In der Vergangenheit konnten Verbraucher sich über sinkende Gaspreise in Bremen freuen. Im Jahr 2016 gingen sie bei der SWB sogar gleich zweimal zurück. Denn der Energieversorger konnte besonders günstig Erdgas einkaufen und gab den Vorteil an die Kunden weiter. Nun deutet sich allerdings eine Trendwende in Deutschland an. Die Netzgebühren legen in Bremen derweil um knapp ein Drittel zu – und damit im Bundesländervergleich am deutlichsten.
Insgesamt beträgt das Plus nach Zahlen des Vergleichsportals Check24 in Bremen 27 Prozent. Verivox spricht sogar von einem Anstieg von 28 Prozent der Nutzungsentgelte. Demnach lagen die Netzentgelte 2018 Verivox zufolge bei 262 Euro für 20 000 Kilowattstunden Gas. Im nächsten Jahr sollen es 333 Euro sein. Die Energieexpertin der Verbraucherzentrale Bremen geht davon aus, dass die Gaspreise in diesem Zuge angehoben werden könnten. „Wir wissen, dass die Preise in so einer Situation immer einer Prüfung unterzogen werden“, sagt Inse Ewen. Die Netzentgelte seien neben dem Gaspreis der zweite wichtige Faktor. „Wenn sich hier etwas ändert, dann reagiert die SWB.“
Ob und wie viel die Gaspreise für Bremer Verbraucher steigen, das kann die SWB zu diesem Zeitpunkt allerdings noch nicht sagen. Das wird nach Angaben von Sprecherin Angela Dittmer derzeit berechnet. Die Ergebnisse werden erst für November erwartet. Grund für den Anstieg der Netzgebühren ist einerseits, dass der Netzbetreiber Gasunie von Wesernetz deutlich höhere Kosten für den vorgelagerten Netzbetrieb einfordert. Das wirkt sich wiederum auf die Gebühren von Wesernetz gegenüber SWB und anderen Gashändlern in Bremen aus. Zudem steigt der Wert, weil die SWB einen unterirdischen Speicher für Gas aufgibt.
Niveau von 2017
Weil die Netzentgelte in der Vergangenheit zurückgingen, liegt das Niveau für das nächste Jahr dennoch auf dem von 2017. „Wir gehen davon aus, dass wir bei den Netznutzungsentgelten mit am günstigsten bleiben“, sagt Dittmer. Da Bremen ein niedriges Niveau habe, sei der prozentuale Anstieg besonders hoch. Die Netzgebühren machen neben dem Gaspreis rund ein Viertel des Preises aus.
Insgesamt müssen die privaten Gasverbraucher in Deutschland zum Beginn des kommenden Jahres überwiegend mit steigenden Preisen rechnen. Die Entgelte für die Nutzung der Gasnetze werden im bundesweiten Durchschnitt um rund ein Prozent steigen, wie die Internetportale Verivox und Check24 jeweils getrennt mitteilten. Dabei komme es aber regional zu deutlichen Abweichungen nach oben und unten. Aufwärts gehen die Preise in den meisten westlichen Bundesländern und in Mecklenburg-Vorpommern, abwärts in den meisten Ost-Ländern sowie in Bayern und im Saarland.
Gegenwärtig haben mehr als 30 regionale Gasversorger Preiserhöhungen von durchschnittlich sieben Prozent angekündigt, heißt es bei Verivox. Ein Durchschnittskunde mit einem Verbrauch von 20 000 Kilowattstunden muss damit rund 80 Euro pro Jahr mehr bezahlen. „Wir gehen davon aus, dass in den nächsten Wochen weitere Versorger dazukommen werden“, sagt Verivox-Energieexperte Mathias Köster-Niechziol. Das entspricht auch der Erfahrung von Ewen. Die Unternehmen ziehen langsam nach: „Das ist meist eine Welle.“
Entwicklung eher nach oben
Die Netzentgelte für Gas sollen dagegen beim Oldenburger Energiekonzern EWE, zu dem die Bremer Tochter SWB gehört, stabil bleiben. Trotz ebenfalls gestiegener Netzentgelte bei den vorgelagerten Netzbetreibern will EWE Netz die Werte auf dem Vorjahresniveau halten, sagt Sprecher Dietmar Bücker. Beim Erdgas machten die Beschaffungskosten jedoch etwa 50 Prozent aus. „Diese sind – aufgrund verschiedener politischer Faktoren – deutlich gestiegen“, sagt Bücker. EWE gehe davon aus, dass der Gaspreis sich „eher“ nach oben entwickele. Die Beschaffungskosten haben bereits im Laufe des Jahres „kräftig angezogen“, bestätigt Experte Köster-Niechziol.
Erst deutlich nach Bremen folgen laut Check24 Hamburg und Schleswig-Holstein mit einem Anstieg der Netzgebühren um jeweils plus acht Prozent. Damit zahlten die Verbraucher in Mecklenburg-Vorpommern mit durchschnittlich 514 Euro weiterhin die höchsten Entgelte an die Verteilnetzbetreiber. Das hängt mit dem hohen Aufwand für die Netze in dem großen und dünn besiedelten Bundesland zusammen. Am wenigsten müssen Verbraucher in Berlin (285 Euro) und Hamburg (314 Euro) für das Netz zahlen.
Sinkende Netzgebühren sind vor allem in den östlichen Bundesländern zu verzeichnen. So fallen die Entgelte in Sachsen um vier, in Thüringen um drei und in Berlin um zwei Prozent. Die stärkste Preissenkung war in Leipzig zu verzeichnen mit minus 22 Prozent. Das entspricht rund 97 Euro netto für einen Musterhaushalt. Gaskunden sind in Deutschland rund die Hälfte aller Mieter und Immobilienbesitzer. Sollte es zu einem Anstieg kommen, können sich Verbraucher aber laut Expertin Ewen darauf verlassen, dass sie sechs Wochen zuvor Bescheid kommen. Änderungen müssen mit diesem Vorlauf angekündigt werden. Über die Preisgestaltung wacht die Bundesnetzagentur. Versorger müssen eine Anpassung gegenüber der Behörde erklären. „Das ist ein Schutz für die Verbraucher.“