Ilir Stublla hat es geschafft. Der Traum, eine Ausbildung als Maurer zu machen, ist in Erfüllung gegangen. Dabei wusste der 22-Jährige vor drei Jahren noch nicht einmal, was eine Ausbildung ist. Stublla ist als Geflüchteter aus dem Kosovo nach Deutschland gekommen. Seine Ziele: Deutsch lernen und arbeiten – Letzteres am liebsten auf dem Bau.
„Mein Opa und mein Vater waren beide Mauerer“, sagt er. Deswegen war es auch für ihn der Traumberuf. Als er in Deutschland angekommen war, hat ihm sein Nachbar, ein Zimmermann, erklärt, was eine duale Ausbildung ist und warum sie sinnvoll ist. Stublla hat das Konzept, das es so im Kosovo nicht gibt, gefallen. So sehr sogar, dass er vor zwei Jahren eine Ausbildung bei der Firma Kröger-Bau in Bremen-Nord begonnen hat.
Für viele Jugendliche wie Stublla ist ein Ausbildungsplatz ein großer Wunsch. Auch in diesem Jahr haben schon Tausende als Lehrling in einem Bremer Betrieb angefangen. Diese Zahlen stellte Joachim Ossmann, Chef der Agentur für Arbeit Bremen-Bremerhaven, am Donnerstag vor. Sein Appell lautete: „Auf dem Ausbildungsmarkt geht noch was.“
Den Mut nicht verlieren
Denn auch wenn zum 1. August bereits viele Ausbildungen begonnen hätten, könnten Jugendliche auch noch in den nächsten Monaten einsteigen. Nur weil sie bislang keinen Ausbildungsplatz gefunden hätten, dürften sie den Mut nicht verlieren. Insgesamt sind im aktuellen Ausbildungsjahr, das von Oktober bis September geht, der Agentur für Arbeit 4990 Ausbildungsplätze gemeldet worden.
Dem gegenüber standen 5404 Männer und Frauen, die eine Lehrstelle gesucht haben. Auch jetzt, Ende August, zeigt sich ein Überhang bei den Suchenden. Auf noch 1099 freie Ausbildungsplätze kommen 1234 Bewerber. Angesichts dieser Zahlen fordert Ossmann Jugendliche dazu auf, flexibler zu werden.
„Sie sollten sich nicht auf ihren Traumberuf fixieren“, sagte der Agenturchef. Auch andere Berufe könnten spannend und attraktiv sein. Diese Flexibilität forderte Ossmann aber auch von den Unternehmen ein. Sie dürften nicht mehr so wählerisch bei den Bewerbern sein. „Wenn jemand schlecht in der Berufsschule ist, hilft die Agentur für Arbeit gerne.“
Eine ähnliche Erfahrung hat auch Jan-Gerd Kröger gemacht. Der Präses der Handwerkskammer Bremen und Inhaber von Kröger-Bau wusste, dass Ilir Stublla noch Probleme mit der deutschen Sprache hat. Anstatt seine Bewerbung abzulehnen, hat er sich entschlossen, ihm nicht nur das Handwerk beizubringen, sondern auch beim Lernen der Sprache zu helfen. „Wenn jemand fleißig ist“, sagte Kröger, „ist es unsere Aufgabe, ihn beim Überwinden der Hürden zu unterstützen.“

Melanie Cordes und Ilir Stublla machen bei Kröger-Bau in Bremen-Nord eine Lehre als Maurer.
„Das Schlimmste ist, wenn Jugendliche ihre Laufbahn mit Arbeitslosigkeit beginnen“, sagt Agenturchef Ossmann. Das sieht auch Elke Hannack so. Die stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes sagte laut vorab verbreitetem Redemanuskript am Abend auf dem Sommerfest der Arbeitnehmerkammer, dass zu viele Jugendliche nicht am dualen Bildungssystem teilnehmen. „Noch immer bleiben rund 1,35 Millionen Menschen im Alter von 20 bis 29 Jahren ohne abgeschlossene Ausbildung. Unter dem Strich verlieren wir also Jahr für Jahr mehr als 130.000 junge Menschen auf dem Weg von der Schule in die Ausbildung.“
Die Grundlagen sind da
Ossmann machte aber auch darauf aufmerksam, dass die Arbeitslosenquote entgegen dem Bundestrend gesunken ist. Im August lag sie im Land Bremen bei 9,8 Prozent, ein Jahr zuvor waren es noch 10,2. Damit sei erstmals wieder die Marke von zehn Prozentpunkten unterschritten worden. Ein ähnliches Bild zeigt sich auch in Niedersachsen. Hier liegt die Quote für August bei 5,3 Prozent und damit nur 0,1 Prozentpunkt über dem Bundesdurchschnitt.
Zwar ist Bremen immer noch das Bundesland mit der höchsten Arbeitslosenquote. Laut Ossmann müsse man die Hansestadt wegen ihrer Eigenschaft als Stadtstaat eher mit anderen Städten als mit anderen Bundesländern vergleichen. Dann ergebe sich ein anderes Bild. So liegt die Arbeitslosenquote in Kiel bei 8,3 Prozent, in Hannover bei 8,1 und in Berlin bei 8,2. Anders hingegen Hamburg. „Mit 6,5 Prozent steht Hamburg deutlich besser da“, sagte Ossmann. „In diese Richtung wollen wir auch gehen.“
Die Grundlagen für diesen Weg seien laut Agenturchef da. „Die Zahl der offenen Stellen kennt nur eine Richtung: nach oben“, sagte Ossmann. Sie habe mit 8492 einen neuen Rekordwert erreicht. Das bedeute, dass die Chancen sehr gut seien, einen Job am Bremer Arbeitsmarkt zu finden. Das gelte auch für Langzeitarbeitslose. Gleichzeitig heißt es aber auch, dass es Firmen schwer haben, Mitarbeiter zu finden. Vor allem Fachkräfte seien nicht leicht zu finden. Das, so geht aus diversen Umfragen hervor, nehmen etliche Firmen als Geschäftsrisiko wahr.