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Handwerker warten auf halbe Million Euro Zahlungsausfälle gehören laut Kammer zum Tagesgeschäft

Bremer Handwerksbetriebe warten infolge eines Gewoba-Projekts immer noch auf die Zahlung von einer halben Million Euro. Wie lange Handwerker derzeit im Durchschnitt auf ihr Geld warten.
17.02.2022, 20:01 Uhr
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Zahlungsausfälle gehören laut Kammer zum Tagesgeschäft
Von Florian Schwiegershausen

Handwerksbetriebe, die auf ihr Geld warten - laut Andreas Meyer, Hauptgeschäftsführer der Bremer Handwerkskammer, nichts Ungewöhnliches. Mit Blick auf die Arbeiten an einem Gewoba-Projekt in Bremen-Tenever, bei dem Betriebe noch auf Zahlungen von einer halben Million Euro warten, stellt er fest: "Fairerweise muss man sagen, dass Zahlungsausfälle leider zum Tagesgeschäft im Wirtschaftsleben gehören."

Dieses Risiko mit in die Kalkulation einzubeziehen, sei der unternehmerischen Freiheit eines jeden überlassen und völlig unterschiedlich. "Da wäre zum Beispiel die Frage, ob das Angebot für einen Stammkunden ist", ergänzt Meyer. Die Kalkulation könne zum Beispiel auch berücksichtigen, wie viele Folgeaufträge man als Handwerksbetrieb vom Kunden zu erwarten hat. Gerade bei gewerblichen Kunden könne das der Fall sein. Unabhängig davon stellt sich Meyer vor die Handwerksbetriebe und sagt: "Es ist natürlich ein Unding, dass erfolgte Leistungen nicht bezahlt werden. Der Handwerker hat ein Anrecht darauf."

Zahlungsprobleme bei bestimmten Bauleitern

Inwiefern Zahlungsausfälle vor allem bei privaten Bauherren, bei gewerblichen Kunden oder bei der öffentlichen Hand auftauchen, lasse sich so pauschal nicht sagen, weiß Thomas Voigt, Fachanwalt für Baurecht, aus seinem Berufsalltag zu berichten: "Es ist schon eher zu beobachten, dass man im Falle von Zahlungsproblemen nach Ausführung der Arbeiten bei den Bauleitern immer wieder auf die gleichen Namen trifft."

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Nach Angaben der Wirtschaftsauskunft Creditreform müssen Handwerksbetriebe derzeit im Schnitt 43 Tage auf ihr Geld warten. 2020 habe die Dauer bei 44 Tagen gelegen. Die Zahl der Unternehmensinsolvenzen befindet sich auf einen historischem Tiefstand. Patrik-Ludwig Hantzsch, Leiter der Wirtschaftsforschung beim Verband der Vereine Creditreform, sagte der "Deutschen Handwerkszeitung": "Wenn eine Mahnung nichts nutzt, sind 60 Tage die Schwelle, ab der man sagt, wer bis dahin nicht gezahlt hat, der zahlt nicht mehr."

Auftragsvergabe entsprechend des EU-Rechts

Im konkreten Fall steht auch die Frage im Raum, warum der Auftrag von Bremens städtischer Wohnungsgesellschaft an einen niederländischen Generalunternehmer gegangen ist. Hier verweist Gewoba-Sprecherin Christina Dose auf das europäische Vergaberecht: "Die Gewoba hat einen zentralen Einkauf, der nach einem Ausschreibungsregelwerk die Ausschreibungen diskriminierungsfrei und transparent ausführt. Die Nationalität – in diesem Fall die niederländische Provenienz des Unternehmens kann und darf kein Ausschlusskriterium in einem diskriminierungsfreien Verfahren sein." Diskriminierend könnte es auch sein, jemandem bei der Auftragsvergabe auszuschließen, weil sein Gerichtsstand nicht in Deutschland ist.

Kammer-Geschäftsführer Meyer weiß über die Auftragsvergabe zu berichten: "Wenn Sie für ein Projekt der öffentlichen Hand ein Angebot abgeben, müssen sie Referenzen haben. Da müssen Sie mindestens drei ähnliche Baumaßnahmen als Referenz in den letzten Monaten oder Jahren nachweisen können, sonst werden sie von vornherein ausgeschlossen.“ Damit wolle sich die öffentliche Hand absichern, auf der anderen Seite erschwert dies laut Meyer kleineren oder neuen Betrieben den Zugang zu diesen Aufträgen.

Vertrauen leidet

Die Gewoba betont, dass vor der Auftragsvergabe für die Wohnungen des Atriumhauses und der Pezzettino-Häusern in Tenever die Bonität des niederländischen Generalunternehmers überprüft wurde. Für Andreas Meyer von der Handwerkskammer bleibe nach diesem Vorfall etwas hängen, auch wenn der von der Gewoba zwischengeschaltete Generalunternehmer die Handwerker nicht bezahlt hat: "Es hat mit Vertrauen über jahrzehntelange Geschäftsbeziehungen zu tun, das durch solche Vorfälle in arge Mitleidenschaft gezogen wird oder sogar zerstört wird."

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