Gut 16 Hektar groß liegt der Großmarkt wie eine Festung mitten in der Überseestadt: Zwei Meter hohe Metallzäune, hinter denen die Hallen aufragen. Weiträumige Parkflächen für Lastwagen. Eine überdimensionierte Einfahrt. Das ist die Situation seit 20 Jahren. Dringend notwendig, sie zu ändern, finden die Grünen und haben ein Papier vorgelegt. "Die Abschirmung des Großmarktes ist ein Anachronismus", heißt es darin. Notwendig sei eine stärkere Vernetzung mit der Mitte der Überseestadt. Die Festung soll geschleift werden – mindestens an einer Seite des Areals zwischen der Weser und dem Holz- und Fabrikenhafen.
Dem Standort des Großmarktes liegt eine Entscheidung zugrunde, die von den Stadtplanern heute als eklatanter Fehler angesehen wird: das Zuschütten des Überseehafens. Lage, Lage, Lage, sagen die Makler und Investoren. Am Hafen traf das zu. Vor mehr als 30 Jahren konnten sich allerdings nur die wenigsten vorstellen, dass es in dem alten Quartier einen so gewaltigen Boom gibt. Die Realität war damals eine andere: marode Kaianlagen, ein enormer Investitionsstau – und wozu noch Geld ausgeben, wenn der Überseehafen im Container-Zeitalter kaum noch gebraucht wird? 1991 wurde er geschlossen und sieben Jahre später mit 3,5 Millionen Kubikmetern Sand verfüllt, der bei Baggerarbeiten in der Außenweser angefallen war.
Der Hafen war weg, aber was nun? Die Fläche blieb über Jahre eine Brache, bis der Senat auf die Idee verfiel, den Großmarkt, der seit 1961 am Flughafen betrieben wurde, dorthin umziehen zu lassen. Zwei Gedanken, die dabei eine Rolle spielten: Das Gewerbegebiet Airport-Stadt konnte auf dem ehemaligen Großmarktareal um wertvolle Mieter erweitert werden. Und die Überseestadt bekam durch die Neuansiedlung einen Entwicklungsschub. 2001 war Richtfest: "Der Großmarkt wird dort gebaut, wo er hingehört – in den Bauch der Stadt", jubelte der damalige Wirtschaftssenator Josef Hattig (CDU).
Plattform für Gründungen
Da ist auch für die Grünen etwas dran: Der Bauch ist die Mitte, und er benötigt Lebensmittel. So soll es bleiben, allerdings nicht länger abgeschottet. "Leckerbissen für Bremen: Großmarkt zum urbanen Innovationsort für neue Lebensmittel weiterentwickeln", überschreibt die Partei ihr Papier. Konkret schlägt sie vor, den östlichen Rand des Gewerbegebiets entlang der Marcuskaje und der Straße Am Waller Freihafen zu öffnen. Die Fläche solle zwar Teil der Liegenschaften des Großmarktes bleiben, in Zukunft aber insbesondere als Plattform für die Förderung von Gründungen und Innovation im Lebensmittelsektor dienen.
Die Branche habe in Bremen mit 30 Prozent aller Importe und knapp zehn Prozent der Exporte trotz der Abwanderung von Unternehmen wie Kellogg, Hachez oder Coca-Cola immer noch eine Schlüsselposition, betonen die Grünen. Von Verpackungsbetrieben und Speditionen bis zu Lebensmittellaboren und anderen Forschungsinstituten hätten sich an der Weser eine Vielzahl von Akteuren niedergelassen. Der Großmarkt sei speziell für die Start-Ups der richtige Ort.
Schaufenster für Händler
Doch was tun mit den Unternehmen, die heute dort angesiedelt sind? Auch darauf geben die Grünen eine Antwort: "Wir sind der Meinung, dass die Flächenpotenziale nicht dafür genutzt werden sollten, um das dauerhafte Wachstum dieser Unternehmen auf dem Großmarktgelände selbst zu organisieren", schreiben sie in ihrem Papier. Ab einem gewissen Reifegrad sollten solche Firmen für die Ansiedlung junger Food-Unternehmen Platz machen. "Im guten Einvernehmen, natürlich", betont Robert Bücking, wirtschaftspolitischer Sprecher der Fraktion in der Bremischen Bürgerschaft. Als Beispiel nennt er "Reishunger", ein Unternehmen, das im Großmarkt stark gewachsen ist. "Wunderbar", sagt der Abgeordnete, "die haben mittlerweile mehr als 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter." Zeit vielleicht für einen Wechsel, nicht heute, nicht morgen, aber irgendwann, "wir würden Vorschläge machen". Die Grünen denken als Erweiterungsperspektive zum Beispiel an das Kaffee-Hag-Gelände am nahe gelegenen Holz- und Fabrikenhafen.
Bücking hat das Konzept für den Großmarkt verfasst, und kann sich perspektivisch vorstellen, dass die Fläche an allen ihren Rändern neu entwickelt wird, um sie besser in die Umgebung zu integrieren. An einer Ecke wird das seit vielen Jahren geplant, dort soll ein großer Supermarkt mit angeschlossenen Fachgeschäften entstehen. Gedacht wird auch an eine Art Schaufenster für die Großmarkthändler. Die Planung zieht sich allerdings, das Projekt sollte eigentlich längst fertig sein, ist aber noch nicht einmal begonnen worden. Den Supermarkt gibt es jetzt vorerst provisorisch an einer anderen Ecke des Großmarkts.