Christiane Heinicke steht vor vielen großen Problemen. Wie schützt sie die Bewohner vor der kosmischen Strahlung? Welchen Druck müssen die Gebäude aushalten? Und was, wenn mal ein Feuer ausbricht? In Heinickes Job geht es um Leben und Tod. Sie entwirft und baut Wohnraum für künftige Mond- und Marsmissionen. Als wäre das nicht genug, arbeitet sie auch noch an der Lösung eines anderen Problems: mehr Frauen in die Raumfahrt zu bringen.
Zusammen mit anderen Frauen ist sie daher ab diesem Donnerstag im Universum zu sehen, denn Heinicke ist Teil einer Fotoausstellung. „Space Girls Space Women“ will zeigen, dass Raumfahrt nicht nur von Männern gemacht wird. Auf der ganzen Welt gibt es Frauen, die Satelliten bauen, Raketen konstruieren, das All erforschen oder selbst in den Kosmos fliegen.
Auf 24 Porträts werden daher Schülerinnen, Studentinnen und Expertinnen vorgestellt, die sich mit Raumfahrt beschäftigen und durch ihre Arbeit die Branche voranbringen. Zusätzlich wurden sieben Frauen aus der Hansestadt porträtiert. Heinicke ist eine von ihnen. „Mädchen brauchen Vorbilder“, sagt sie. So könnten sie für die Raumfahrt oder andere technische und naturwissenschaftliche Berufe begeistert werden.
Eher Zufall als ein besonderer Wunsch
Sich selbst sieht die 32-Jährige aber nicht als Vorbild – auch wenn sie schon einiges erreicht hat. Zwischen August 2015 bis August 2016 hat sie an einem besonderen Forschungsprojekt teilgenommen: Auf Hawaii hat sie in einem abgeschotteten Habitat gelebt und simuliert, wie das Leben in einer Siedlung auf dem Mars sein könnte. Mit fünf anderen Wissenschaftlern hat Heinicke ein Jahr lang auf engstem Raum verbracht, zur Außenwelt nur über das Internet Kontakt gehabt und die karge Umgebung des Habitats immer mit einem Raumanzug erkundet.
Die Erfahrungen, die sie dort gesammelt hat, helfen ihr nun bei ihrem aktuellen Projekt: Seit Oktober leitet sie am Bremer Zentrum für angewandte Raumfahrttechnologie und Mikrogravitation (Zarm) das Projekt Mamba (Moon and Mars Base Analog). Hier geht es um nichts weniger, als Behausungen und Arbeitsstätten für eine menschliche Siedlung auf Mond oder Mars zu konstruieren. Momentan entwickelt sie mit ihrem Team ein Labormodul, in dem künftig etwa fünf Wissenschaftler arbeiten sollen.
Dass sie irgendwann mal in der Raumfahrt arbeitet, war für Heinicke nie ein besonderer Wunsch, eher Zufall. „Ich habe mich einfach früh für Zahlen interessiert“, sagt sie heute. Vielen Schülerinnen fehle das, denn oft würde in Schulen oder im Elternhaus das Klischee bedient, das Mädchen und Mathematik nicht zusammenpassten.
Bei Heinicke war das anders. Nach der Schule hat sie Physik und Geophysik studiert, dann in Strömungsmechanik promoviert. In all der Zeit seien immer mehr Männer als Frauen an der Uni und im Beruf um sie gewesen. Auch beim Zarm ist das noch heute so. „Irgendwann habe ich mich aber daran gewöhnt“, sagt die Wissenschaftlerin. Und bis auf ganz wenige doofe Sprüche sei das Geschlechterverhältnis nie ein Problem gewesen.
Trotzdem ist es ihr wichtig zu zeigen, dass technische Berufe keine reine Männerdomäne sind – auch wenn es manchmal den Eindruck macht. So liegt in Bremen der Frauenanteil in der Raumfahrt bei etwa 20 Prozent. Von den insgesamt 12.000 Beschäftigten bei großen Industriekonzernen, Mittelständlern und Forschungsinstituten sind 2400 Frauen. Auch Tra-Mi Ho ist eine von ihnen.
Die 44-Jähirge arbeitet am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und leitet ein Projekt, das in diesem Oktober seinen Höhenpunkt haben wird. Dann wird der Asteroidenlander Mascot (Mobile Asteroid Surface Scout) sein Ziel erreichen. Auf den ersten Blick ist Mascot nichts anderes als eine glänzende Box, wenig größer als ein Schuhkarton. Für Ho sind es aber viele Jahre Arbeit. Als die Rakete mit dem Asteroidenlander an Bord 2014 gestartet ist, steckten schon drei Jahre in dem Forschungsinstrument des DLR. Diesen Herbst soll es auf dem Asteroiden 1999 JU 3 abgesetzt werden und die Oberfläche des Himmelskörpers untersuchen.
Das ist keine einfache Mission, sagt Ho. Und auch wenn noch viel für das Mascot-Projekt gemacht werden muss, ist die Physikerin froh, neben Heinicke und den anderen Frauen ein Teil der Ausstellung im Universum zu sein. Sie selbst wurde für ihr Studium begeistert, weil sei andere Leute getroffen hat, die von der Physik fasziniert waren. Das möchte sie gerne an die nächste Generation weitergeben. „Ich will zeigen, dass man sich keine Grenzen setzen lassen soll“, sagt Ho. Das gilt für Forscher, aber auch für Mädchen und Frau.