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Erste Details bekannt Nicht alle Betriebe sollen Ausbildungsabgabe zahlen

Über die Ausbildungsabgabe, die Unternehmen in Bremen in Zukunft zahlen wollen, sind erste Details bekannt geworden. So sollen Kleinstbetriebe mit weniger als fünf Beschäftigten von der Abgabe befreit sein.
14.10.2022, 05:00 Uhr
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Nicht alle Betriebe sollen Ausbildungsabgabe zahlen
Von Florian Schwiegershausen

Über die Ausbildungsabgabe, die Unternehmen im Land Bremen in Zukunft zahlen sollen, sind erste Details bekannt. Demnach sollen Betriebe mit weniger als fünf Beschäftigten davon befreit sein, haben aber Anspruch auf Leistungen aus dem geplanten Fonds. So hat es Wirtschaftssenatorin Kristina Vogt (Linke) mehreren Unternehmern bei einer Veranstaltung des Bremer Industrie-Clubs erläutert. Die weiteren Punkte:

Wofür ist der Ausbildungsfonds?

Ziel der Bremer Regierungskoalition ist es, mit der Abgabe die Ausbildungssituation im kleinsten Bundesland zu verbessern. Laut Vogt sollen Ausbildungsbetriebe mehr raus bekommen als sie einzahlen: "Das würde die kleinen Betriebe bevorzugen." Ab wann eine Firma als Ausbildungsbetrieb zählt, ist bisher nicht bekannt. Nicht jeder Betrieb hat jedes Jahr einen neuen Azubi.

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Welche Unternehmen werden draufzahlen?

Konkrete Summen nannte Vogt nicht bei der Veranstaltung. Im Nachgang ging sie davon aus, dass 70 Prozent der Betriebe nach Höhe der Rückzahlung pro Azubi mehr Geld aus dem Fonds erhalten werden, als sie einzahlen. Die Senatorin rechnet außerdem damit, dass Firmen ab einer Zahl von 50 bis 70 Beschäftigten mehr einzahlen werden, als sie zurückbekommen. "Gerade bei kleineren Betrieben wollen wir die Investitionsrisiken für Ausbildung minimieren", begründete Vogt dem Auditorium im Industrie-Club diesen Schritt. Laut Arbeitnehmerkammer sollte sich die Höhe der Abgabe danach bemessen, was sie leisten soll. "Im Übrigen berechnet sich die Abgabe in den bewährten Systemen von Ausbildungsumlagen etwa im Baugewerbe als bestimmter Anteil an der Jahresbruttolohnsumme. Das scheint ein sinnvolles Vorgehen", sagte die Sprecherin der Arbeitnehmerkammer, Nathalie Sander. Die Kammer kann sich auch vorstellen, dass Branchen, die bereits ein Umlagesystem haben, wie zum Beispiel das Baugewerbe oder in der Pflege, vom geplanten Ausbildungsfonds ausgenommen sind.

Wer überwacht den Fonds?

Was aus dem Fonds bezahlt wird, wolle man zusammen mit den Kammern und den Sozialpartnern festlegen. Sie sollen zu gleichen Teilen einen Expertenrat bilden. "Das macht niemals irgendeine Behörde", sagte Vogt dazu. Diese Variante betrachtet auch die Arbeitnehmerkammer als gute Lösung: "Für das Einzugsverfahren wird eine neutrale Stelle gebraucht. Wichtig ist, dass der Ausbildungsfonds unter Beteiligung der Sozialpartner und Kammern der Wirtschaft und Arbeitnehmer gesteuert wird." Die Arbeitnehmerkammer könne die Verwaltung des Fonds nicht übernehmen: "Das ist nicht möglich, da die Ausbildungsabgabe von Arbeitgebern bezahlt wird." Klar ist aber: Zur Verwaltung muss extra eine neue Stelle eingerichtet werden.

Was soll aus dem Fonds bezahlt werden?

Laut Vorlage soll der Fonds auch Teile der Ausbildung finanzieren, die momentan die Innungen zahlen. Auch die Ausbildungsberatung von Handwerkskammer und Handelskammer soll durch den Fonds getragen werden. Das Wirtschaftsressort soll den Hut dabei aufhaben, wenn es um die operative Umsetzung der angepeilten Programme und Schritte geht. Vogt sagt dazu: "Wir implementieren nur Unterstützungsmaßnahmen, die weder die Agentur für Arbeit noch die öffentliche Hand hat."

Die Arbeitsagentur sowie die Jugendberufsagentur verfügen bereits über verschiedene Förderprogramme. Die Senatorin betrachtet diese aber als nicht ausreichend: "Die sind nur vom Auszubildenden gedacht und nicht vom ausbildenden Betrieb. Es braucht gerade für kleine Betriebe mehr Unterstützung im sozial-emotionalen Bereich. Die gibt es so nicht in der Größenordnung, wie man sie braucht." Auch das Matching, dass also Betriebe und potenzielle Azubis zueinanderfinden, solle unterstützt werden. Man sehe ohne Gegensteuerung die Gefahr, dass sich die ungünstige Arbeitsmarktkonstellation im Land Bremen weiter verfestigen werde.

Wo setzt die Kritik an?

Bremens Handwerkskammer und Handelskammer lehnen den geplanten Ausbildungsfonds ab - auch weil sie befürchten, dass hier zusätzlich zur Arbeitsagentur mit ihren Förderprogrammen Parallelstrukturen geschaffen werden. Bei der Handelskammer will man sich die Vorlage genau anschauen. Eine juristische Prüfung haben bereits beide Kammern angekündigt. Unternehmer in Bremen –nicht nur beim Industrie-Club – kritisieren, dass sie gern Azubis einstellen würden, aber keine finden, vor allem zu wenig ausbildungsfähige junge Menschen. "Viele Unternehmen zahlen bereits jetzt Nachhilfeunterricht für ihre Azubis, weil man ja möchte, dass sie ihre Ausbildung erfolgreich abschließen, um sie dann zu übernehmen", sagte Kai Brüggemann als Präsident des Bremer Industrie-Clubs. Laut Vorlage soll der Fonds zum Ausbildungsjahr 2023/2024 starten. Derzeit ist das Papier noch ressortintern in der Abstimmung und geht danach zur Entscheidung in den Senat.

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