Es klingt verlockend: ein großes, unbebautes Grundstück für wenige Dollar. Keine Nachbarn, das Hin und Her mit dem Makler entfällt, auch mit den Behörden muss sich der Käufer nicht rumärgern. Um Großgrundbesitzer zu werden, reichen ein paar Klicks – wenig später kommt die Besitzurkunde per Post nach Hause. Das war’s. Ein Minuspunkt ist die Lage: Das Grundstück ist 384.000 Kilometer von der Erde entfernt.
Wer sich davon nicht abschrecken lässt oder das gerade das reizvoll findet, der kommt um Dennis Hope nicht herum. Der US-Amerikaner sagt, ihm gehöre der Mond. Und weil der Erdtrabant für einen allein zu groß ist, teilt Hope seinen Besitz gern. Natürlich auch, weil sich damit Geld verdienen lässt. 24,99 Dollar kostet das kleinste Grundstück, dafür gibt es dann gleich einen Acre, etwa 4000 Quadratmeter.
„Brillanter Fehlschluss“
Dass Hope zu Mr. Mond wurde, hat nach eigener Aussage mit seiner Scheidung und daraus resultierenden Geldnöten zu tun. Vor mehr als 30 Jahren überlegte er sich, dass er mit dem Verkauf von Grundstücken ein paar Dollar verdienen könnte. „Dann schaute ich aus dem Fenster, sah den Mond und dachte: ,Hey, da ist doch eine Menge Land!‘“, sagte er mal in einem Interview. Er ging in die Bibliothek, forschte nach und stellte fest: Der Weltraumvertrag von 1967 verbietet es Staaten, Besitzansprüche an Himmelskörper zu stellen. Nun ist Hope kein Staat, sondern eine Privatperson – und sieht sich als solche nicht an den Vertrag gebunden. Er schrieb daraufhin einen Brief an die Vereinten Nationen, dass er den Mond für sich beanspruche. „Ich habe ihnen gesagt, dass sie mir Bescheid geben sollen, wenn sie da ein rechtliches Problem sehen“, erzählt er später. Eine Antwort erhielt er nie – und begann daher mit dem Verkauf.
Einen „kleinen Gag und sicherlich ganz nett“, nennt Stephan Hobe das. Rein rechtlich sei das allerdings grober Unsinn. Hobe ist Direktor des Instituts für Luftrecht, Weltraumrecht und Cyberrecht an der Universität Köln. Die Argumentation von Hope ist für ihn ein brillanter Fehlschluss. „Zu sagen ‚Was ein Staat nicht darf, darf ein Privatperson‘, ist falsch.“ Vielmehr müsse man es anders herum sehen: Was Staaten nicht dürfen, dürfen einzelne Personen erst recht nicht.
Die Besitzurkunden, die Hope verkauft, sind also nicht mehr als hübsch bedrucktes Papier. Zwar dürfte es ohnehin unwahrscheinlich sein, dass einer der Käufer sein vermeintliches Mondgrundstück in naher Zukunft aufsuchen wird. Anders sieht es aber bei offiziellen Missionen zum Mond aus. Die Überlegungen, dort eine Station zu errichten und die Ressourcen des Erdtrabanten zu nutzen, sind längst keine Science-Fiction mehr. Doch auch hier müssen sich die Beteiligten an das geltende Recht halten.
Edelmetalle auf Asteroiden
„Der Weltraumvertrag sieht die Freiheit der Wissenschaft vor“, sagt der aus Bremen stammende Weltraumrechtler. Ein Forschungscamp, in dem Astronauten leben und arbeiten, hält Hobe daher für rechtlich unbedenklich. Auch die Nutzung der Mondressourcen sei okay – solange sie nicht im größeren Stil kommerziell abgebaut werden. Tatsächlich gibt es auf dem Mond, aber auch auf anderen Himmelskörpern einiges, mit dessen Nutzung sich Geld verdienen ließe. Auf Asteroiden lassen sich Edelmetalle wie Gold und Platin finden; auf dem Erdtraben Helium-3, ein Gas, das eine lukrative Energiequelle sein kann. Staaten wie die USA und Luxemburg haben daher schon Gesetze verabschiedet, die den kommerziellen Abbau von Ressourcen regeln sollen. Hobe hält das allerdings für rechtswidrig. „Kein einzelner Staat kann ein Gesetz über den Mond oder dessen Ressourcen machen. Das ist Aufgabe der internationalen Gemeinschaft.“ Der 1979 geschlossene Mond-Vertrag sagt genau das aus: Er wurde allerdings nur von 15 Nationen ratifiziert.
Um rechtlich künftig auf der sicheren Seite zu sein, wäre es am einfachsten, wenn die internationale Gemeinschaft Regeln für die kommerzielle Nutzung des Alls ausarbeiten würde. Hobe sieht aktuell drei Wege, wie so ein Abkommen aussehen könnte. In der ersten Variante wäre die Nutzung von Weltraumressourcen nur unter strengen Umweltauflagen möglich. Alternativ könnte ein recht liberales Nutzungsmodell angewendet werden, das weniger strenge Auflagen vorsieht. Die dritte Möglichkeit wäre das Antarktische Modell: Ähnlich wie der Kontinent auf der Erde könnten auch Himmelskörper wie der Mond geschützt und ein Ressourcenabbau verboten werden.
Hobe präferiert letzteres Modell. „Der jetzt eingesetzte Goldrausch könnte zu Kurzschlüssen führen. Wir haben noch gar nicht erforscht, welche langfristigen Wirkungen der Abbau von Ressourcen hat“, sagt er. Private Geschäfte auf dem Mond hält er trotzdem für möglich. Sollte sich eine Hotelkette etwa überlegen, eine Niederlassung auf dem Erdtrabanten bauen zu wollen, spräche aktuell wohl nichts dagegen, sagt Hobe. Denn eine rechtlich eindeutige Regelung gebe es dafür nicht. Was aber klar sei: Ein Unternehmen besitzt dann zwar das Gebäude, allerdings nicht das Land, auf dem es steht.
Hotels auf dem Mond
Dass Mond-Hotels vielleicht gar nicht so abwegig sind, zeigt ein Blick auf Hopes Kunden. Stimmt es, was er sagt, haben die Hotelketten Hilton und Marriott schon Land bei seiner Firma gekauft. Ob sie wirklich glauben, dass ihnen damit ein Stück Mond gehört, das sie irgendwann bebauen können, oder ob es ihnen nur um einen netten PR-Effekt geht, ist nicht klar. Fest steht aber, dass sie nicht die einzigen bekannten Kunden von Hope sind. Auch für mehrere US-Präsidenten seien Grundstücke reserviert – angeblich Geschenke von Mitarbeitern.
So war es auch bei einem Bremer Raumfahrtpionier: 2008 haben die Beschäftigten von OHB ihrem mittlerweile verstorbenen Chef 1000 Quadratmeter Mond zum Geburtstag geschenkt, wie dessen Sohn Marco Fuchs kürzlich auf der OHB-Website schrieb. Auch wenn er optimistisch sei, dass bald wieder Menschen auf dem Mond landen würden, glaube er nicht daran, in naher Zukunft einen Vor-Ort-Bericht vom Grundstück zu bekommen. „Ich halte es für höchst wahrscheinlich, dass bis Mitte des kommenden Jahrzehnts Menschen wieder auf dem Mond stehen werden“, schreibt Fuchs weiter. „Leider werde ich sie nicht bitten können, auf unserem Familiengrundstück nach dem Rechten zu sehen. Sie werden andere Aufgaben erfüllen müssen.“