In diesen Tagen soll keine Zeit verloren gehen. Schließlich treffen die Auswirkungen der Corona-Pandemie Unternehmen und Selbstständige mit aller Härte. Sogar ein umfangreiches Investitions- und Konjunkturprogramm für das Land Bremen soll nun bald auf den Weg gebracht werden – selbst wenn es derzeit noch am Anfang steht.
Die Dimension dürfte für bremische Verhältnisse beachtlich sein: Im Gespräch ist eine Summe von 1,6 Milliarden Euro. Wirtschaftssenatorin Kristina Vogt (Linke) will diese Zahl derzeit nicht bestätigen. Doch darauf angesprochen macht sie deutlich: „Klar ist: Es geht ums Klotzen und nicht ums Kleckern.“
Im Interview mit dem WESER-KURIER hatte Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) ein Sonderprogramm für die Wirtschaft bereits angekündigt. „Wir können uns als international ausgerichteter Industrie-, Hafen- und Logistikstandort nicht erlauben, ins Hintertreffen zu geraten und zurückzufallen. Dafür müssen wir Impulse setzen“, äußerte sich Bovenschulte. Der Senat muss sich mit dem Vorhaben allerdings noch befassen.
Krise als Chance nutzen
Wirtschaftssenatorin Vogt plant, das Programm zusammen mit vertrauten Partnern zu gestalten. Seit Beginn der durch das Coronavirus ausgelösten Krise gibt es im Bremer Rathaus eine Runde. Darin sitzen die Handelskammer, die Handwerkskammer, die Arbeitnehmerkammer, die Gewerkschaften und Unternehmensverbände. Neben Vogt gehören dem Kreis auch Finanzsenator Dietmar Strehl (Grüne) und Bürgermeister Bovenschulte an. Gemeinsam soll laut Vogt mit diesen Partnern überlegt werden, wie ein Konjunktur- und Investitionsprogramm der Wirtschaft am besten helfen kann. Es gelte nun, rasch Ideen umzusetzen: „Damit wir nicht eine tiefe Rezession erleben, von der sich die Unternehmen nicht mehr erholen.“
Dabei stehe die Wirtschaft im Zuge von Digitalisierung und ökologischem Umbau bereits vor einem Wandel. Das geplante Programm soll Unternehmen bei diesem Wandel helfen. „Wir können diese Krise auch als Chance nutzen, die Zukunftsthemen für Bremen wirklich gut zu flankieren“, sagt Vogt. Als Beispiel nennt sie Airbus. Hier könne es zum Beispiel darum gehen, den Flugzeugbauer mit Standort in der Hansestadt beim Thema ökoeffizientes Fliegen zu unterstützen. Einen Austausch gebe es dazu bereits mit ihrem Kollegen in Hamburg. Öffentliche Investitionen seien hier nötig, um den Standort zu festigen.
Überhaupt sucht Kristina Vogt derzeit den Schulterschluss mit den anderen norddeutschen Bundesländern. „Wir wollen von einer wirtschaftlichen Entwicklung nicht mehr abgekoppelt sein“, sagt die Bremer Wirtschaftssenatorin. Nach der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/2009 habe es sehr viel staatliche Hilfe gegeben. „Wenn man aber ganz ehrlich ist, gingen die größten Quersubventionen in den Süden der Republik. Das hat die norddeutschen Länder ein bisschen hinterherhinken lassen.“
Als klammes Bundesland wie Bremen habe man dann noch weniger Chancen als ein vergleichsweise reiches Bundesland wie Hamburg. Vogt ist überzeugt, dass man auch arbeitsmarktpolitisch in Bremen nachlegen muss. „Ich gehe davon aus, dass wir als unmittelbare Folge der Krise auch mehr Erwerbslose haben werden.“ Es sei wichtig, die Menschen sofort aufzufangen, damit sie nicht in die Langzeitarbeitslosigkeit abrutschen.
Bremen habe bereits einen Sockel an vielen Langzeitarbeitslosen durch die Umbrüche der letzten Jahrzehnte. Auch diese Menschen dürften nicht vergessen werden. „Das sind große Herausforderungen“, sagt Vogt und plädiert deshalb für Landesmittel. „Wenn wir uns nur auf den Bund verlassen, werden wir in Bremen keine Entwicklungen haben, um standhalten zu können – geschweige denn aufzuholen. Obwohl große Teile unserer Wirtschaft und auch unserer Mittelständler kerngesund sind.“
Dennoch dürfe man auch den Bund nicht aus der Pflicht lassen. Hierzu müssten sich die Bundesländer und die Wirtschaftsministerkonferenz abstimmen. Überall in der Wirtschaft gebe es gerade Einbrüche – vom Handwerk bis zur Industrie. „Da können wir mit Konjunktur- oder Investitionsprogrammen anschließend sinnvoll helfen durch den Bund oder die Länder“, sagt Senatorin Vogt.
Die größten Sorgen machten ihr derzeit die Bereiche, die sich nicht durch Aufholeffekte erholen könnten: Veranstalter, Messegesellschaften, Catering, Gastronomie und Hotels. Schließlich könnten Hotelbetten, die heute leer seien, in Zukunft nicht doppelt belegt werden. Vom Veranstalter bis zum Schausteller seien viele jetzt in einer verzweifelten Situation. „Ich war selber Wirtin und weiß, dass man da nicht so große Polster hat.“ Zugleich müsse Bremen auch die eigenen Gesellschaften unterstützen, die derzeit Umsatzverluste erlitten wie die BSAG oder die Messe.