Im vergangenen Jahr haben die Menschen in Deutschland besonders viel Geld angespart, doch das kann sich bei großen Beträgen zunehmend als Minusgeschäft erweisen. Insgesamt 197 Banken und Sparkassen verlangen bei Privatkunden nach einer Auswertung des Vergleichsportals Verivox inzwischen Negativzinsen. Zum Jahreswechsel führten demnach 24 Kreditinstitute ein Verwahrentgelt ein oder verschärften bestehende Regelungen.
In Bremen und der Region haben Banken schon vor längerer Zeit Negativzinsen eingeführt. Die OLB und auch die Bremische Volksbank gingen diesen Schritt Anfang 2020. „Aus Sicht der Bank ist die Resonanz positiv“, sagt der Vorstand der Volksbank, Ulf Brothuhn. Es geht um Guthaben von mehr als 100.000 Euro. Jeder betroffene Kunde werde individuell angesprochen. Um die 98 Prozent hätten im Anschluss eine entsprechende Vereinbarung unterschrieben und die Negativzinsen damit akzeptiert. Wobei diese laut Brothuhn aus Kundenperspektive natürlich weiter problematisch sind: „Das kann ich verstehen. Wir werden in Europa aber noch über die nächsten Jahre mit der Niedrigzinspolitik leben müssen.“
Geschäftsbanken müssen derzeit 0,5 Prozent zahlen, wenn sie überschüssige Gelder bei der Europäischen Zentralbank (EZB) parken. Auch wenn es inzwischen Freibeträge für bestimmte Summen gibt, klagt die Branche über eine Milliardenbelastung. Die Kosten geben immer mehr Geldhäuser ganz oder teilweise weiter und berechnen Kunden Negativzinsen.
Auf absehbare Zeit keine höheren Zinsen
„Die Negativzinswelle rollt mit unverminderter Wucht über das Land“, analysiert Oliver Maier, Geschäftsführer beim Verivox Finanzvergleich. Nach dem historischen Konjunktureinbruch im Zuge der Pandemie seien höhere Zinsen auf absehbare Zeit kein Thema. „In den kommenden Wochen und Monaten dürften viele weitere Banken Negativzinsen einführen.“ Das Vergleichsportal wertete die im Internet veröffentlichten Preisaushänge von etwa 800 Banken und Sparkassen aus.
Die Sparkasse Bremen hat ihren Kurs noch nicht verändert. Individuelle Vereinbarungen trifft sie bei Firmenkunden mit hohen Summen auf Giro- oder Tagesgeldkonto. Privatkunden zahlen keine Negativzinsen. Garantien für die Zukunft könne man aber nicht geben, teilt Sprecherin Nicola Oppermann mit, weil man nicht wisse, wohin sich die Geldpolitik der EZB weiter entwickele. Die NordLB hält es ähnlich. „Im Privatkundenbereich einschließlich Private Banking werden von der NordLB weiterhin keine Negativzinsen berechnet“, so Sprecher Thomas Klodt. „Das gilt auch für kleinere Firmen- und Gewerbekunden.“ Für Großkunden gibt es auch hier individuelle Lösungen.
Aus Sorge vor Kurzarbeit oder Arbeitslosigkeit hielten derweil viele Menschen ihr Geld im Krisenjahr zusammen, zudem bremsten die Schließungen im Einzelhandel den Konsum. Die DZ Bank geht für das Jahr von einer Sparquote auf Rekordniveau bei 16 Prozent aus, der Bankenverband BVR hatte Anfang Dezember einen Wert von rund 17 Prozent prognostiziert. Auf Jahressicht legten die Haushalte in Deutschland demzufolge von 100 Euro verfügbarem Einkommen 16 beziehungsweise 17 Euro auf die hohe Kante. „Allerdings blieben die Mittel größtenteils einfach auf den Girokonten stehen und wurden nicht angelegt“, schrieb DZ-Bank-Ökonom Michael Stappel jüngst. Im Zinstief wüssten viele „nicht wohin mit frei werdenden oder neuen Anlagemitteln“.
Die Bremische Volksbank hat ebenfalls beobachtet, dass im vergangenen Jahr mehr gespart wurde, sagt Vorstand Brothuhn. Im Zuge der Gespräche zu den Negativzinsen, die auch wegen der Pandemie noch nicht alle abgeschlossen sind, seien einige Kunden aber bereit gewesen, als Alternative eine andere Anlageform zu wählen. Nur ein Teil der Kunden – Großanleger insbesondere – habe das Geld als Reaktion woandershin verlagert.