Man nehme beste natürliche Zutaten in Bio-Qualität, möglichst aus lokaler Produktion, und verarbeite sie vor Ort zu ehrlichen und kreativen Kompositionen: So lautet, kurz gesagt, die Rezeptur für Guteseis. Übrigens kein Tippfehler, sondern der Markenname einer kleinen, feinen echt Bremer Eismanufaktur. So fein, wie sie jetzt sind, sollen die Produkte des jungen Unternehmens auf jeden Fall bleiben. Aber die Firma dahinter nicht mehr ganz so klein. Dafür ist Gründer Nils Schröder eine Partnerschaft mit dem Lebensmittelunternehmen Fresh4You eingegangen, das ordentlich ins Wachstum investiert. Ende des Jahres wird die Eismanufaktur nach Hemelingen ziehen, um ihre Kapazitäten deutlich zu steigern. Denn wie man hört, leckt man sich bereits in Dubai die Finger nach den Bremer Eisspezialitäten.
Konzept, Rezepturen und den unprätentiösen Markennamen hat sich Nils Schröder ausgedacht. Bis vor einigen Jahren hat ihn fürs Eismachen höchstens die Tatsache qualifiziert, dass er selbst gutes Eis so gerne mag. Ursprünglich waren es die Kreationen aus der Oytener Eisdiele seines Kumpels Pablo. „Ich sagte ihm: „Dein Eis ist so lecker, das können wir doch verpacken“, erzählt der 42-jährige Betriebswirt. Der Profi musste dem enthusiastischen Freund erst einmal den Wind aus den Segeln nehmen. So einfach sei das nicht. Um das frische und handwerklich produzierte Eis in Portionspackungen unter die Leute zu bringen, hätte man es mit allen möglichen Konservierungs- und Zusatzstoffen haltbar machen und damit die Rezepturen bis zur Unkenntlichkeit verändern müssen. Die Idee war passé.
„Aber der Gedanke ließ mich nicht mehr los“, sagt Schröder. Monatelang habe er in seiner Freizeit recherchiert und experimentiert, einen Eismacher-Lehrgang absolviert. Im Rahmen der Bremen Foodpioniere-Messe im Herbst 2019 stachen die Kreationen des Amateurs unter vielen anderen Start-ups der Lebensmittelbranche hervor. Schröder schloss sie mit dem ersten Preis ab. Das Feedback gab ihm den nötigen Auftrieb. „Danach sagte ich mir: Kann man machen“, bemerkt er trocken. Gründungsdatum für Guteseis war im Februar 2020, Produktionsstätte die erste kleine Eismaschine als Untermieter im Speicherhof, kurz darauf folgte ein Umzug an die Schwachhauser Heerstraße.
Rund ein Dutzend Sorten Milcheis und Sorbets sind im Programm, manche davon nur saisonal. Milch und Sahne für das gute Eis kommen aus einer Lilienthaler Biomolkerei. Die Bio-Erdbeeren im Becher „Frische Erdbeere“ werden auf einem Feld im Landkreis Verden gepflückt, die Produktion beginnt jährlich zur Erdbeerzeit und läuft, bis alles aufgegessen ist. Gesüßt wird mit Rübenzucker aus Süddeutschland. Bio-zertifiziert sind auch die Zutaten, die nicht in hiesigen Breiten wachsen, wie Pistazien, Tonka-Bohnen, Kardamom und Zimt. Die Premium-Kuvertüre stammt aus fairem Handel. Mandelkrokant, Butterkaramell und Vanillepaste werden selbst gemacht. „Farbstoffe, Konservierungsstoffe und Geschmacksverstärker brauchen wir nicht“, sagt Schröder.
Als Zielgruppe hatte der Jungunternehmer die Bremer Gastronomie im Blick. Der Corona-Lockdown brachte ihn aus dem Konzept. „Notgedrungen habe ich an den Türen der Supermärkte geklopft und gefragt: Geht da was?“ Oft rannte er offene Türen ein – vor allem bei denjenigen, die gerne Regionales und Lokales in ihren Sortimenten präsentieren. Mit seinem Bremer Bio-Eis gewann er im Laufe der Zeit auch viele Hofläden in Bremen und in der Region als Kunden, die Kantinen diverser Unternehmen, sowie die Küchen zahlreicher Kindertagesstätten, die den Kleinen einmal im Monat, so Schröder, „Bio-Eis statt Flutschfinger“ bieten wollten. „Ich habe unheimlich viele Klinken geputzt“, erzählt er.
