Die dritte Tarif-Verhandlungsrunde in der Metall- und Elektroindustrie für den Bezirk Küste ist nach nur 90 Minuten zu Ende gegangen. Gegen 12.45 Uhr gingen die Tarifpartner bei ihrem Treffen in der Vahr im Best Western East Hotel ohne Ergebnis auseinander. Der größte Streitpunkt ist weiterhin die Flexibilisierung der Arbeitszeit für die 140.000 Beschäftigten. Die Arbeitgeber möchten diese zeitweise auf bis zu 42 Wochenstunden erhöhen, die IG Metall fordert dagegen eine auf bis zu zwei Jahre begrenzte Verkürzung der Arbeitszeit auf 28 Stunden – teilweise mit Lohnausgleich.
Zuvor war man sowohl von Arbeitgeberseite bei Nordmetall als auch auf Gewerkschaftsseite davon ausgegangen, dass die Gespräche nicht lange dauern würden. Dafür hätten Angebot und Forderungen für den Tarifbezirk Küste bisher zu weit auseinander gelegen. Die IG Metall fordert sechs Prozent mehr Lohn. Die Arbeitgeber bieten eine Lohnerhöhung von zwei Prozent an sowie eine Einmalzahlung von 200 Euro.
Gespräche in kleineren Gruppen
Zumindest gab es aber etwas Bewegung: Die Arbeitgeber wollen insgesamt über die Flexibilisierung der Arbeitszeiten reden. In kleineren Arbeitsgruppen wollen die Tarifparteien nun beraten, wie sie beim Thema Arbeitszeit zusammenfinden können. Nordmetall-Präsident Thomas Lambusch sagt als Verhandlungsführer für die Arbeitgeber: "Wir haben uns etwas angenähert und uns über die Themen verständigt. Was das System Arbeitszeitverkürzung angeht, sind wir zu Gesprächen bereit. Da hätten wir von der IG Metall allerdings auch ein Signal erwartet, über eine Ausweitung nach oben zu sprechen. Das hatten wir heute noch nicht, aber vielleicht ändert sich das noch."

Zwei Demonstrationszüge sind am Donnerstagvormittag durch Bremen gezogen. Im Anschluss versammelten sich die Streikenden zu einer Kundgebung in der Vahr.
Der Bezirksleiter der IG Metall Küste, Meinhard Geiken, sagt: "Zumindest wollen sich die Arbeitgeber jetzt mit dem Thema Arbeitszeitverkürzung auseinandersetzen. Wie weit das zu einer Bewegung führt, werden wir sehen." Im Tarifbezirk Südwest in Baden-Württemberg gibt es bereits ebenso eine Arbeitsgruppe, die sich damit beschäftigt.
9200 Beschäftigte waren im Warnstreik
Vor dem Hotel, wo die Verhandlungen liefen, hatten sich 3000 Mitarbeiter aus der Metall- und Elektroindustrie versammelt. 2000 von ihnen zogen am Holter Feld vom Bremer Mercedes-Werk in Richtung Vahr los. Ein zweiter Zug startete im Technologiepark an der Uni bei Siemens. Dazu kamen Mitarbeiter aus Unternehmen im norddeutschen Raum. Selbst Kollegen vom Gabelstapler-Werk Still waren aus Hamburg gekommen.
Laut IG Metall traten am Donnerstag in Bremen, Bremerhaven und umzu insgesamt 9200 Beschäftigten den Warnstreik. Nordmetall-Präsident Lambusch sagt über die vielen Menschen vor dem Hotel: "So ein Auflauf ist zu erwarten gewesen. Aber das schlechte Wetter hat dem wohl einen Strich durch die Rechnung gemacht."
Als sich gegen elf Uhr zum Auftakt der Gespräche drinnen die jeweils 25-köpfigen Verhandlungskommissionen der Tarifparteien in die Konferenzräume "Kiel" und "Lübeck" eingefunden hatten, sagte ein Teil der betroffenen Mitarbeiter, worum es ihnen noch geht. Darunter war Marcus Keunecke, IG Metall-Vertrauensmann von Mercedes. Er fordert die Angleichung der Schichtzulagen bei Daimler an die der Kollegen in Baden-Württemberg. Während die Bremer 15 Prozent erhalten, bekommen die Daimler-Mitarbeiter an den Stammsitzen 30 Prozent.
Verärgert waren er und seine Kollegen darüber, dass auf Arbeitgeberseite erneut kein Daimler-Vertreter mit am Verhandlungstisch saß. Dem WESER-KURIER sagte Keunecke danach: "Die wollen auf Zeit spielen. Die hoffen wohl auf ein Verhandlungsergebnis in Baden-Württemberg und meinen, wir hier würden den dann einfach so übernehmen."
Gerade der Punkt mit der Schichtzulage sei ein wichtiger Grund gewesen, weshalb die Mercedes-Mitarbeiter am Donnerstagmorgen auf die Straße gegangen sind. Im Bremer Werk selbst legten nach Angaben der IG Metall 5000 Beschäftigte die Arbeit nieder. Eine weitere Forderung auf Arbeitnehmerseite: Die Auszubildenden und die Dual-Studierenden sollen einen Tag vor ihrer Abschlussprüfung einen Tag Erholung erhalten. Die IG Metall-Jugend untermauerte dies mit Postkarten und dem Spruch: "Willst Du mit mir entspannt in die Prüfung gehen? Ja – nein – vielleicht" Nach der Gesprächsrunde lagen auf den leeren Plätzen der Arbeitgeberseite einige Karten, die mit "Ja" angekreuzt wurden.
Mittwoch gehen die Verhandlungen es weiter
Am kommenden Mittwoch soll es in Hamburg eine vierte Verhandlungsrunde geben. "Da wird es dann auch um die Schichtzulagen gehen", sagt der IG-Metall-Bezirksleiter Geiken. Weiteres Thema werden auch die Wasch- und Umkleidezeiten und sein. Um dem Nachdruck zu verleihen, ruft die IG Metall am Dienstag davor zu weiteren Warnstreiks auf. An dem Tag findet übrigens auch die vierte Verhandlungsrunde im wichtigen Tarifbezirk Südwest statt. Was die von den Arbeitgebern geforderte Ausweitung der Arbeitszeiten angeht, stellt Nordmetall-Präsident Lambusch klar: "Nur bei betrieblichem Bedarf, nur für einen vorübergehenden Zeitraum, und nur auf freiwilliger Basis und selbstverständlich korrekt bezahlt.“ Gleichzeitig unterstrich Lambusch, dass ein Teilzeitanspruch mit teilweisem Lohnausgleich, wie ihn die Gewerkschaft fordert, nicht akzeptabel sei.
Für die Arbeitgeber bedeuten die Warnstreiks weiteren wirtschaftlichen Schaden. Lambusch sagt abschließend: „Wenn die IG Metall von der Warnstreikstraße wieder auf den Pfad der Vernunft zurückkehrt, sehe ich durchaus Chancen für einen Tarifabschluss in den nächsten Wochen.“ Vor lauter Ringen um die flexiblen Arbeitszeiten wurde weiterhin weder über die Laufzeit des Tarifvertrags gesprochen noch über die Lohnerhöhung.
++ Dieser Artikel wurde am 18.01.2018 um 18.05 Uhr aktualisiert. ++

Bei Wind und Wetter läuft der Demonstrationszug durch Bremen.