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Freigrenzen hochgesetzt OLB will weniger Negativzinsen erheben

Kunden der Oldenburgischen Landesbank sollen ab sofort erst bei höheren Beträgen auf ihrem Konto Negativzinsen zahlen. Das Geldinstitut hofft auf diese Weise auch auf Neukunden.
21.04.2022, 12:36 Uhr
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OLB will weniger Negativzinsen erheben
Von Florian Schwiegershausen

Gegen den derzeitigen Trend will die Oldenburgische Landesbank (OLB) von ihren Kunden weniger Negativzinsen kassieren. Ab sofort will sie die Freibeträge erhöhen, für die sie kein "Verwahrentgelt" verlangt, wie es im Bankendeutsch heißt. So will das Geldinstitut für bestimmte Kontenmodelle die Entgeltgrenzen verfünffachen und verzehnfachen: So sollen bei den Girokonto-Modellen L und XL die Freigrenzen auf 2,5 Millionen Euro beziehungsweise auf fünf Millionen Euro steigen.

OLB-Vorstandsmitglied Aytac Aydin wirbt geradezu: „Gegen den Trend in der Finanzbranche sind unsere Kunden wie auch potenzielle Neukunden bei uns mit ihren Einlagen sehr willkommen.“ Beim Tagesgeld klettert die Freigrenze von bisher 100.000 Euro auf 500.000 Euro. Außerdem bietet die OLB für private und gewerbliche Kunden wieder klassische Festgelder mit einer Laufzeit von bis zu fünf Jahren an. Nach eigenen Angaben will das Bankhaus mit diesen Schritten die Kunden und Neukunden bereits jetzt von den Aussichten am Zinsmarkt profitieren lassen, "wo sich allmählich eine Zeitenwende hin zu erfreulicheren Zinssätzen abzeichnet".

Ziehen andere Banken nach? Sebastian Schick, Redaktionsleiter beim Vergleichsportal biallo.de, sieht den Rückgang der Negativzinsen nur vereinzelt, allerdings sei der Trend zur weiteren Einführung gestoppt: „Im ersten Quartal 2021 waren es noch 110 Geldhäuser, die Negativzinsen einführten. Im ersten Quartal in diesem Jahr waren es noch 22, die neu hinzukamen. Damit sind es bundesweit nun 577 Banken und Sparkassen, die von ihren Privatkunden Negativzinsen verlangen.“ Dass die Geldinstitute da verhaltener geworden sind, begründet Schick mit der hohen Inflation. Da sei es auch schwieriger, dies den Kunden zu vermitteln.

Was ist von der Europäischen Zentralbank zu erwarten? Laut Schick sei davon auszugehen, dass die Europäische Zentralbank in diesem Jahr selbst die Verwahrentgelte zurücknehmen wird. Ob das in einem oder in zwei Schritten sei, bleibe abzuwarten: „Bei der Europäischen Zentralbank läuft ja im Juni das Anleihekaufprogramm aus, vielleicht erleben wir dann schon eine erste Bewegung bei den Entgelten, die die EZB für die Verwahrung der Gelder bei ihr verlangt“, sagt Schick.

Ist dies der erste Schritt zur Trendwende? Finanzwissenschaftler Lars Hornuf von der Bremer Universität sieht Gründe für die Entwicklung in der derzeitigen Marktsituation: "Aufgrund der anhaltenden Inflation gehen die Märkte davon aus, dass auch die Europäische Zentralbank bald die Zinsen anhebt. Andere Notenbanken wie die amerikanische Federal Reserve haben damit bereits begonnen." Bei der EZB  verweist er ebenso darauf, dass deren Anleihekaufprogramme bereits auslaufen. Bei der Kreditvergabe der Banken gebe es schon lange keine Finanzierung mehr mit einer Null vor dem Komma. Wahrscheinlich werde die Immobilienfinanzierung bald eine Drei vor dem Komma sehen, wenn das nicht bereits bei einigen Banken der Fall sei. "Wenn sich das makroökonomische Klima weg vom Negativzins dreht, dann ist es in einem Wettbewerbsmarkt nur konsequent, dass auch die Verwahrentgelte wieder zurückgenommen werden. Die OLB scheint das frühzeitig erkannt zu haben", stellt Hornuf abschließend fest.

Wofür brauchen die Banken das Geld? Die OLB nutzt insbesondere die Kundeneinlagen zur Refinanzierung der ausgegebenen Kredite. Bis Ende des vergangenen Jahres verzeichnete die OLB einen Anstieg des Kreditvolumens auf 17 Milliarden Euro. 2020 waren es 15,5 Milliarden Euro. Die Kundeneinlagen stiegen zum selben Stichtag gegenüber dem Vorjahr um 1,1 Milliarden Euro auf 14,1 Milliarden Euro. Auch hier sieht Sebastian Schick von biallo.de einen Grund für das Ende vieler Negativzinsen: Denn aufgrund der Basel-III-Vorschriften müssen die Banken und Sparkassen ihre Eigenkapitalquoten erhöhen. Außerdem steigen die Anforderungen an die Kreditrisiken.

Um die Eigenkapitalquote zu stärken, warb im vergangenen Jahr die Bremische Volksbank aktiv um Neu- und Bestandskunden, die sich mit Genossenschaftsanteilen am Geschäft beteiligen sollten. Jeder konnte bis zu 50.000 Euro investieren. Im Gegenzug wurde ihnen eine Dividende von zwei Prozent in Aussicht gestellt. Auf diese Weise sammelte das Geldinstitut 21 Millionen Euro ein, um damit ebenfalls das Kreditgeschäft auszubauen.

Welchen speziellen Grund gibt es bei der OLB? Die Besitzer der OLB, unter anderem der US-Finanzinvestor Apollo, wollen die Bank im kommenden Jahr an die Börse bringen. Laut Bloomberg sind die Deutsche Bank, Goldman Sachs und die UBS damit beauftragt, einen solchen Börsengang auszuloten. Der Bremer Wirtschaftswissenschaftler Rudolf Hickel sagte: "Durch diesen Schritt mit den Negativzinsen wird die Bank bundesweit Neukunden hinzugewinnen – also nicht nur in ihrem Kernverbreitungsgebiet. Damit wird ein weiteres Mal die Braut hübsch gemacht für den Börsengang." Hickel rechnet aber nicht damit, dass die EZB noch in diesem Jahr die Strafzinsen für Einlagen abschaffen wird.

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