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Forschung am Zarm Wie die Mayonnaise cremig wird

Kein Tropfen ist so klein, dass er nicht noch kleiner werden könnte. Das haben Forscher am Bremer Zarm herausgefunden. Die Erkenntnis hat praktische Konsequenzen - zum Beispiel beim Herstellen von Mayonnaise.
16.12.2022, 20:00 Uhr
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Wie die Mayonnaise cremig wird
Von Christoph Barth

Wer jemals Eigelb und Öl zu einer Mayonnaise verrührt hat, kennt das Problem: Manche Flüssigkeiten wollen sich einfach nicht vermischen. Auch Wissenschaftler sind diesem Phänomen seit langem auf der Spur, weil es nicht nur bei der Mayonnaise auftritt, sondern in vielen technischen Prozessen wie etwa der Herstellung von Kosmetika, Medikamenten oder Lebensmitteln. Auch am Zentrum für angewandte Raumfahrttechnologie und Mikrogravitation (Zarm) an der Universität Bremen hat man sich mit dieser Frage beschäftigt.

Bekannt und weithin sichtbar ist das Zarm vor allem wegen seines Fallturms, in dem die Forscher mit kleinen Kapseln in Schwerelosigkeit experimentieren. Aber nicht alles, was die Wissenschaftler interessiert, lassen sie vom Turm herunterfallen. Manches lässt sich auch am Computer simulieren. Zum Beispiel das Anrühren von Mayonnaise. Physikalisch ausgedrückt ist diese Küchenarbeit nichts anderes als der Zerfall von Tropfen in einer turbulenten Strömung. Die Zarm-Wissenschaftler haben jetzt einen Computercode entwickelt, der exakte Vorhersagen über diesen Vorgang ermöglicht. Ihre Ergebnisse haben sie gerade im Fachmagazin "Science Advances" veröffentlicht. Ein bisschen waren sie selbst davon überrascht: Es gibt keinen Zeitpunkt, an dem Flüssigkeitstropfen nicht weiter in noch kleinere Tropfen zerfallen können.

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Der Zerfall von Tropfen und Blasen durch Verwirbelungen in Turbulenzen kommt im Alltag häufig vor: Er tritt beim Duschen auf, bei der Pflege der Zimmerpflanze mit dem Wasserzerstäuber und in der Meeresbrandung. Oder eben bei der Herstellung einer Emulsion, zum Beispiel  in der Kosmetik-, Pharma- oder Lebensmittelindustrie."Einige Flüssigkeiten wie Öl und Wasser lassen sich nicht vermischen", erklärt Alberto Vela-Martín, der sich am Zarm mit der Computermodellierung von Flüssigkeiten befasst. "Aber manchmal möchte man es eben so aussehen lassen, als seien sie vermischt." Schüttelt man etwa ein Gefäß mit Wasser und Öl, zerfällt das Öl in kleine Tröpfchen, die sich im Wasser verteilen, ohne sich wirklich mit diesem zu mischen. "Das nennt man eine Emulsion", sagt Vela-Martín.

Auch eine Mayonnaise ist, physikalisch betrachtet, eine Emulsion. Aber wie lange muss man rühren, damit das Ergebnis von ausreichend cremiger Konsistenz ist? Um diese Frage zu beantworten, muss man sich die Tröpfchen genauer ansehen.  Wann zerfallen sie tatsächlich in kleinere Teile? Und sind sie irgendwann so klein, dass sie sich nicht noch weiter aufspalten können?

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Bislang wurden diese Fragen vor allem in Experimenten untersucht. Aber die Verfolgung von Tropfen in einer turbulenten Umgebung ist äußerst schwierig. Außerdem ist eine große Menge an Messdaten erforderlich, um zuverlässige Aussagen über den Aufspaltungsprozess zu treffen. Vela-Martín hat diese Vorgänge deshalb am Computer simuliert und die Versuche nachgestellt. "Vier Jahre lang haben wir an einer Simulation gearbeitet, die eine Lücke schließt, weil sie experimentell nicht weiter erforschbar war", so Vela-Martín. Die Investition habe sich mehr als gelohnt: "Denn unser Forschungsergebnis bedeutet tatsächlich ein Umdenken auf dem Fachgebiet der Strömungsmechanik."

Der neue Computercode sei in der Lage, Tausende von Versuchsszenarien für das Aufbrechen von Tropfen zu simulieren, versichert das Zarm. Wichtigste Erkenntnis: Der Teilungsprozess der Tropfen geht nie zu Ende. "Bislang glaubte man, dass die Tropfen in einer Emulsion immer kleiner werden und dass dieser Fragmentierungsprozess irgendwann stoppen würde, sobald der Durchmesser der Tropfen ein gewisses Maß unterschreitet", erläutert Vela-Martín."Wir haben herausgefunden, dass das nicht stimmt: Die Tropfen können immer weiter zerbrechen, auch wenn das dann immer länger dauert."

Für die Herstellung einer Emusion bedeutet das: Weiterrühren lohnt sich. Auch bei einer Mayonnaise: Je länger man sie rührt, desto cremiger wird sie – man braucht nur sehr viel Geduld.

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