Viele Bauern haben es dem Deutschen Milchkontor übel genommen, dass sie die letzten Jahre so wenig Geld für ihre Milch bekommen haben. Die Folge: Zahlreiche Bauern kündigten ihre Verträge.
Mit dem neuen Jahr kamen auch die guten Nachrichten. Der Aufwärtstrend der vergangenen Monate soll sich auch 2017 fortsetzen, die Milch soll teurer werden. Eine wichtige Botschaft vor allem für die Bauern, deren Existenz von dem abhängt, was die Kunden für Milch im Supermarkt ausgeben.
Doch jetzt zeigt sich ein anderes Problem: Offensichtlich haben es viele Landwirte Deutschlands größter Molkerei, dem Deutschen Milchkontor (DMK) mit Hauptsitz in Bremen, übel genommen, dass diese in den vergangenen Jahren sehr wenig Geld für die Milch ihrer Kühe bekommen haben.
1,7 Milliarden Kilogramm Milch können verloren gehen
Die Folge: Zahlreiche Bauern haben ihre Verträge mit dem DMK vorsorglich gekündigt. Die Kündigungsfrist liegt bei zwei Jahren. Bis Ende 2018 könnte die Molkerei dadurch 1,7 Milliarden Kilogramm Milch verlieren, ein Viertel der jährlich verarbeiteten Menge von 6,7 Milliarden Kilogramm. Das bestätigt DMK-Sprecher Hermann Cordes.
Von wie vielen Höfen diese Milchmenge stammt, könne derzeit noch nicht gesagt werden. „Wir sprechen hier aber sowohl vom kleinen Hof mit zwölf Kühen als auch von größeren Betrieben“, sagt Cordes. „Wir bemühen uns um jeden Milchbauern.“ Man wolle das verloren gegangene Vertrauen zurückgewinnen und mit den Betrieben über eine Rücknahme der Kündigung sprechen.
In diesem Jahr will das DMK insgesamt 35 Regionalveranstaltungen für die Landwirte ausrichten, um über die aktuelle Situation auf dem Milchmarkt, vor allem aber über die Strategie des Unternehmens zu informieren. Unter anderem sollen bis Ende des Jahres zahlreiche Stellen beim DMK abgebaut werden.
Verspätete Reaktion auf die Milchpreise der vergangenen Jahre
Die Kündigungen der Milchbauern dürften zu einem gewissen Teil eine verspätete Reaktion auf die Milchpreise der vergangenen Jahre sein. Eine Absatzschwäche in China und die gegenseitige Belegung mit Sanktionen von Russland und dem Westen haben zu einer Krise am weltweiten Milchmarkt geführt. Das hat auch das DMK zu spüren bekommen.
Das Unternehmen war besonderes in der Kritik, weil es im Vergleich zu den anderen deutschen Molkereien ein geringes Milchgeld bezahlt hat – so heißt die Zahlung, die die Bauern für ihre Milchlieferungen bekommen. Zwischenzeitlich lag die Auszahlung bei 20 Cent pro Liter, zuletzt hatte das DMK den Betrag auf 30 Cent erhöht. Damit liegt das Milchkontor aber noch unter dem Bundesdurchschnitt, andere Molkereien zahlen mehr.
Cordes verweist auch darauf, dass Kündigungen von Bauern nicht ungewöhnlich sind. „Das ist ein ganz normales Geschäft“, sagt er. Manche Bauern würde zu anderen Molkereien wechseln, andere ihren Betrieb hingegen ganz aufgeben.
Das DMK wurde infrage gestellt
Infrage gestellt wurde das DMK außerdem von den Bauern, weil die Molkerei viele kleinere Konkurrenten übernommen hat – die Kosten für die Übernahmen mussten Landwirte über das Genossenschaftsmodell mittragen. Derzeit stehen keine weiteren Fusionen in Aussicht: „Wertschöpfung statt Wachstum heißt die Zukunft vom DMK“, sagt Cordes.
Man wolle nun die verringerte Milchmenge nicht mehr für Standard- und No-Name-Produkte einsetzen, sondern sich auf Markenartikel fokussieren. Zu DMK gehören unter anderem die Marken Milram und Osterland. Daraus soll eine höhere Wertschöpfung entstehen, die zu einem „wettbewerbsfähigen Milchgeld“ führen soll.
Die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (ABL) wertet die Kündigungen als Armutszeugnis für die Molkerei. ABL-Vertreter halten es für eine gute Idee, wenn sich die Landwirte, die ihre Verträge „gekündigt haben, in einer Erzeugergemeinschaft zusammenschließen. „Das DMK ist in Norddeutschland sehr dominant geworden, weil es in den letzten Jahren viele kleinere Werke übernommen hat“, sagt Ottmar Ilchmann, Landesvorsitzender der ABL Niedersachsen-Bremen.
Erzeugergemeinschaft für eine bessere Verhandlungsposition
„Eine Erzeugergemeinschaft ist nun die Möglichkeit, eine bessere Verhandlungsposition dem Milchkontor gegenüber zu bekommen.“ In Süddeutschland sei es schon längst üblich, dass sich Milchbauern zusammenschließen, um mit Molkereien zu verhandeln. Dass so viele Landwirte ihre Verträge gekündigt hätten, sei ein Zeichen dafür, wie hoch der Frust über das DMK sei.
Ob der Verlust der Milchmenge auch einen Einfluss auf die Kunden im Supermarkt haben kann, ist noch nicht klar. Regina Aschmann von der Verbraucherzentrale Bremen sieht aber bei vielen die Bereitschaft, mehr für Milchprodukte auszugeben. „Gute Lebensmittel haben ihren Preis“, sagt sie. Das hätten viele Kunden bereits akzeptiert, auch weil sie mitbekommen hätten, dass die niedrigen Preise die Landwirte in Bedrängnis brächten.
Verbraucher würden auch immer öfter zu Weidemilch oder ökologisch hergestellter Milch greifen – selbst wenn diese teurer ist. Aschmann erwartet auch, dass allein schon durch die allgemeine Preissteigerung am Milchmarkt auch im Supermarkt die Preise steigen werden.