Bremen Stadtteile Osterholz Verden Diepholz Delmenhorst Wesermarsch Oldenburg Rotenburg Cuxhaven Bremerhaven Niedersachsen

Einzelhandel Einsatz und Umsatz

Große Ketten legen beim Gewinn zu, kleine Einzelhändler haben zu kämpfen. Beide überlegen sich aber kreative Lösungen, um gegen Kunden zu buhlen – denn die größte Konkurrenz ist im Internet.
23.09.2017, 05:41 Uhr
Jetzt kommentieren!
Zur Merkliste
Einsatz und Umsatz
Von Stefan Lakeband

Reiner Hautop steht in seinem Laden. Es riecht nach Leder, links und rechts überall Schuhe, ein paar Gürtel hängen aufgereiht nebeneinander. Im Hintergrund macht die Espressomaschine Geräusche. Es ist Nachmittag, und Hautop ist gerade wieder in seinem Geschäft in der Bremer Innenstadt angekommen.

Er war zuvor bei einem Kunden, um Schuhe auszuliefern. Das ist etwas, das er von Zeit zu Zeit macht. Ein Extraservice, der Teil des „Einkaufserlebnisses“ sein soll. So nennt er das. Das Geschäft Hautop ist ein klassischer inhabergeführter Laden. Seit mehr als 30 Jahren gibt es ihn schon in Bremen. Eine lange Zeit, und viel ist inzwischen passiert. Immer mehr große Ketten dominieren den Einzelhandel, immer mehr Schuhe werden über das Internet verkauft.

Am meisten profitieren die großen Handelsketten

Diesen Trend bekommt auch Hautop zu spüren. Mit seinem Geschäft steht er stellvertretend für eine ganze Gattung, die stetig kleiner wird: das Fachgeschäft, in dem der Chef noch persönlich berät und verkauft, in dem die Auswahl aber meist kleiner ist und die Kunden etwas höhere Preise bezahlen müssen.

Auch der Handelsverband Deutschland (HDE) geht davon aus, dass es Fachhändler künftig schwerer haben werden – aber längst nicht nur die. Zwischen 2015 und 2020 könnten insgesamt etwa 50000 Läden verschwinden, große und kleine, so die Prognose.

Erst diese Woche warnte der HDE vor einer Zweiklassengesellschaft im deutschen Einzelhandel. Denn auch wenn viele Deutsche gerade in Kauflaune sind, so kommt dieser Trend längst nicht jedem Händler zugute. Am meisten profitieren nämlich die großen Handelsketten, die es mittlerweile überall in deutschen Fußgängerzonen gibt.

Größter Gewinner ist immer noch der Onlinehandel

„Angefangen hat das im Lebensmitteleinzelhandel“, sagt Georg Berensen, Geschäftsführer des Handelsverbands Nordwest. Hier hätten schon vor langer Zeit große Supermärkte die Tante-Emma-Läden ersetzt. Das schwappe nun auf andere Branchen über, auch weil die Politik in den Innenstädten immer mehr großflächigen Handel zugelassen habe. „Das ist verfehlte Ansiedlungspolitik“, sagt Berensen.

Lesen Sie auch

„Der größte Gewinner ist aber immer noch der Onlinehandel“, sagt der Verbandsgeschäftsführer. Besonders Produkte im mittleren Preissegment würden verstärkt im Internet gekauft. Große Modeketten wie H&M oder Deichmann haben daraus längst Konsequenzen gezogen.

Der Schuhkonzern aus Essen, der auch mehrere Filialen in Bremen hat, erzielt etwa zehn Prozent seines Umsatzes über sogenannte Omnichannel-Services. Dazu gehört der eigene Online-Shop, den es seit 2000 gibt – aber auch die Verknüpfung zwischen Internet und Filiale. Kunden können, wenn sie im Laden nicht die richtige Farbe oder Größe finden, vor Ort den passenden Schuh im Internet bestellen und nach Hause schicken lassen.

Kleinere Einzelhändler haben ein Problem mit eigenem Online-Shop

„Unsere Kunden entscheiden sich heute täglich neu, wo und wie sie sich informieren und kaufen wollen. Wir wollen überall dort präsent sein, wo sich unsere Kunden bewegen und ihnen unser gesamtes Sortiment präsentieren“, sagte Heinrich Deichmann, der Vorsitzende des Verwaltungsrats, im Frühjahr zur Strategie der Kette.

„Für die meisten Ketten ist ein Online-Shop kein Problem“, sagt Berensen. Doch für viele kleinere Einzelhändler oder inhabergeführte Geschäfte sei eine eigene Verkaufsplattform im Internet schlichtweg zu teuer und zu aufwändig. Ihnen bleibe häufig nur, ihre Waren auf einer der großen Plattformen wie Amazon oder Ebay zu verkaufen. Dafür müssen sie aber auch jedes Mal eine Gebühr bezahlen.

Auch Hautop verzichtet auf einen eigenen Onlineshop. Er setzt darauf, dass seine Kunden sein Geschäft besuchen. Bislang laufe das auch sehr gut, so der Ladenbesitzer. Neben vielen Stammkunden kämen auch viele zu ihm, die geschäftlich in der Stadt seien. In einigen Hotels in Bremen und Umgebung hat Hautop Schaukästen gemietet und einige seiner Schuhe ausgestellt. Diese Art der Werbung funktioniere, sagt er.

Individuelle Betreuung zahlt sich aus

„Wir setzen uns aber auch durch unseren Dienst am Kunden ab“, sagt der Geschäftsmann. Denn er verkauft nicht nur Schuhe, seine Kunden können sie ihm auch zur Reparatur vorbeibringen, Hautop gibt sie dann an einen Schuhmachermeister weiter; etwa 150 Reparaturaufträge kommen so im Monat zusammen.

Zudem wird jedem, der in das Geschäft kommt, ein Getränk angeboten, Stammkunden begrüßt er mit Namen. „Vor zehn Jahren habe ich gemerkt, dass sich diese individuelle Betreuung auszahlt“, sagt der Einzelhändler. Denn viele seiner Kunden kommen nicht nur regelmäßig, sie empfehlen ihn auch an Freunde und Geschäftspartner weiter.

Berensen vom HDE findet, dass das genau der richtige Ansatz ist, wie sich Einzelhändler von den großen Ketten und den Onlineshops absetzen können. „Gute Beratung ist der Dreh- und Angelpunkt, denn die geht in großen Geschäften oft unter und fehlt online natürlich komplett“, sagt er. Dadurch könne man aber eine persönliche Beziehung zum Kunden aufbauen und ihn an sich binden – dann sei es für viele Käufer auch nicht mehr schlimm, wenn sie etwas mehr bezahlen müssen.

Zur Startseite
Mehr zum Thema

Das könnte Sie auch interessieren

Rätsel

Jetzt kostenlos spielen!
Lesermeinungen (bitte beachten Sie unsere Community-Regeln)