Was heutzutage noch Autohöfe sind, sollen in der Zukunft Mobilitätsstationen werden. Bestehen sie jetzt schon oft aus Tankstelle, Restaurant, Fast-Food-Restaurant, vielleicht noch einer Spielhalle und dazu viel Platz für Autos, reicht das in Zukunft nicht mehr. Da ist sich Ronald Rose sicher. Er ist der Geschäftsführer vom Bremer Mineralölhandel (BMÖ) und plant gerade an dem Autohof der Zukunft – in Größendimensionen, die er so bisher noch nicht hatte.
Roses Tankstelle der Zukunft soll an der Autobahn A4 bei Düren entstehen – also zwischen Köln und Aachen. Nicht nur innerhalb der europäischen Lieferverkehre auf der West-Ost-Achse ist das eine bedeutsame Strecke. Auf 15 Hektar soll wesentlich mehr Unterhaltungsangebot entstehen als Autohöfe derweil haben. Das hat einen einfachen Grund: Um ein E-Auto aufzuladen, sollte man besser 30 bis 45 Minuten einplanen. Das bedeutet: Am Ende der Zigarette und des Kaffees sind noch mindestens 25 Minuten übrig.
Mehr Anreize für Bewegung während der Tankpause
Und der klassische Fernfahrerteller reiche auch nicht mehr. Rose beschreibt es so: „Nichts ist so schlimm für einen Teslafahrer, wie, wenn er das dritte Mal am Tag lädt und das gleiche vorgesetzt bekommt wie bei den ersten beiden Malen. Es sollte also nicht schon wieder die Currywurst und der Kaffee in einem Lounge-Bereich sein. Da muss mehr passieren“, ist sich Rose sicher. „Für mehr Abwechslung und Unterhaltung denke ich da zum Beispiel an Boulder-Parks.“ Damit sind Felsen oder Wände gemeint, an denen die Menschen hochklettern können, ohne dass sie ein Sicherheitsseil benötigen. Auf einer längeren Autofahrt sei ja während der Pausen Bewegung immer gut. „Das soll eine Möglichkeit sein, dass die mal etwas rauskommen.“ Spielgeräte für Kinder gibt es an einigen Rasthöfen ja sowieso seit Jahrzehnten.
Auch eine Grünfläche, auf die man sich mal setzen kann, sei eine Möglichkeit. Außerdem plant Rose zusammen mit einem Partner ein Hotel, weil eine EU-Richtlinie vorsieht, dass Lkw-Fahrer während ihrer Fahrt für das Wochenende einen festen Raum haben müssen. Damit würde sich ein Hotel auch besser rechnen – am Wochenende wären die Lkw-Fahrer da, und unter der Woche wird das Hotel von Monteuren ausgelastet. Bei all diesen Plänen sagt Rose: „Dann sind 15 Hektar auch schnell weg.“ Sicher ist, dass die Aufenthaltsqualität noch attraktiver werden müsse.
Wasserstofftankstelle in Brinkum geplant
Rose ist dadurch mit der Planung des Autohofs an der A4 betraut, weil BMÖ seit einem Jahr Teil der Pfennings-Gruppe ist. Die wiederum hat ihren Stammsitz gar nicht so weit von Düren entfernt. Rose ist innerhalb der Gruppe zuständig für das Thema alternative Antriebe, denn die Erfahrung hat er durch die Planung und Eröffnung einer Wasserstofftankstelle zuvor. Damit soll es auch weitergehen, wie er erläutert: „Wir planen in den kommenden Jahren zwölf Wasserstofftankstellen. Die planen wir an Standorten wie zum Beispiel Brinkum. Da prüfen wir das gerade, ob das baurechtlich möglich ist, weil das ja auch immer etwas mit Geräuschentwicklung zu tun hat.“ Denn allein durch die Anfahrten der Lkw sei es etwas lärmintensiver, außerdem muss Wasserstoff verdichtet werden, wodurch ebenfalls ein wiederkehrender Geräuschpegel entsteht.

BMÖ-Geschäftsführer Ronald Rose überlegt, wo in Zukunft Wasserstofftankstellen Sinn machen, und um wieviel attraktiver Autohöfe entlang der Autobahn werden müssen.
Beim Autohof an der A4 soll auch alles mit Fotovoltaikanlage sein, denn nur noch die Kraftstoffe, die verkauft werden, sollen in Zukunft CO2 verursachen. Auf einer solchen Fläche mit Fotovoltaik könne laut Rose der Solarstrom fast schon Wasserstoff erzeugen. „Synthetische Kraftstoffe sollen an den Tankstellen genauso ihren Platz haben, weil die auch Teil der Energiewende“, sagt Rose.
E-Ladesäulen für die BMÖ-Tankstellen
Als alternativen Kraftstoff bietet BMÖ schon jetzt Diesel an, der aus Erdgas hergestellt ist. Dafür wäre an den bekannten kleineren Tankstellen Platz, wie sie beispielsweise in Findorff an der Plantage ist. „Aber für Wasserstoff wäre dort kein Platz.“ Allerdings prüft Rose, ob es möglich ist, dort Ladesäulen zu bauen. „Das wollen wir in den kommenden fünf Jahren an 60 unserer Tankstellen haben.“
Rewe und seine Tochter Lekkerland, die die Shops von Tankstellen mit Ware versorgt, macht sich im Hinblick auf den Umsatz jenseits der Kraftstoffe Gedanken, der seit Jahren das wichtigere Geschäft darstellt. Philipp Pauly, stellvertretender Vorstandsvorsitzender von Lekkerland geht davon aus, dass die Tankstelle ihr Alleinstellungsmerkmal verlieren werde: "Autos werden zukünftig auch zu Hause und bei der Arbeit geladen. Die Konsequenz liegt auf der Hand: Tankstellen müssen kraftstoffunabhängige Frequenzen schaffen."
Sie könnten zum Beispiel entsprechend einer Yougov-Umfrage unter 18- bis 34-Jährigen mit mehr Frische von sich überzeugen. Gleichzeitig kommt laut Pauly als Trend "Snackification" hinzu: "Kleine Mahlzeiten werden verteilt über den Tag konsumiert. Dort, wo sich Verbraucherinnen und Verbraucher aufhalten, verspüren er oder sie Hunger und Durst." Wer das beherzigt, könne als Tankstellenbetreiber davon profitieren. Wichtig ist laut Pauly: Das Sortiment nicht über einen Kamm scheren sondern an der Nachfrage der Kunden ausrichten.
Das gelte für alle Tankstellen. Beim Blick auf die Kraftstoffe ist sich BMÖ-Geschäftsführer Ronald Rose wiederum sicher: "Wasserstofftankstellen wird es nur dort geben, wo auch Platz für Lkw ist. Wir gehen davon aus, dass Wasserstoff der Antrieb für die Schwerlastmobilität sein wird.“ Eine Tankstelle wie an der Plantage in Findorff werde sich eher auf die Nahversorgung konzentrieren.