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Deutsche Bank Bremer Experte über die Auswirkungen der steigenden Bauzinsen

Die Bauzinsen sind zuletzt stark angestiegen. Die "Drei-Prozent-Marke in Reichweite" sieht Ludwig Blomeyer von der Deutschen Bank. Er erklärt im Interview unter anderem, welche Folgen das für Bauvorhaben hat.
18.05.2022, 06:12 Uhr
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Bremer Experte über die Auswirkungen der steigenden Bauzinsen
Von Lisa Schröder

Herr Blomeyer, es geht bei den Bauzinsen wirklich stark hinauf. Spüren Sie die Auswirkungen als Bank bereits?

Ludwig Blomeyer: Der Trend zu den eigenen vier Wänden hält weiter an. Und auch jetzt bei steigenden Zinsen sehen wir das noch ungebrochen.

Gibt es aber öfter Fälle, dass Baufinanzierungen nicht mehr zustande kommen, weil aus Ihrer Sicht die Voraussetzungen dafür fehlen?

Bisher nicht. Die Projekte laufen in aller Regel weiter. Viele der Immobilienkredite, die jetzt bei uns auf dem Tisch liegen, haben ja einen Vorlauf. In manchen Fällen muss das Eigenkapital noch aufgestockt werden. Freunde und Familie helfen da immer wieder mal aus. Die spannende Frage ist, ob die Menschen selbst jetzt überlegen: Was kann ich mir noch leisten? Seit Anfang des Jahres geht es mit den Bauzinsen schrittweise hoch. Es gibt momentan keinen Grund, warum das schnell abbrechen sollte. Wir sehen die Drei-Prozent-Marke in Reichweite bei einer Zinsbindung von zehn Jahren.

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Seit Jahren geht es um dieses Szenario: Was passiert, wenn die Zinsen wieder steigen? Jetzt deutet sich tatsächlich eine Zinswende an. Wo wird sich das Niveau einpendeln?

Die Entwicklung vorherzusehen, ist gerade sehr schwer, weil viele Faktoren zusammenkommen. Wenn dafür jemand eine Glaskugel besäße, würde er mit einer goldenen Sänfte durch Frankfurt getragen werden. Ich glaube, dass es für die Baufinanzierung insgesamt wichtiger ist, wie die Preisentwicklung bei den Baustoffen ausfällt. Da geht es enorm hoch, und das verteuert die Objekte natürlich erheblich. Ob die Zinsen bald möglicherweise bei 3,0 oder 3,5 Prozent liegen, fällt im Verhältnis zur Teuerungsrate dann weniger stark ins Gewicht. Ich sehe in Deutschland dabei keine Immobilienblase und in Bremen keine Überhitzung. Es gibt hierzulande aber schon Märkte, die ein sehr hohes Niveau erreicht haben.

Vor einigen Wochen hat Bremens Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) die Banken der Stadt wegen der jüngsten Standortschließungen angeschrieben, sie sollten sich nicht zu sehr zurückziehen. Über den Norddeutschen Bankenverband gehörte durchaus auch die Deutsche Bank Bremen zu den Adressaten. Was sagen Sie zum Schreiben?

Ich kann das Anliegen absolut verstehen. Das ist sicher ein schwieriger Spagat für uns Banken: Unser Ziel ist es, nah am Kunden zu sein. Dafür wollen wir persönliche Beratung weiterhin in unseren Filialen bieten, genauso aber auch via Videochat oder Telefon. Die Kundennachfrage hat sich in den letzten Jahren stark gewandelt. Viele Menschen erledigen ihre täglichen Bankgeschäfte auf digitalem Weg. In vielen Bereichen finden solche Veränderungen statt. Früher gab es viele Tante-Emma-Läden in einer Stadt. Das ist heute auch anders. Ich habe fünf Kinder. Der einzige Moment, wo meine Kinder in die Bank kommen, ist um mich zu besuchen. Das ist der Trend. Da spielt sich eine demografische Veränderung ab.

Schauen wir erneut auf die Zinsen – aus anderer Perspektive. Es kommt Bewegung ins Spiel bei den Negativzinsen. Wann könnte der Abschied von diesem Instrument kommen?

Die Verwahrentgelte richten sich nach der sogenannten Einlagefazilität der Europäischen Zentralbank. Im Moment liegt der Satz bei -0,5 Prozent. Wenn die EZB den Satz der Einlagenfazilität ändert, werden wir im Privatkundengeschäft das Entgelt kurzfristig anpassen. Und wenn die EZB den negativen Bereich verlässt, gibt es auch bei uns kein Verwahrentgelt mehr. Wir orientieren uns an der Zentralbank – wie viele andere Banken auch. Der Freibetrag für Privatkunden liegt bei 50.000 Euro für Giro- und Anlagekonten und bei 25.000 Euro für Tagesgeld.

