Die Bremer FDP-Fraktion möchte das Gesetz zur Förderung des Mittelstands reformieren. Den Antrag dazu wird sie diese Woche in die Bremische Bürgerschaft einbringen. Der Partei schwebt ein Modell vor, wie es in Nordrhein-Westfalen bereits während der rot-grünen Landesregierung der damaligen Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) umgesetzt wurde.
Dort gibt es einen Mittelstandsbeirat und eine Clearingstelle. Der Beirat tagt zweimal im Jahr mit Beteiligung des Wirtschaftsministers Andreas Pinkwart (FDP) und berät die NRW-Landesregierung. Dem Gremium gehören zwölf Mitglieder an, darunter Vertreter des Arbeitgeberverbands Unternehmer.NRW, der Industrie- und Handelskammern, der Handwerkskammer und des Deutschen Gewerkschaftsbunds.
Die Clearingstelle soll bei anstehenden Gesetzen die Auswirkungen bewerten und entsprechend Einfluss nehmen – und das bereits vor der Beschlussfassung. Die Bremer FDP-Fraktionsvorsitzende Lencke Wischhusen sieht es von hoher Bedeutung an, gerade jetzt in dieser Corona-Pandemie den Mittelstand zu entlasten und zu unterstützen: „Der Mittelstandsbeirat mit der Clearingstelle und dem Clearingverfahren bietet dafür eine hervorragende Plattform und sorgt für eine Wertschätzung, die es so in Bremen noch nicht gab. Die Diversität der Gesprächspartner wird für einen echten Mehrwert auf allen Seiten sorgen.“
Der Verband Unternehmer.NRW hat mit diesem Gremium positive Erfahrungen gemacht, wie es Sprecher Hubertus Engemann dem WESER-KURIER sagt: „Mittelstandsbeirat und Clearingstelle sind wie siamesische Zwillinge. Im Clearing-Verfahren geht es darum, die Gesetze auf Mittelstandstauglichkeit zu überprüfen.“ Der Mittelstandsbeirat ist dabei ein beratendes Gremium mit Unternehmer. NRW-Präsident Arndt G. Kirchhoff als Vorsitzendem.
Laut Engemann unterlaufen die Gesetze hier einem Praxistest: „Außerdem haben die Mitglieder den Minister für sich, und dieses Gremium ist fest verankert. Damit ist das in NRW institutionalisiert. Wir sind in den Prozessen drin und geben Stellungnahmen ab. Dass das so ist, ist also gesetzlich verankert und dadurch verbindlicher.“ Das sei eben bei informellen Gesprächen nicht der Fall.
Bei Handwerk.NRW, der Dachorganisation der NRW-Handwerkskammern, sieht man den Mittelstandsbeirat als nicht mehr weg zu denkende ordnungspolitische Instanz. Eine Einschränkung macht Sprecher Alexander Konrad allerdings: „Da der Mittelstandsbeirat zuletzt oft mit Bundesangelegenheiten befasst wurde, weniger jedoch mit originären Landesthemen, wirbt das Handwerk und die gesamte Clearingstelle sehr nachdrücklich dafür, ein Initiativrecht einzuführen, auf dessen Grundlage die Clearingstelle auch von sich aus Landesnormen überprüfen kann.“
Bremens DGB-Chefin Annette Düring steht einem Mittelstandsbeirat kritisch gegenüber. Sie sagte dem WESER-KURIER: „Wir brauchen solche Gremien nicht, weil wir in Bremen schon ganz gute Gremien haben, wo man das thematisch angehen kann. Und da kommt der Mittelstand auch nicht zu kurz. Die großen Unternehmen helfen sich sowieso selbst.“ Düring sieht hier den Unterschied zwischen dem Stadtstaat Bremen und dem Flächenland NRW: „Dort kann das hilfreich sein.“ Die Bremer DGB-Chefin könnte sich aber vorstellen, ob man das an ein bestehendes Gremium andocken könnte.
Bei der Handelskammer Bremen begrüßt man die Idee grundsätzlich. Frank Thoss, Innovationsgeschäftsführer bei der Handelskammer, sagt: „Eigentlich werden ja in Bremen die Auswirkungen auf den Mittelstand überprüft. Die werden also geprüft, aber mir ist da kein Fall bekannt, bei dem etwas rausgekommen ist.“ Daher sieht er in Bremens bestehendem Mittelstandsförderungsgesetz kein scharfes Schwert. „Daher würde ein solcher Beirat oder eine solche Clearingstelle durchaus eine Verbesserung bringen. Wenn man allerdings eine solche weitere Stelle schafft, dann sollte das auch wirklich Auswirkungen haben, damit es nicht ein weiterer Papiertiger ist“, fügt Thoss an.