Die Handwerkskonjunktur ist im Land Bremen im Frühjahr leicht rückläufig, aber weitgehend stabil. Das ergibt eine Umfrage der Handwerkskammer Bremen, die am Dienstag vorgestellt worden ist. Von den 5400 Mitgliedsbetrieben der Kammer wurden 1182 befragt, 115 haben sich zurückgemeldet. „Das Handwerk ist krisenfest. Wir kommen mit einem blauen Auge durch die Krise“, sagte Hauptgeschäftsführer Andreas Meyer bei der Pressekonferenz.
Die Ergebnisse fallen je nach Branche unterschiedlich aus. So ist vor allem das Bauhandwerk im letzten Quartal vergleichsweise gut durch die Corona-Pandemie gekommen und zusammen mit den Ausbaubetrieben dafür verantwortlich, dass die Geschäftslage im Handwerk insgesamt relativ stabil bleibt. Rund 72 Prozent der befragten Baubetriebe beurteilten ihre Lage in der Umfrage als gleichbleibend, etwa 22 Prozent als positiv. Knapp 39 Prozent der Bauunternehmen haben jedoch trotzdem rückläufige Umsätze zu verzeichnen.
Längere Lieferzeiten von Materialien
Das ist laut Handwerkskammer auf längere Lieferzeiten von Materialien, steigende Preise und den starken Winter zurückzuführen. Besonders in den vergangenen Wochen habe es gravierende Probleme bei der Lieferung von Metall, Holz und Kunststoffen gegeben, sagte Thomas Kurzke, Präses der Handwerkskammer Bremen. Diese Auswirkungen seien aber noch nicht in der Umfrage enthalten. Die meisten Betriebe gaben in der Umfrage an, dass sie eine Verbesserung des Umsatzes erwarten. Reinhard Wetjen, Inhaber der Firma Seitz-Metallbau in Bremerhaven, wies bei der Pressekonferenz dennoch auf die Materialverknappung hin, die bereite ihm Sorge. Die Metallpreise seien um etwa 30 Prozent gestiegen, man müsse manchmal sechs bis acht Wochen auf das Material warten.
Bei den Ausbaubetrieben, also etwa Malern und Lackierern, Heizungsbauern oder Elektrotechnikern, vermeldeten die meisten eine konstant gute Geschäftslage: Etwa 84 Prozent der befragten Betriebe sind mit der Lage zufrieden. Die Beschäftigungsquote bleibt dort ebenfalls sehr gut; 93 Prozent der Befragten gaben an, unveränderte oder steigende Mitarbeiterzahlen zu haben.
41 Prozent der Handwerksbetriebe insgesamt verzeichnen Umsatzrückgänge. Die Hauptleidtragenden in dem Sektor sind erwartungsgemäß die personenbezogenen Dienstleister: Friseure, Kosmetiker, Fotografen – aber auch das Kfz-Gewerbe hatte unter den coronabedingten Schließungen stark zu leiden. Bei den Kfz-Betrieben verzeichnen 89 Prozent eine negative Geschäftsentwicklung, die sie auch weiterhin für den Sommer so erwarten. Auch die Mitarbeiterzahlen sind im Kfz-Bereich zurückgegangen. Eine Stabilisierung sei hier nicht Sicht. Sowohl die Verkaufspreise als auch die Umsätze sind im abgelaufenen Zeitraum stark eingebrochen. Eine Welle von Insolvenzen konnte die Handwerkskammer jedoch nicht verzeichnen.
Die Lebensmittelbetriebe bewerten ihre Geschäftslage in der Umfrage weitgehend als zufriedenstellend. Jörn Beckmann, Geschäftsführer der Bäckereikette Beckmann‘s, gab bei der Pressekonferenz am Dienstag einen Einblick in sein Geschäftsfeld und sprach vor allem die Problematik an, dass Bäckereien ihren Café-Verkauf in den vergangenen Monaten einstellen mussten. Der Verkauf von Waren an der Theke habe bei ihm zwar um 20 Prozent zugenommen. Dafür sei der Verkauf von Heißgetränken stark eingebrochen. Sein Unternehmen ist deshalb auf die Überbrückungshilfen des Bundes angewiesen – bei ihm seien die Hilfen auch problemlos angekommen. Insgesamt seien die Hilfen bei den Handwerksbetrieben zwar grundsätzlich angekommen, allerdings oft verspätet, sagte Oliver Kriebel, der bei der Handwerkskammer unter anderem für die Beratung der Betriebe zuständig ist. Das hänge allerdings mit den bürokratischen Prozessen zusammen.
Für die kommenden Monate rechnen die meisten Handwerksbetriebe mit einer gleichbleibenden oder positiven Geschäftsentwicklung. Die Investitionsbereitschaft ist laut Umfrage insgesamt rückläufig, da viele Betriebe zunächst die weitere Entwicklung der Pandemie abwarten und ihre Liquidität sichern wollen. Die Beschäftigungssituation schätzen die Betriebe jedoch positiv ein, 94 Prozent gehen von gleichbleibendem oder wachsendem Personal aus.
Fachkräftemangel wird deutlich
Die Beschäftigtenzahlen sind beim Handwerk in Bremen konstant geblieben: 15 Prozent der Betriebe melden einen Zuwachs an Mitarbeitern, zwei Drittel der befragten Betriebe haben genauso viele Beschäftigte wie im Herbst vergangenen Jahres. Knapp 16 Prozent mussten im vergangenen Halbjahr ihren Personalbestand reduzieren. Der Fachkräftemangel im Handwerk zeige sich deutlich, sagte Oliver Brandt, Sprecher der Handwerkskammer. Es hätten sich selten so wenige Menschen beworben wie in den letzten Monaten. Hier sei die Verbindung zu den allgemeinbildenden Schulen ausschlaggebend, die durch die Pandemie immer schlechter wird.
Es gibt einige Handwerksunternehmen, die deshalb auf Praktika setzen: Steffen Röhrs, Geschäftsführer des Sanitärunternehmens Uwe Röhrs GmbH, sprach von zwischenzeitlich 18 Praktikanten in seinem Betrieb. Aus denen suchten die Betriebe dann ihre Auszubildenden aus. „Die Praktika sind zu einem wichtigen Instrument im Handwerk geworden“, sagte Präses Thomas Kurzke. Dennoch bemerke man auch hier die Auswirkungen der Pandemie, weil weniger Praktikumsstellen angeboten werden und auch die Schulmessen wegfallen.