Vor zwei Jahren nahm das Lebensmittelunternehmen Fresh4You das Eis in sein Sortiment auf. Man verstand sich gut, 2024 zog die Eismanufaktur unters Dach der Brüder Karakaya in der Spezialitätenhalle im Großmarkt. im vergangenen Jahr kam das Angebot, „lass uns mal schnacken“, erzählt Schröder. Anfang des Jahres wurde Guteseis dann offiziell eine Tochter von Fresh4You. „Die Partnerschaft machte Sinn“, so der Gründer. „Ich kann nicht alles alleine können. Will ich auch nicht.“
Fresh4You plant Vermarktung in ganz Europa und darüber hinaus
Die Wurzeln von Fresh4You gehen 45 Jahre zurück. Die Brüder Veli, Vahit und Vehbi Karakaya erzählen, dass sie zwischen Lebensmitteln groß geworden sind. Im Jahr 1980 eröffnete Vater Ramazan seinen Feinkostladen in Delmenhorst, acht Jahre danach folgte der Umzug nach Kirchhuchting. Nicht nur dort fand man großen Geschmack an den mediterranen Spezialitäten, vieles davon frisch vor Ort zubereitet. „Wir hatten auch viele Kunden von außerhalb“, erzählt Vehbi, der mittlere des Brüdertrios. Der Laden lief gut und hätte vielleicht auch ewig weiterlaufen können. „Aber mir reichte das nicht“, erklärt der 52-Jährige. „Ich wollte nicht mein Leben lang hinterm Tresen stehen.“
Kurz nach der Jahrtausendwende machte er sich mit seinem kleinen Lebensmittelgroßhandel selbstständig, der wuchs und 2015 in die 500-Quadratmeter Halle auf dem Großmarkt-Gelände zog. Fresh4You handelt mit den Großen: Die Küchen von Gastronomie, Unternehmen, Schulen, Kitas, Senioren- und Wohnheimen werden mit frischen Früchten und Gemüse sowie küchenfertigen „Ready Cuts“ und Salaten beliefert. „Das Eis passte super zu uns“, sagt der Jüngste der drei Brüder.
Den Gründer stört es überhaupt nicht, dass er selbst nun formal nicht mehr Chef, sondern Mitarbeiter seines Unternehmens ist. Er weiß es in guten Händen. Die Brüder Karakaya machen keinen Hehl aus ihrer Begeisterung für das Produkt, das künftig in den Zuständigkeitsbereich von Bruder Vahit fallen soll. „Das schmeckt einfach super!“, schwärmt er. Bei der Qualität der Zutaten würden keine Kompromisse gemacht, gespart werde auch nicht an den plastikfreien Bechern mit ihren kleinen Holzlöffeln. „Alles bleibt, wie es ist“, betont Schröder, der sich in seinem Wirtschaftsstudium auf nachhaltige Themen spezialisiert hatte.
Geschäftsführer Veli Karakaya, der Älteste der drei, hat seinen beruflichen und privaten Lebensmittelpunkt schon seit Jahrzehnten in Berlin, und ist als Präsident des Netzwerks deutsch-türkischer Unternehmer (NETU) hervorragend vernetzt. „Wir wollen damit bundes- und europaweit auf den Markt gehen“, kündigt er an. In der Türkei habe man bereits großes Interesse angemeldet („Bio und Made in Germany läuft dort sehr gut“) und seine Geschäftspartner in Dubai seien geradewegs verrückt nach dem Bio-Eis aus Deutschland. „Zurzeit gehen wir aber gar nicht auf Kundenakquise. Wir kommen mit der Produktion nicht hinterher“, erklärt Veli Karakaya. Im Großmarkt können maximal 700 Kilogramm pro Tag produziert werden. Die neue Halle an der Europaallee wird auf eine Kapazität von bis zu zehn täglichen Tonnen ausgelegt. „Zusammen werden wir das Produkt aufs nächste Level bringen“, sagt Schröder. „Das ist doch megamäßig cool!“