Eine Ariane-5-Rakete hat in der Nacht den ersten europäischen Satelliten mit Elektroantrieb ins All gebracht – und nebenbei einen Rekord aufgestellt. Dabei war der Betrieb am Weltraumbahnhof lange durch einen Generalstreik gestört.
Etwa 40 Minuten nach dem Start war klar: Die Mission ist geglückt und damit auch der Rekord. In der Nacht zu Freitag ist eine Ariane-5-Rakete in Französisch-Guyana gestartet und hatte so viel Nutzlast an Bord wie noch nie. 10,9 Tonnen wogen die beiden Telekommunikationssatelliten und die für die Mission benötigte Struktur, wie etwa die Halterung. Doch das Gewicht war nicht das einzige Besondere an dem Start.
Elektroantrieb ist auch im All ein Trend
Einer der Satelliten, "Eutelsat 172B", ist der erste in Europa gebaute Telekommunikationssatellit, der komplett mit elektrischem Antrieb unterwegs ist. Elektro-Satelliten gelten in der Raumfahrt als Trend. "Wir sind gerade an dem Punkt, wo elektrische Antriebe nicht mehr als Pionier eingestuft werden. So langsam wird das dann zum Standard", sagt Lisa Martin Perez vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). "Ich denke, über kurz oder lang wird alles elektrisch sein."
Der Vorteil der E-Satelliten: Sie sind deutlich effizienter und müssen viel weniger Treibstoff mit ins All nehmen. Deshalb bleibt entweder mehr Platz für die Nutzlast oder der Satellit ist leichter. Damit spart der Betreiber Geld, denn für kleinere Satelliten können günstigere Trägerraketen für den Weg ins All eingesetzt werden.
„Jeder Start ist immer etwas Besonderes“, sagt Sören Scholz, Leiter des Ariane-Programms bei Airbus Safran Launchers in Bremen. Hier wird auch die Oberstufe der Rakete gebaut. Dieses Mal sei hinzugekommen, dass sich bei den vorherigen Starts der Zeitplan verzögert habe. „Innerhalb kürzester Zeit mussten wir uns von dem Generalstreik in Französisch-Guayana erholen“, sagt Scholz, der bei jedem Ariane-Start vor Ort ist.
Demonstranten versperrten Zufahrtsstraße
Dieser Streik hatte das ganze Land lahmgelegt und damit auch das Centre Spatial Guyanais, von dem die Raketen normalerweise starten. Ein Monat lang war der Weltraumbahnhof in weiten Teilen arbeitsunfähig, die Zufahrtstraße war teilweise von den Demonstranten versperrt.
Auslöser für den Streik waren Proteste gegen die wirtschaftlichen Probleme und die Kriminalität in dem französischen Überseegebiet sowie für eine bessere Gesundheitsversorgung. „Ich bin beeindruckt, mit was für einer Intensität gestreikt wurde“, sagt Scholz. Die Probleme der Menschen verstünde man erst, wenn man auch vor Ort ist.
Denn auch wenn Französisch-Guayana zu Frankreich gehört, liegt der Lebensstandard dort weiter unter EU-Niveau: Durchschnittlich stirbt dort jede Woche ein Mensch durch Mord, die Arbeitslosigkeit liegt bei 22 Prozent und längst nicht jeder hat Zugang zu sauberem Trinkwasser.
Doch auch nachdem die Proteste Anfang Mai beigelegt waren, hat es gedauert, bis der Weltraumbahnhof wieder seinen normalen Betrieb aufnehmen konnte. „Eine Rakete ist sehr komplex. Man kann sie nicht einfach aufbauen und dann bis zum Start stehen lassen“, sagt Scholz.
500.000 Euro pro Tag Verzögerung
Durch den Streik konnte eine Ariane 5, die ursprünglich schon Mitte März hätte abheben sollen, erst Anfang Mai starten. Die Verzögerung hat Raketenbetreiber Arianespace etwa 500.000 Euro pro Tag gekostet.
Hinzu kommt, dass die Zuverlässigkeit des Unternehmens hätte in Zweifel gezogen werden können. Sie ist ein wichtiges Gut für Raketenbetreiber, denn jede Verzögerung kostet Geld. „Streik kann es aber immer und überall geben. Dieses Mal hat es eben uns getroffen“, sagt Scholz.
Und ein bisschen Gutes habe die Blockade auch gehabt: „Durch den Streik konnten wir unseren Kunden zeigen, dass wir gut und flexibel mit solchen Situationen umgehen können.“ Mittlerweile sei man auch wieder im Zeitplan.