Für viele Monate stand die Welt still. Hotels waren verwaist, Flugzeuge am Boden, Züge leer. Wo noch kurze Zeit zuvor Geschäftsreisende ein und aus gingen, war auf einmal nichts mehr. Erst langsam kehren Unternehmen wieder dazu zurück, Mitarbeiter auf Dienstreisen zu schicken. Auch, weil in vielen Ländern die Reisebeschränkungen gelockert wurden oder ganz gefallen sind. Eine Ausnahme sind da die USA. Und das wird zum Problem etlicher deutscher Firmen.
„Die USA sperren aktuell europäische Geschäftsreisende aus“, warnt Ulrich Ackermann, Leiter Außenwirtschaft beim Verband Deutscher Maschinen- und Anlagebau (VDMA). „Wir haben täglich bis zu zehn Anfragen von Unternehmen, wonach eine Reise zu den Kunden in die USA dringend geboten wäre“, sagte er der „Berliner Zeitung“.
In den allermeisten Fällen dürften diese Reisen aber nicht zustande kommen. Denn die USA haben nach wie vor strenge Regeln für die Einreise. So gilt: Wer sich innerhalb eines Zeitraums von 14 Tagen vor seinem Trip im Schengenraum aufgehalten hat, der ist nicht willkommen. Zwar gibt es die Möglichkeit, eine Ausnahme zu beantragen. „Uns ist aber kein Unternehmen bekannt, das mit seinem Antrag erfolgreich war“, sagt Torsten Grünewald, Referent im Geschäftsbereich International der Handelskammer Bremen.
Laut US-Botschaft sind Ausnahmen möglich, wenn es um die kritische Infrastruktur in den USA geht oder Fachkräfte zur Inbetriebnahme oder Wartung von Maschinen einreisen müssen. Aber auch nur dann, wenn es dabei um substanzielle Investitionen geht. Im Umkehrschluss bedeutet das: Ein Besuch beim Kunden oder der Auftritt auf einer Messe sind kein Grund für eine Ausnahme.
Davon betroffen ist unter anderem der Bremer Logistiker Röhlig: „Bei Röhlig pflegen wir einen partnerschaftlichen Umgang mit unseren Kunden. Dazu gehört auch, dass man sich regelmäßig trifft“, sagt Sprecherin Daniela Dethmann. Während der Pandemie halte man die Kontakte auf digitalen Wegen aufrecht. „Dennoch können wir es nicht erwarten, endlich wieder persönlich vor Ort zu sein“, sagt Dethmann. Das gelte auch für Treffen mit den eigenen Mitarbeitern. Denn Röhlig hat selbst zwölf Niederlassungen mit 180 Beschäftigten in den USA. „In unseren Augen sind persönliche Treffen von Angesicht zu Angesicht unersetzlich“, sagt die Unternehmenssprecherin. „Wir würden es begrüßen, wenn die USA die Einreisebeschränkungen so schnell wie möglich aufheben.“
Röhlig ist nicht die einzige Bremer Firma mit engen Beziehungen in die USA. „Mehr als 80 bremische Unternehmen sind mit eigener Niederlassung in den USA vertreten“, sagt Grünewald. Darunter seien Zulieferer der Automobilindustrie, Logistiker, Maschinen- und Anlagenbauer, Dienstleister- und Beratungsunternehmen, Luft- und Raumfahrtunternehmen, Großhändler oder auch Unternehmen aus der Lebensmittelindustrie, der Medizintechnik und den Erneuerbaren Energien. Anders herum haben mehr als 30 US-amerikanische Unternehmen ihren Sitz in der Hansestadt. Vor der Corona-Pandemie lag das Handelsvolumen bei etwa 5,5 Milliarden Euro.
Dass es den allermeisten Bremer Unternehmen unmöglich sei, in die USA zu reisen, hält Grünewald für gefährlich: „Darunter leidet nicht nur die Anbahnung neuer Geschäfte, sondern auch das Erbringen von wichtigen Dienstleistungen, wie etwa die Montage und Installation von Maschinen und Anlagen. Mitunter besteht dadurch auch die Gefahr, dass Bestandskunden aufgrund der Einreisebarrieren auf US-Unternehmen zurückgreifen und somit auf Sicht wichtige Aufträge an Mitbewerber verloren gehen.“
Auch die Mitarbeiter des Bremer Logistikers BLG sind regelmäßig in den Vereinigten Staaten, zudem beschäftigt das Unternehmen dort etwa 300 Menschen. „Reisen, um Kundentermine wahrzunehmen, die generelle Unternehmensstrategie zu überprüfen, operative Themen zu besprechen, aber auch ganz einfach um die Mitarbeiter zu sehen und mit ihnen direkt zu sprechen, sind notwendig“, sagt Sprecherin Viola Armbrecht. Pandemiebedingt habe man auf Online-Meetings umgeschwenkt und diese Arbeitsweise im Laufe der Zeit professionalisiert. „Dennoch stellen wir fest, dass besonders zwischenmenschliche Kontakte nicht komplett digital gepflegt werden können.“ Daher plant das Unternehmen, in der zweiten Augusthälfte die Reisetätigkeit generell wieder aufzunehmen – wenn auch langsam und immer mit Blick auf die Entwicklung der Pandemie.
Ähnlich problematisch ist die Lage bei Unternehmen, die Mitarbeiter nach China entsenden wollen. Laut Ackermann vom VDMA müssen diese Beschäftigten 14 Tage in eine staatliche Quarantäne, wenn sie in China einreisen. Die Unterkünfte, die den Geschäftsleuten zugewiesen würden, seien teils eng, ohne Balkon und komplett isoliert, sagte er der „Berliner Zeitung“. „Wir bekommen Berichte von Reisenden, die diesen Zustand an die Grenze des psychisch Erträglichen gebracht hat.“