Im Fall der Bremer Greensill Bank richten sich Insolvenzverwalter Michael Frege und sein Team auf ein Verfahren ein, dass mehrere Jahre dauern wird. Entsprechend hat die zuständige Kanzlei CMS Hasche Sigle dafür in Bremen Büroräume gesucht und diese nun bezogen. Kanzleisprecher Finn Wehr sagte dem WESER-KURIER: „Im Moment sind bereits große Teams aus Rechtsanwälten, Wirtschaftsprüfern, Steuerberatern und Bankkaufleuten dabei, die vorgefundene Situation zu analysieren und Bilanz zu ziehen.“
Kurz nachdem Frege das Mandat für diese Insolvenz erhalten hatte, ging er von einer Verfahrensdauer zwischen fünf und zehn Jahren aus. Grund dafür sei auch die internationale Komplexität. Ansonsten geht die Insolvenz den nächsten üblichen Schritt: Die Gläubiger der Greensill Bank wurden aufgerufen, ihre Forderungen anzumelden. Das sollen sie spätestens bis zum 14. Mai getan haben. Von der Kanzlei CMS Hasche Sigle heißt es außerdem: „Die Entschädigungszahlungen an die geschützten Einleger der Greensill Bank sind von den Entschädigungseinrichtungen bereits zu einem großen Teil geleistet worden.“
Die Summe, die der Einlagensicherungsfonds vom Bundesverband deutscher Banken an Kunden der Greensill Bank zahlen muss, liegt bei 3,1 Milliarden Euro. Eine Milliarde Euro davon sei über die gesetzliche Einlagensicherung abgedeckt, zwei Milliarden Euro seien über die freiwillige Einlagensicherung der privaten Banken garantiert. Und zwei Milliarden Euro will sich der Bankenverband laut Medienberichten von der britisch-australischen Finanzgruppe Greensill Capital zurückholen.
Kontakt zu Insolvenzverwaltern in London, New York und Sidney
Vom zuständigen Insolvenzverwalterteam der Kanzlei CMS Hasche Sigle ist zu hören, dass nun gut drei Wochen nach dem Insolvenzantrag erste Schritte erfolgt seien, um Vermögen erfolgreich zu sichern. „Gleichzeitig wurden bei Gerichten in London, Sydney und New York Verfahren eingeleitet, um die Rechtspositionen der Greensill Bank AG im Ausland ordnungsgemäß zu wahren“, heißt es von der Kanzlei. Demnach sei eine Kooperation der verschiedenen Insolvenzverwaltungen angestrebt. Sie sollen bei der Sicherung und Verwaltung der Insolvenzmasse zusammenarbeiten. Sprecher Finn Wehr sagte: „Die deutsche Insolvenzverwaltung hat den Insolvenzverwaltern in England und Australien eine solche Kooperation angetragen.“
Die nicht geschützten Anleger versuchen, sich mithilfe von Anwälten in Stellung zu bringen. Betroffen sind Kommunen und das Land Thüringen, die bei der Bremer Greensill Bank investierten. Sie erhalten nichts aus dem Einlagensicherungsfonds der deutschen Privatbanken. Die Stadt Münster hat dagegen mitgeteilt, dass sie beinahe Kunde beim Bremer Geldinstitut geworden wären. Kämmerin Christine Zeller sagte: „Die Stadt Münster hat im Sommer 2019 sehr genau hingesehen, als es galt, ein vergleichsweise attraktives Angebot der Greensill Bank für die Anlage eines längerfristigen Festgeldes zu prüfen.“ Es wurde dazu damals eine Prüfung durch die Schweizer Agentur Independent Credit View beauftragt.
Die Agentur sei zu einer warnenden Einschätzung bezüglich der Greensill Bank gekommen. „Münster ist dieser Einschätzung damals gefolgt und hat sich gegen ein Geschäft mit der Greensill Bank entschieden“, erklärt Stadtkämmerin Zeller. Damit sei der Stadt anders als vielen anderen Kommunen in Deutschland ein mutmaßlicher Millionenschaden erspart geblieben. Gut 50 Kilometer nordöstlich von Münster lief das anders. Denn die Stadt Osnabrück investierte 14 Millionen Euro beim Bremer Bankhaus.
Unterdessen hatte die Bremer Staatsanwaltschaft wie geplant Justizsenatorin Claudia Schilling (SPD) bis Gründonnerstag mitgeteilt, wie sehr die Wirtschaftsabteilung durch die zusätzlichen Ermittlungen gegen die Greensill Bank belastet sein werde. Wie viele Stellen mehr notwendig sein werden, um die Ermittlungen stemmen zu können, steht dadurch allerdings weiterhin nicht fest. Momentan besteht die Wirtschaftsabteilung aus 6,5 Stellen.
Im Rahmen der Ermittlungen wird sich herausstellen, gegen wen in der Bank sich unter anderem der Vorwurf der Bilanzfälschung richtet. Es heißt, dass falsche Rechnungen diskontiert worden sein sollen. Insolvenzverwalter Michael Frege wiederum wird im Sinne der Gläubiger ein Auge darauf haben, wohin genau die Gelder des Bremer Geldinstituts hinflossen. Frege war bereits Insolvenzverwalter im Verfahren der Bank Lehman Brothers in Deutschland. Dieses Verfahren dauerte etwa neun Jahre.