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Die Zukunft der Container Die Grenzen der Riesen

Die Containerschiffe wachsen weiter, aber die Hafenstädte platzen langsam auch aus allen Nähten. Wieso die großen Pötte ihre Container mitten auf dem Wasser entladen könnten statt an der Kaimauer.
16.03.2018, 18:48 Uhr
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Von Peter Hanuschke und Rainer Kreuzer

Noch bis zu diesem Sonnabend liegt die "Antoine de Saint Exupery" im Hamburger Hafen. Auch wenn inzwischen regelmäßig solche Riesencontainerschiffe die Elbe hinauf in die Hansestadt geschleppt werden, hat die Hamburger Hafen-Marketinggesellschaft diesen Anlauf besonders herausgestellt: Mit einer maximalen Ladekapazität von 20 776 Standardcontainern (TEU) ist die "Antoine de Saint Exupery" das bisher größte Schiff im Hamburger Hafen – der bisherige Rekordhalter, die "Munich Maersk" liegt um 208 TEU darunter.

Es ging der Gesellschaft aber um immer mehr. Sie wollte zeigen, dass der Hamburger Hafen solche Schiffe händeln kann – das ist ihr gelungen. Allerdings täuscht dieses Ereignis nicht über die viele Kritik an den Riesencontainerschiffen hinweg. Sie sind umstritten, bei Umweltverbänden und auch bei Schifffahrtsexperten. Es gibt aber auch Alternativen, um die damit verbundenen langen und herausfordernden Revierfahrten zu vermeiden – zumindest in der Theorie: Der Bau von Offshore-Häfen auf offener See.

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Dieser Vorschlag kommt von Olaf Merk vom Internationalen Transport Forum bei der OECD. Aus seiner Sicht hat das Geschäftsmodell der immer größer werdenden Containerschiffe seine Grenzen erreicht. Er fordert ein „grundsätzliches Umdenken“. Denn die meisten Häfen lägen in der Nähe von Städten und dort mangele es ohnehin schon an Platz.

Bei den Offshore-Häfen könnten die Mega-Pötte im tiefen Wasser anlegen. Die einzelnen Container sollten dann in Kassetten mit je 384 Einzelcontainern verpackt werden und von See aus auf speziellen Leighter Aboard Sips oder LASH-Schiffen zum Festland transportiert werden. Mit einem solchen Kassettensystem seien Be- und Entladung der Ozeanriesen schneller möglich als mit einzelnen Containern des heutigen Typs.

Merk verweist in seinem Beitrag im Hamburger Hafenmagazin auf Venedig. Dort plant der Hafen den Bau eines Terminals acht Seemeilen vom Festland entfernt. Dass das Hafenmagazin mit einem Vorwort von Wirtschaftssenator Frank Horch nun solche Visionen diskutiert, lässt ahnen, dass die Grenzen des jetzigen Modells auch auf Führungsebene ganz oben angekommen sind.

Begrenzung des Größenwachstums

"Offshore-Häfen könnten meines Erachtens nur in Sonderfällen Sinn machen, denn sie bedingen ein Umladen – und das ist das teuerste am Seetransport", sagt der Hamburger Schifffahrtexperte Ulrich Malchow dem WESER-KURIER. "Mit großen Pötten so weit wie möglich ins Binnenland zu fahren, macht daher schon sehr viel Sinn. Allerdings müssen die Größen noch erlauben, dass man überhaupt ins Binnenland kommt."

Aus volkswirtschaftlichem und aus Eigen-Interesse sollten die Häfen daher auf eine Begrenzung des Größenwachstums hinwirken, so Malchow. Es sei ein erstaunliches Phänomen, dass eine Entwicklung, die allen an der Transportkette Beteiligten nichts mehr bringe und vielen stattdessen nur Probleme bereite, überhaupt so weit habe fortschreiten können.

"Die einzigen Profiteure sind dabei drei Werften in Korea und auch in China, ein paar belgische und niederländische Baggerunternehmen und ein dominierender Containerbrückenhersteller in China. Der Rest zahlen drauf." Und auf noch etwas machte die Marketinggesellschaft aufmerksam: Die Ankunft des Ozeanriesen fällt in ein historisches Jahr. Vor fast genau 50 Jahren, am 31. Mai 1968, legte das erste Containerschiff im Hamburger Hafen an.

Hoffnung auf Impulse durch Elbvertiefung

Damals noch mit einer Ladekapazität, die aus heutiger Sicht allenfalls für Zubringerdienste taugt: 1200 Container. Damit begann die Container-Revolution im Transportwesen auch in Hamburg. Denn die ersten Container, die überhaupt nach Europa kamen, landeten in Bremen im Überseehafen, und zwar schon am 5. Mai 1966. In Bremen, Hamburg und in anderen Häfen setzte im Laufe der Jahrzehnte ein Größenwachstum der Containerschiffe ein, und damit wurden auch die Umschlagsmengen größer.

Allerdings stagniert das Wachstum in der jüngeren Vergangenheit in Hamburg und auch zum Teil in Bremerhaven, während Rotterdam weiterhin Wachstum vermeldet. Deshalb hoffen Hamburgs Senat und Hafenmanagement noch auf Impulse durch eine Elbvertiefung. Dadurch sollen Mega-Carrier künftig mit voller Ladung besser einlaufen können.

Das kritisieren Umweltschützer, auch wenn die Ökobilanz bei Containerschiffen besser wird: "Jeder Jubel um die Ankunft eines noch größeren Containerriesen lenkt nur von den eigentlichen Problemen des Hamburger Hafens ab", sagte Hamburgs BUND-Geschäftsführer Manfred Braasch. Durch die Größe der Schiffe steige das Havarierisiko, da sie schwerer zu manövrieren seien. Zudem gebe es hohe Folgekosten, etwa durch tiefere Zufahrtswege, größere Terminals oder höhere Brücken.

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