Haben Sie auch Kunden, die genau 49.999,99 Euro auf dem Konto parken?

Eine Zeit lang hat es das ganz stark gegeben, dass Kunden gesprungen sind und immer geguckt haben: Welche Bank hat noch kein Verwahrentgelt? Nach einer Weile hat sich das aber im Markt angeglichen. Ich hoffe, dass die EZB eine Entscheidung trifft, damit wir dieses unleidliche Thema sein lassen können. Ich kann Ihnen sagen, das sind Gespräche mit Kunden, die man nicht führen möchte, wenn für das mühsam ersparte Geld etwas bezahlt werden muss. Auch wenn das Verwahrentgelt im Vergleich zur Inflation nicht mehr so sehr ins Gewicht fällt.

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Der Krieg in der Ukraine trifft auch Ihre Unternehmerkunden. Wie sind Sie damit umgegangen?

Wir haben sehr schnell ein Informationsportal ins Leben gerufen, um die vielen Fragen zu klären: Was bedeuten die Sanktionen im Tagesgeschäft der Unternehmen? Wie geht es mit den Geldflüssen weiter? Wir sehen, dass viele Händler ihre Läger befüllen – und das zu steigenden Preisen. Das bedeutet natürlich, dass zusätzliche Finanzierungen benötigt werden, die wir nach Möglichkeit bereitstellen wollen.

Die Unternehmen müssen sich künftig auch aufgrund des Klimawandels verändern. Wie erleben Sie diesen Prozess als Bank?

Das Thema ist außerordentlich wichtig. Viele Unternehmen aus Branchen, die dabei eine besondere Herausforderung haben, kommen auf uns zu: Werdet ihr uns in Zukunft noch zur Seite stehen? Es gibt einen wirklich hohen Beratungsbedarf. Wir wollen die Kunden bei der Transformation begleiten. Der Kunde muss uns aber auch zeigen, dass er sich verändert. Wir müssen als Bank schließlich offenlegen, welchen ökologischen Fußabdruck unsere Finanzierungen hinterlassen. Vieles ist noch nicht klar definiert – etwa die Zeiträume. Wir haben uns als Bank selbst Ziele gesetzt. Wir haben da alle noch einen langen Weg vor uns.

 

Welche Branche sorgt sich denn?

Die Transformation betrifft alle Branchen. Es sind Industrien dabei, die Sie gar nicht vermuten würden. Zum Beispiel ist die Landwirtschaft nicht immer automatisch grün, wenn jemand etwa den falschen Dünger einsetzt. Generell müssen die Unternehmen künftig viel transparenter belegen, welche Schritte sie machen, um CO2-Emissionen einzusparen. Die Erwartungen kommen dabei von vielen Seiten – von der Politik, den Banken, von den Kunden und auch den Mitarbeitern.

Das Gespräch führte Lisa Schröder.

Zur Person

Ludwig Blomeyer

ist Sprecher der Geschäftsleitung der Deutschen Bank in Bremen. Vor mehr als 40 Jahren begann er seine Ausbildung bei der Deutschen Bank nach einem Studium der Geschichte und Politologie. Für das Haus war er unter anderem schon in Singapur, London und Budapest. Seit 2018 gehört Blomeyer dem Aufsichtsrat des Konzerns an.

Zur Sache

40 Umzugskartons mit Sachspenden

Die Deutsche Bank in Bremen verzeichnete im vergangenen Jahr nach eigenen Angaben ein sehr gutes Ergebnis: So sei die Summe aus Krediten, Einlagen und Depotvolumen in Bremen auf 3,5 Milliarden Euro gestiegen. In der Hansestadt kommt das Haus auf rund 64.000 Kundinnen und Kunden. Im Marktgebiet mit Osnabrück sind es fast 200.000.

An Bedeutung gewinnt dabei die nachhaltige Geldanlage. „Es ist unser Ziel, in jeder Kategorie der Vermögensanlage mindestens ein nachhaltiges Finanzprodukt anzubieten", sagt der für das Privatkundengeschäft verantwortliche Peter König. Auch sehr vermögende Privatkunden interessieren sich hier vermehrt für nachhaltige Investments. Um den Bereich Wealth Management kümmert sich Sabine Niemeyer. Ihr Vorgänger Martin Klinkhammer hat sich im April in den Ruhestand verabschiedet.

Um den Menschen in der Ukraine zu helfen, sammelte die Belegschaft am Domshof auch Sachspenden: 40 Umzugskartons gingen als Unterstützung in die Ukraine.

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