Grüne Gewerbegebiete im Lande Bremen? Schnell dient da als Beispiel das als nachhaltig geplante Gewerbegebiet Lune Delta in Bremerhaven. Doch der Geschäftsführer vom Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) in Bremen, Martin Rode, kritisiert, wie man von ursprünglichen Plänen zugunsten mehr bebauter Gewerbeflächen abweicht: „Da hängt sich das Wirtschaftsressort ein grünes Mäntelchen um, redet von nachhaltigen grünen Gewerbegebieten, will aber mit dem Gewerbeentwicklungsprogramm 2030 doch zurück zum Flächenverbrauch auf der grünen Wiese.“
Rode sieht bei den geplanten Gewerbeflächen, dass dies weit über die Grenzen des gültigen hinausgehe, was die Bürgerschaft erst 2018 mit ihrem Flächennutzungsplan beschlossen habe: „Kaum ist der verabschiedet, kommt nun das Wirtschaftsressort mit seinem Gewerbeflächenprogramm an.“
Das Bremer BUND-Vorstandsmitglied Joachim Seitz ärgert sich, dass von der Landesregierung und von Wirtschaftssenatorin Kristina Vogt (Linke) auf der einen Seite der Klimaschutz hochgehalten werde. Wenn es aber andererseits um die praktische Umsetzung gehe, kommen laut Seitz plötzlich wieder alte Planungsmuster hervor: „Es ist sehr enttäuschend, dass das gerade die linke Wirtschaftssenatorin mitträgt, weil es im totalen Widerspruch zu dem steht, was die Regierungsparteien in ihren Koalitionsvertrag im Hinblick auf die Klimaverträglichkeit ihrer Projekte geschrieben haben – auch durch Betreiben der Linken.“
Seitz erkenne bei der dritten Baustufe vom Gewerbepark Hansalinie entlang der A1 keine Rücksicht auf die Umwelt: „Bei den bisher erschlossenen Gebieten ist immer wieder festzustellen, dass die Gebäude viel zu niedrig und Parkplätze viel zu ausgedehnt angelegt werden.“ Seitz kritisiert außerdem, dass zwar ein neuer Autobahnanschluss geplant sei, jedoch bisher kein Anschluss an die ans Gebiet grenzende Bahnlinie. Bei dieser Strecke handelt es sich um den Bahnabzweig von Dreye Richtung Sagehorn. Seitz fehlt die Diskussion darüber, dass man im Jahr 2020 sowohl ökologisch als auch ökonomisch anders planen müsse als vor 20 oder 30 Jahren: „Damals sind diese Planungen entstanden.“
Eine modernere Planung gebraucht
Jetzt bei der dritten Baustufe werden 130 Hektar umgestaltet. Derzeit betrage die Nettogewerbefläche 74 Hektar. Das kann man laut Seitz wesentlich umweltgerechter gestalten: „Es finden sich keine Ideen, wie man die Verkehre umweltfreundlicher gestalten kann.“ Es brauche da eine modernere Planung statt riesige Flächen mit einstöckigen Gebäuden und überdimensionierten Parkplätzen zu versiegeln. Allerdings hatte Wirtschaftssenatorin Kristina Vogt bereits Anfang des Jahres den Vorschlag aus einem Workshop zu Logistikflächen mitgenommen, in Zukunft mit mehr Etagen in die Höhe zu gehen – sofern das möglich ist. Der BUND-Vorstand fordert für die Gebäudedächer mindestens Solaranlagen oder Gründächer: „Dazu findet sich in den Plänen gar nichts.“
In Grambke soll laut Plänen das Gewerbegebiet ins Blockland hineingehen, wie BUND-Geschäftsführer Martin Rode erläutert: „Im Flächennutzungsplan von 2018 wurde dies noch bewusst als landwirtschaftliche Grünfläche dargestellt. Man hat dies klar als Siedlungsgrenze gesehen, und ein Rüberspringen über die Autobahn erfordert umfangreiche Infrastruktur mit dem Ziel, dort mehr Land zu nehmen.“ Bei der geplanten Gewerbefläche Airport-Süd handelt es sich laut Rode um wertvolles Grünland der Ochtumniederung. Für Kattenturm würden die Verkehrsprobleme noch größer werden. Rode fragt außerdem wie man die Fläche Airport-Süd mit dem bestehenden Gewerbegebiet verbinden wolle: „Da kommt nur eine Untertunnelung zum bestehenden Gewerbegebiet infrage. Aber dafür ist ja kein Geld da.

Alarm schlägt der BUND auch beim Hochwasserpolder in Niedervieland, der mit der Weser verbunden ist. Joachim Seitz sagt: „Dieses Naturschutzgebiet gehört zu den wertvollsten, die wir überhaupt in Bremen haben. Es gibt hier einige Tiere und Pflanzen, die sich auf der Roten Liste befinden.“ Auch für Bremens Hochwasserschutz spiele diese Fläche eine wichtige Rolle. „So etwas überhaupt ins Gespräch zu bringen, ist völlige Idiotie“, sagt Seitz. Rode glaubt, dass dieser Polder als Kuhhandel dienen soll: „Nach dem Motto: Wir werfen da mal etwas völlig Unrealistisches in den Raum und geben das dann ab, um dafür den Rest an Flächen zu bekommen.“
Positiv erwähnt Rode die Pläne zur Ertüchtigung bestehender Gewerbeflächen: „Auch da gibt es bisher nur eine Zielsetzung.“ Aus Gesprächen mit Unternehmern habe er den Eindruck, dass manche von ihnen bereits nachhaltiger denken als die Politik. Kritisch sieht er die Rolle der Wirtschaftsförderung Bremen: „Die WFB finanziert sich ja durch den Verkauf von Gewerbeflächen. Also muss sie den allein schon wegen des Selbsterhalts vorantreiben.“ Für ihn ist klar: „Wenn wir das 1,5-Grad-Ziel ernst nehmen wollen, müssen wir bis 2030 auf einen Flächenverbrauch bei Null runter.“