rand des Gewerbegebiets zu nutzen.
Senat beschließt Food Hub
Das Wirtschaftsressort ist irritiert über diesen Vorstoß. "Ich habe nicht viele Wahlversprechen gemacht, aber das ist eines davon", sagt Senatorin Kristina Vogt (Linke). Der geplante Food Hub bilde inhaltlich und örtlich genau das ab, was die Grünen nun für sich reklamierten. Ihr Plan sei gewesen, in dieser Legislaturperiode das Band zu durchschneiden, "jetzt hoffe ich, dass wir es zumindest bis zur Grundsteinlegung schaffen". Im September wolle der Senat über die Pläne entscheiden. Schnell vorangehen solle es auch mit dem Nahversorgungszentrum: "Die Baubehörde wird hoffentlich zügig für die erforderlichen Genehmigungen sorgen", so die Senatorin.
Die Grünen sind außerdem für einen Wandel auf dem Großmarktgelände: Unternehmen, die eine bestimmte Größe erreicht haben, sollen jungen Firmen Platz machen. Der Bürgerschaftsabgeordnete Robert Bücking nannte als Beispiel "Reishunger", einen Betrieb, der auf dem Großmarkt in den vergangenen zwölf Jahren stark gewachsen ist. Er könnte zum Beispiel auf das Kaffee-Hag-Gelände am nahe gelegenen Holz- und Fabrikenhafen umziehen, meint Bücking. Vogt hält das für "Blödsinn", wie sie kurz und bündig erklärt. Ihr Staatsrat Dirk Kühling spricht von "Planwirtschaft". Der Senat werde keinem Unternehmen diktieren, wo es sich ansiedeln soll.
"Reishunger" will bleiben
"Reishunger" selbst sieht auch perspektivisch überhaupt keinen Grund, den Großmarkt zu verlassen. "Das ist hier ein gutes und flexibles Konzept", sagt Geschäftsführer Sohrab Mohammad. Bei ihm und seinem Geschäftspartner meldeten sich fast täglich junge Foodgründer, die Interesse an einem Austausch hätten. Das schaffe Verbindungen und stärke den Lebensmittelstandort. "Seit wann erschafft man ein funktionierendes Ökosystem, indem man ehemalige Startups, die immer noch von ihren Gründern geführt werden, aus diesem System verbannt?", kommentiert Mohammad die Anregung von Bücking. "Reishunger" könne an einem anderen Standort womöglich Geld sparen. "Ansonsten würden wir und alle Beteiligten durch so eine Aktion aber verlieren: der Großmarkt als Food-Hub, Bremen als Food-Standort, 'Reishunger' als Arbeitgeber und Inspirator und natürlich unsere jungen Gründer."