Im vergangenen Jahr konnten viele Bäckereien hierzulande kaum große Sprünge unternehmen. Denn die Backstuben trafen die höheren Kosten für Strom und Gas besonders hart. Manchen Bäcker in Bremen zwang die Gesamtlage zur Geschäftsaufgabe. Schließlich verteuerten sich zugleich die Rohstoffpreise – und das nach harten Zeiten wegen Corona. Die Energiekrise roch auch nach frischem Brot.
Der Bremer Bäcker Peer Ruchel will heute gar nicht lange zurückblicken aufs schwierige Jahr mit dem Anstieg der Energiekosten. Die Zahlen sind ihm genau in Erinnerung: Im Schnitt fielen pro Monat 8000 Euro Mehrkosten an. Hilfe hat Ruchel trotzdem keine in Anspruch genommen – eine erstaunliche Leistung.
Und jetzt? "Ich bin ganz zufrieden", sagt der Unternehmer. Die Geschäfte seiner Bäckerei mit drei Standorten liefen derzeit so gut wie seit 30 Jahren nicht. Die Umsätze sind auch deshalb deutlich höher, weil Wettbewerber Otten nicht mehr am Markt ist. Und die Energiekosten seien wieder auf einem bezahlbaren Niveau. "Wer durch eine Krise kommt", findet Ruchel, "geht gestärkt daraus hervor."
Offenbar sind auch weitere Unternehmen in Bremen durch das vergangene Jahr besser als zeitweise erwartet gekommen. Die Energiekosten stiegen für manchen rasant an. Die Wirtschaft rief deshalb immer wieder nach Hilfe der Politik. So beschloss auch der Senat für das Land Bremen Ende vergangenen Jahres Unterstützung für den Notfall: Insgesamt standen 30 Millionen Euro Budget für bedrohte kleinere und mittlere Unternehmen zur Verfügung – eine rückwirkende Hilfe für die Belastung im Vorjahr.
Anträge konnten bis vor Kurzem gestellt werden. Es haben sich jedoch nur wenige Betriebe um die sogenannten Härtefallhilfen Energie bemüht. Die zuständige Förderbank für Bremen und Bremerhaven zählte neun Anträge. Das teilte die Sprecherin der BAB Vanessa Roth auf Anfrage des WESER-KURIER mit. Die Resonanz bei den Anfragen sei "sehr zurückhaltend" gewesen – ebenso das Interesse an der Informationsveranstaltung. "Das beantragte Volumen liegt bei 57.458,76 Euro", nennt Roth die genaue Summe.
Die Antragsstellung ab Ende Februar sollte zunächst bis Ende März möglich sein – ein enges Zeitfenster. Wegen eines Problems beim Förderportal „Förderbar“ gab es eine Verlängerung der Frist bis Anfang April. "Die niedrige Antragszahl lässt natürlich darauf schließen, dass die Härtefälle (noch) nicht eingetreten sind", erklärt dazu Roth. Alles in Ordnung also?
Die SWB liefert in Bremen für einen Großteil der kleinen und mittelgroßen Unternehmen die Energie. Hier sieht man das Ergebnis als gutes Signal. Um die Mittel abrufen zu können, sei eine "sehr kritische wirtschaftliche Situation" nötig gewesen, sagt Sprecherin Angela Dittmer: "Zum Glück musste dieser Fonds offensichtlich nicht so stark in Anspruch genommen werden." Das liege auch an weiteren Unterstützungsmaßnahmen für die Wirtschaft wie den Energiepreisbremsen.
Das Wirtschaftsressort interpretiert die wenigen Anträge auf Härtefallhilfen ebenfalls positiv. Allerdings hat sich für einige Unternehmen der Wind erst seit Januar gedreht. Im vergangenen Herbst kündigte auch die SWB zum Ende des Jahres ihren Unternehmenskunden den Vertrag. Die bisherigen Konditionen ließen sich nicht mehr halten angesichts immens teurerer Beschaffungskosten für den Bremer Energieversorger. "Jeder Kunde hat ein Folgeangebot bekommen", so Dittmer. Die seien attraktiv gewesen im Wettbewerb, viele Unternehmen hätten sich erneut für die SWB entschieden. Das Niveau ist zwar höher. Auf der anderen Seite greifen heute die Preisbremsen für Gas und Strom auch bei den Betrieben. "Die Entlastung kommt bei den Unternehmen an", sagt Dittmer. "Die ersten Rechnungen mit den reduzierten Energiekosten sind raus. Das heißt: Endlich wird auch sichtbar, was versprochen wurde. Das tut den Kunden gut."
Teils geht es dennoch fast um eine Verdopplung der Kosten. Was das dann heißt? Grundsätzlich ergebe sich ein vielfältiges Bild, konstatiert die Sprecherin des Energieversorgers, je nach Unternehmen falle die Belastung unterschiedlich aus. Schließlich sei nicht nur die Energie teurer geworden. Eine Frage sei zunächst: Welchen Anteil haben die Kosten für Strom und Gas im Unternehmen? Geht es um zehn, dreißig oder fünfzig Prozent? Ein weiterer Punkt sei, welche Kosten an die Kunden weitergegeben werden könnten.
Die Erholung auf den Energiemärkten spiegelte sich in den jüngsten Unternehmensumfragen in Bremen. "Die Geschäftsaussichten für das Jahr 2023 haben sich im Vergleich zum vergangenen Herbst wieder etwas verbessert", heißt es etwa im Konjunkturreport der Handelskammer Bremen im Februar. "Hierzu dürfte beigetragen haben, dass die Energiepreisbremse zum Jahresende für etwas mehr Planungssicherheit sorgte und die Energiepreise nach dem Höhenflug wieder nachgelassen haben." Die Umfrage zeigt jedoch auch: Die Energie- und Rohstoffpreise bleiben das meistgenannte Risiko der Unternehmen noch knapp vor dem Fachkräftemangel. In Bremerhaven bereiten die Energiekosten den Unternehmern noch mehr Sorgen als in Bremen.
Was nun mit den 30 Millionen Euro passiert? Von dieser Summe kamen zehn Millionen Euro vom Bund. 20 Millionen stellte das Land Bremen zur Verfügung. Das Geld geht zurück in den Fonds für den Umgang mit den Folgen des Kriegs in der Ukraine. Ganz ausgeschlossen dürfte eine Neuauflage der Hilfen für Energiekosten in diesem Jahr zudem nicht sein. Bremen orientiert sich oft an Niedersachsen. Das Nachbarbundesland plant, wie berichtet, eine Fortsetzung des Programms mit veränderten Bedingungen.
Der Bremer Bäcker Ruchel hält den Fonds für eine gute Sache – auch wenn er selbst nicht darauf angewiesen ist. Das richtige Händchen habe ihm geholfen, es durch die Krisenzeiten zu schaffen.