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Energieversorgung Bremen wird neu verkabelt: Wo Hochspannungsleitungen entstehen sollen

Die Energiewende kommt nach Bremen: In den kommenden Jahren will der Stromnetzbetreiber Tennet die Hochspannungsleitungen in der Region ausbauen. Das wird nicht ohne Belastungen gehen.
09.09.2022, 17:31 Uhr
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Bremen wird neu verkabelt: Wo Hochspannungsleitungen entstehen sollen
Von Christoph Barth

Das Ziel ist ehrgeizig: Bis 2038 soll aus Bremer Schornsteinen und Auspuffrohren so gut wie kein Treibhausgas mehr entweichen. Haushalte, Verkehr, Industrie – alles soll so umgebaut werden, dass zumindest das kleine Bremen dem Weltklima nicht mehr zur Last fällt. Eine der wichtigsten Voraussetzungen dafür sind neue Stromleitungen. Für den Bau der Hochspannungsstrippen hat der Netzbetreiber Tennet jetzt ein eigenes Büro am Bremer Domshof eingerichtet, in dem 40 Mitarbeiter die Projekte in der Region betreuen sollen.

Die Großkraftwerke der Zukunft, die Bremen mit grünem Strom versorgen sollen, stehen in der Nordsee. Doch um die Offshore-Windparks mit den Verbrauchern landeinwärts zu verkabeln, müssen neue Leitungen und Umspannwerke gebaut werden. "Das wird in der Landschaft sichtbar sein und deshalb nicht ohne Belastungen für die Region gehen", räumt Tennet-Geschäftsführer Tim Meyerjürgens ein." Die gute Nachricht allerdings lautet: Die in und um Bremen geplanten Hochspannungsleitungen sollen weitgehend entlang bereits vorhandener Trassen verlaufen.

Im Mittelpunkt der Planungen stehen drei Vorhaben:

Weserquerung bei Farge

Am Onyx-Kraftwerk führt eine Hochspannungsleitung über die Weser. Genau genommen sind es sogar zwei Leitungen, die sich die Strommasten an dieser Stelle teilen: eine 220-Kilovolt-Leitung vom Umspannwerk Conneforde (bei Varel) nach Sottrum östlich von Bremen und die 380-kV-Elbe-Weser-Leitung in Richtung Hamburg. Beide Leitungen sollen verstärkt werden: "Die 220-kV-Leitung Conneforde-Sottrum wird auf 380 kV verstärkt und kann künftig das Siebenfache an Strom transportieren", erläutert Meyerjürgens.

Die Kapazität der Elbe-Weser-Leitung soll fast verdoppelt werden. Damit jedoch wird für den Netzbetreiber das Risiko zu groß, beide Leitungen an einem Gestänge über die Weser zu führen: Bei einem Defekt müsste zu viel Leistung auf einmal abgeschaltet werden, die Versorgungssicherheit wäre nicht mehr gewährleistet, so die Argumentation. Deshalb wird für die Elbe-Weser-Leitung eine neue Querungstrasse über die Weser gesucht, möglicherweise über den Elsflether Sand. Seit Mai sei man dort mit den Kommunen und den Bewohnern der Region im Dialog, so Tennet.

Umspannwerk Blockland

An der Autobahn 27 soll in der Nähe der Abfahrt Industriehäfen ein neues Umspannwerk entstehen; im Gespräch ist allerdings auch noch ein anderer Standort weiter stadteinwärts. Hintergrund für diesen Neubau sind die Pläne des Stahlherstellers Arcelor-Mittal, sein Bremer Werk auf die Produktion von "grünem Stahl" umzustellen, die weitgehend ohne CO2-Emissionen auskommen soll.

Für die neuen Schmelzöfen wird mehr Strom gebraucht, den das Umspannwerk an der A 27 liefern soll. "Für unsere Elektrolichtbogenöfen brauchen wir bis 2032/33 einen starken Anschluss", sagt Frank Hohlweg, Vorstandsmitglied bei Arcelor-Mittal Bremen. Die gegenwärtig kritische Situation der Hütte, in der wegen der stark gestiegenen Energiekosten ein Hochofen stillgelegt werden soll, "hindert uns nicht daran, mit Vollgas an dem Projekt weiterzuarbeiten", versichert Hohlweg.

Anschluss Niedervieland

Auch die westlich an Bremen vorbeiführende Leitung vom Umspannwerk Elsfleth/West nach Ganderkesee soll neu gebaut und in ihrer Leistung verdoppelt werden. Von der 380-kV-Leitung führt ein Abzweig nach Bremen hinein zum Umspannwerk Niedervieland im Güterverkehrszentrum (GVZ).

Gebaut werden sollen die neuen Leitungen und Umspannwerke zwischen 2028 und 2031. Bis dahin müssen Anwohner und Naturschützer vom Sinn der Baumaßnahmen überzeugt werden. "Ein Netzausbau ist keine Kleinigkeit", warnt Martin Rode, Geschäftsführer des Umweltschutzverbandes BUND in Bremen. Gerade rund um Bremen seien vielfach wertvolle Naturräume betroffen, die zum Teil unter Schutz stehen und für eine naturverträgliche Landwirtschaft genutzt werden. Oft genug hat sich der BUND bereits mit den Netzbetreibern über deren Entwicklungspläne gestritten. Andererseits wollen auch die Umweltschützer die Energiewende voranbringen. "Das ist ein schwieriger Prozess, in dem man jeweils im Detail eine gute Lösung finden muss", sagt Rode.

Das will auch Bremens Klimaschutzsenatorin Maike Schaefer (Grüne). Die Anwohner müssten ebenfalls frühzeitig an den Planungen beteiligt werden. "Denn es nützt ja nichts, wenn am Ende der BUND, der Nabu und die Landwirte zufrieden sind, aber die Anwohner nicht", mahnt sie. An der Energiewende und der Umrüstung der Industrie führe jedoch kein Weg vorbei. "Ich will lieber das Stahlwerk hier modernisieren und den Stahl dann klimafreundlich produzieren lassen, als ihn irgendwo anders auf der Welt herstellen zu lassen", sagt Schaefer. "Und ich wünsche mir, dass die dafür notwendigen Veränderungen Akzeptanz bekommen."

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