Die US-amerikanische Konzernmutter will sich offenbar vom Bremer Unternehmen Gestra trennen. Entsprechende Informationen bestätigte der Betriebsrat dem WESER-KURIER.
Auch erste Verhandlungen mit Kaufinteressenten soll es schon geben. Zwar habe der Mutterkonzern Flowserve bislang nie offiziell mitgeteilt, dass man die Bremer Firma verkaufen möchte, sagt die Gestra-Betriebsratsvorsitzende Katja Pilz. „Wir haben aber auch nie die von uns geforderte Zusicherung für den Standort bekommen.“
Das habe zu Spekulationen geführt. Die sind nun konkreter geworden, weil bereits mehrere Interessenten am Standort in Findorff gewesen seien. Zu den potenziellen Käufern zählen Pilz’ Angaben zufolge sowohl Industrieunternehmen als auch Investmentgesellschaften.
Lutz Oelsner, Vorstandsvorsitzer von Gestra, will einen geplanten Verkauf nicht bestätigen, sagt aber: „Wir überlegen, wie es mit Gestra und Flowserve weitergehen soll. Und in diesem Prozess nimmt die Idee eines möglichen Verkaufs einen großen Teil ein.“
Keine Stellungnahme von Flowserve
Das Magazin „Finance“ berichtet unterdessen, bereits im Dezember seien erste Angebote bei einer Firma eingegangen, die von Flowserve mit dem Verkauf des Bremer Ventilherstellers beauftragt worden sein soll. Demnach könne der Verkaufspreis bei bis zu 180 Millionen Euro liegen. Der Mutterkonzern Flowserve war am Freitag nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.
Schon im vergangenen Jahr hat Gestra Schlagzeilen gemacht – damals ging es um einen Stellenabbau, der bei vielen Mitarbeitern den Frust über die Konzernmutter erhöht hat. Seit 2002 gehört das Bremer Unternehmen zu den Amerikanern und hat Gewinne eingefahren. Weil aber Flowserve unter der Krise am Markt für Öl und Gas leidet, mussten Einsparungen her. Davon blieben auch die Bremer nicht verschont.
Von 1200 Stellen, die in Europa gestrichen wurden, fielen etwa 40 auf Gestra. Hinzu kommt, dass in diesem Jahr die IT-Abteilung und die Buchhaltung aus Bremen nach Indien und Ungarn verlagert werden sollen. Kritik gab es daran, dass diejenigen, die diesen Job momentan machen, auch ihre Nachfolger einarbeiten sollen. Das alles sei Teil eines Sparprogramms, das jede Tochterfirma im Flowserve-Konzern treffe, sagt Pilz.
Einsparversuche könnten nicht die letzten gewesen sein
Deswegen stehe man auch einem möglichen Verkauf nicht im Wege. „Wir haben unter Flowserve eine schlechte Zukunft“, sagt Pilz. Denn die Einsparversuche aus dem vergangenen Jahr könnten nicht die letzten gewesen sein. Bei einer Tochterfirma in Hamburg werde nun die Logistik ausgelagert, sagt die Betriebsratsvorsitzende. Outsourcing und weiterer Personalabbau seien somit auch für Bremen immer ein mögliches Szenario.
Warum Flowserve Gestra verkaufen möchte, ist unklar. „Unsere Geschäftsmodelle haben sich voneinander entfernt“, sagt Oelsner aber. Denkbar ist daher, dass das amerikanische Unternehmen seine Strategie überdacht hat und sich anders aufstellen möchte. Volker Stahmann, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Bremen, ist allerdings überrascht von der Entscheidung. „Gestra ist die Perle des Konzerns.“
Der Umsatz lag 2015 bei mehr als 77 Millionen Euro, auch soll der Konzern regelmäßig Gewinne eingefahren haben. „Wir sind nicht unattraktiv“, sagt Pilz daher. Sie hofft, dass ein potenzieller Käufer weiter in das Bremer Unternehmen investieren will. Für möglich hält sie das sowohl bei einem Industrieunternehmen als neuem Eigner als auch bei einer Investmentgesellschaft. Die Frage sei: Will der Käufer in die Zukunft des Konzerns investieren oder nur Geld aus ihm rausziehen?
Mehrere Niederlassungen im Ausland
Sollte sich ein Investor für Gestra finden, bekommt er jedenfalls ein Unternehmen mit langer Tradition. 1902 hat Gustav Friedrich Gerdts die Firma gegründet. Im Laufe der Jahre kamen mehrere Niederlassungen im Ausland hinzu, bis Gestra schließlich 2002 von Flowserve übernommen wurde.
Diskussionen gab es zuletzt nicht nur um den Konzern, sondern auch um den Standort in Findorff. Das Unternehmen hatte schon vor mehreren Jahren geplant, ihn aufzugeben und an den Stadtrand zu ziehen.
Ein neues Grundstück im Technologiepark war schon gefunden, Flowserve hatte seine Zustimmung erteilt, dann aber wieder zurückgezogen, weil die Kosten höher lagen als zunächst berechnet. Hinzu kam, dass auf dem bisherigen Firmengrundstück zwischen Hemmstraße und Münchner Straße Schadstoffe gefunden wurden.