Die Bremer Krankenkasse HKK rechnet nach derzeitigem Stand damit, dass sie für 2024 ihre Beiträge nicht erhöhen muss. Das sagte der HKK-Vorstandsvorsitzende Michael Lempe am Mittwoch bei der Präsentation der Bilanzzahlen. Demnach würde er dem Verwaltungsrat, der immer im Dezember darüber entscheidet, keine Erhöhung der Zusatzbeiträge empfehlen. Das, was an Kosten aufgrund der inzwischen gut 910.000 Versicherten zu erwarten sei, könne die HKK auch so abfedern, ist sich Lempe sicher.
Diese Aussage steht dem entgegen, womit Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach rechnet. Er geht von einer Erhöhung der Beiträge zwischen 0,2 und 0,4 Prozent aus angesichts des Defizits in Milliardenhöhe, das bei den Gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) erwartet wird. Der GKV selbst rechnet mit einem Defizit für das kommende Jahr zwischen 3,5 und sieben Milliarden Euro. Da Lauterbach jedoch Leistungskürzungen ablehnt, rechnet er mit steigenden Krankenkassenbeiträgen. So hatte er es vergangene Woche mitgeteilt. Denn Steuerzuschüsse an die GKV solle es laut Bundesfinanzminister Lindner nicht mehr geben. Bei dem, was die Politik den GKV an Kosten in den vergangenen Jahren aufgebürdet hat, spricht Lempe in manchen Fällen von "Enteignung".
Bald eine Million Versicherte
Sollte die HKK ohne Erhöhung des Zusatzbeitrags auskommen, wird dies wie bereits in den vergangenen Jahren zu einer weiteren Zuwanderung an Mitgliedern und Versicherten führen. Im Jahr 2024 könnte die Krankenkasse bei der Zahl der Versicherten dann zum ersten Mal die Millionengrenze durchbrechen. Bereits in den vergangenen zehn Jahren hat die HKK die Zahl der Versicherten verdreifacht.
Die HKK verlangt momentan bei Arbeitnehmern wie auch alle anderen gesetzlichen Krankenkassen einen monatlichen Sockelbeitrag in Höhe von 14,6 Prozent. Hinzu kommt der Zusatzbeitrag in Höhe von 0,98 Prozent. Beide Beträge zahlen je zur Hälfte der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer. Der Zusatzbeitrag aller gesetzlichen Krankenkassen liegt momentan im Durchschnitt bei 1,6 Prozent. Eine ganze Reihe an Neumitgliedern erhält die HKK über die Vergleichsportale im Internet. Entsprechend: Wer die niedrigsten Zusatzbeiträge verlangt, wird auf den Vergleichsseiten ganz oben aufgelistet.
Für den Umzug des Bremer Herzzentrums
Im vergangenen Jahr konnte die HKK einen Überschuss in Höhe von 30,3 Millionen Euro erwirtschaften bei gleichzeitigen Ausgaben in Höhe von 2,55 Milliarden Euro. Dabei rechnet Lempe die geringen Verwaltungskosten vor: "Nur 3,1 Prozent der Gesamtausgaben sind Verwaltungskosten. Je Versichertem sind das 47 Prozent weniger als im GKV-Durchschnitt." In absoluten Zahlen liege dieser Kostenvorteil bei 70 Millionen Euro.
Den größten Kostenanteil bei den Ausgaben machen Krankenhäuser mit etwas mehr als 27 Prozent aus. Hier zahlte die HKK insgesamt mehr als 663 Millionen Euro. Der HKK-Vorstandsvorsitzende Lempe hält die Neustrukturierung der Krankenhauslandschaft für notwendig: "Dadurch sind erhebliche Qualitätsverbesserungen bei gleichzeitiger Ausgabensenkung möglich." Aber es sei eine einheitliche Planung vom Bund und vor allem den Bundesländern notwendig. Gelder für die Restrukturierung sollen laut Lempe erst danach fließen.
Die Pläne der Gesundheit Nord in Bremen bezeichnete Lempe als "umsichtig" - im Hinblick darauf, das Herzzentrum vom Krankenhaus Links der Weser ins Klinikum Mitte zu integrieren: "Ich wünsche sowohl der Geno-Spitze als auch der Gesundheitssenatorin viel Erfolg dafür, dass sie es schaffen, dass der der größte und wichtigste Akteur in der Gesundheitswirtschaft unserer Region zum Ende dieses Jahrzehnts wieder strategiefähig wird", sagte Lempe.
E-Patientenakte rettet Leben
Lempe begrüßt auf alle Fälle Lauterbachs Bemühungen, die Digitalisierung des Gesundheitswesens zu beschleunigen. Es solle endlich mit der elektronischen Patientenakte (ePA) vorangehen, die seit 2021 verfügbar ist: "Die Nutzung bleibt weit hinter den Anforderungen zurück." Die Daten, die digital hinterlegt werden sollen, können im Notfall Leben retten. Der Bundesgesundheitsminister will nun den Plan auf den Weg bringen, dass die Versicherten in Zukunft aktiv ablehnen müssen, wenn sie keine ePa haben möchten.
Die Idee, dass die Versicherten sich beim Arzt ihre Daten ausdrucken sollen und diese auf Papier zur Geschäftsstelle ihrer Krankenkasse bringen sollen, lehnen die gesetzlichen Krankenversicherungen allerdings als zu aufwendig ab. Momentan müssen sich die Bürger aktiv darum bemühen, wenn sie eine elektronische Patientenakte angelegt haben müssen. Ebenso gehe es laut HKK darum, das elektronische Rezept auf den Weg zu bringen.
Ein weiterer Wunsch des HKK-Vorstandsvorsitzenden Lempe: "Arzneimittel sind mit Schnittblumen gleichzustellen." Den gesetzlichen Krankenversicherungen würde es eine Einsparung von fünf Milliarden Euro bringen, wenn für Medikamente ebenso die ermäßigte Mehrwertsteuer gelte wie für Schnittblumen. Doch diese Bitte muss Lempe wohl eher an den Bundesfinanzminister herantragen.