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Kein Wachstum für 2020 erwartet Handelskammer fordert Investitionen in den Standort Bremen

Schon 2019 sei ein durchwachsenes Jahr für die Wirtschaft gewesen. Und mit dem Coronavirus gibt es eine neue Unsicherheit. Die Handelskammer fordert nun Investitionen. Doch dafür fehlten die Mittel.
25.02.2020, 13:26 Uhr
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Handelskammer fordert Investitionen in den Standort Bremen
Von Maurice Arndt

Anhaltende Krisen belasten das Wirtschaftswachstum in Bremen – auch weil die Exporte nachgelassen haben. Vor diesem Hintergrund forderte die Handelskammer bei der Vorstellung der Jahresbilanz für 2019 am Dienstag mehr Investitionen von der Landesregierung und kritisierte zugleich den Entwurf zum Doppelhaushalt 2020/2021. Der Ausblick der Unternehmensvertreter auf 2020 fällt verhalten aus.

In den vergangenen Jahren seien starke Exporte, die rund zwei Drittel des Bremer Industrieumsatzes ausmachten, Treiber für eine gute Konjunktur mit Wachstumsraten über dem Bundesdurchschnitt gewesen, sagte Matthias Fonger, Hauptgeschäftsführer der Handelskammer. Aufgrund globaler Faktoren seien nun aber auch die Exporte zurückgegangen, die auch im Wirtschaftswachstum spürbar seien. Wie sehr? Das wird erst im Sommer klar sein, wenn das Ergebnis für das Gesamtjahr feststeht. Im ersten Halbjahr ging die Wirtschaftsleistung in Bremen bereits zurück. Zu den globalen Unsicherheiten zählte Janina Marahrens-Hashagen, Präses der Handelskammer, den Brexit, den Handelskonflikt zwischen China und den Vereinigten Staaten, daneben auch Klimaschutzdebatten sowie das sich derzeit ausbreitende Coronavirus.

Belastung durch Fachkräftemangel und Digitalisierung

Doch weitere Themen belasten die Wirtschaft nach Ansicht der Handelskammer. Dazu zählt sie etwa die Anstrengungen der Energiewende und der Digitalisierung sowie den Fachkräftemangel, der der Wirtschaft bereits seit einigen Jahren zu schaffen mache. "In unseren regelmäßigen Konjunkturbefragungen sieht die Mehrzahl der Unternehmen im Fachkräftemangel auch bei einem insgesamt verlangsamten Beschäftigungswachstum weiterhin eines der größten Risiken und Wachstumshemmnisse", sagte Fonger.

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Mit einer Entspannung der Wirtschaftslage im Jahr 2020 rechnet die Handelskammer nicht: Der Hauptgeschäftsführer erwartet für dieses Jahr ein "Null-Wachstum", also eine unveränderte Wirtschaftsleistung. In diesen Zeiten ist das für ihn eine Erleichterung: "Immerhin sollten wir keinen Einbruch erleben." Marahrens-Hashagen forderte dennoch, dass man den Wirtschaftsstandort Bremen nun für eine schwächere konjunkturelle Phase fit machen müsse. Die Abkühlung dauere schließlich die kommenden Jahre und womöglich Jahrzehnte. Dazu nimmt die Präses die Regierung in die Pflicht: Im aktuellen Haushaltsentwurf für 2020/2021 fehle es an Investitionen in die sanierungsbedürftigen Straßen und die Attraktivitätssteigerung der Bremer Innenstadt sowie an Mitteln für den Flughafen. Ihr sei bewusst, dass die Mittel knapp seien und auch richtigerweise in Bildung und Digitalisierung investiert werden müssten, "doch wir werden uns noch mal für Ausgaben im Bereich Wirtschaft starkmachen", kündigte die Präses an.

Immer mehr Arbeitnehmer pendeln nach Bremen

Vor allem Investitionen in die Attraktivität der Stadt seien sinnvoll angesichts der Tatsache, dass immer mehr Arbeitnehmer nicht in Bremen wohnten. Als Beleg für diese These sieht Fonger, dass die Zahl der Erwerbstätigen um 0,6 Prozent und die der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten sogar um 1,2 Prozent gestiegen sei, die Arbeitslosenquote aber gleichzeitig um 0,1 Punkte auf 9,9 Prozent kletterte. "Das ist nur dadurch zu erklären, dass die Arbeitnehmer einpendeln." Eine Berechnung der Handelskammer zeige, dass Bremen in den vergangenen zehn Jahren 16.500 Einwohner an das niedersächsische Umland verloren habe. Dadurch habe das Land 2019 allein 100 Millionen Euro verloren. Der Verlust könne in den kommenden Jahren noch steigen. Fonger ergänzte die Kritik von Präses Marahrens-Hashagen am Haushaltsentwurf und plädierte darüber hinaus dafür, Existenzgründungen mehr zu fördern und mehr Wohnraum sowie mehr Gewerbeflächen zu schaffen. Letztere seien zudem für die Bremer Wirtschaftsförderung (WFB) wichtig und deren Grundlage: Wenn die WFB nicht auf genügend Gewerbeflächen zurückgreifen könne, fehle Geld, das die Regierung nachlegen müsse. Die Handelskammer fürchtet aufgrund des Mangels um die Handlungsfähigkeit der Wirtschaftsförderung.

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Neben den düsteren Aussichten gab es auch Positives zu vermelden. 2019 sei zwar insgesamt durchwachsen gewesen, die Auftragslage aber gut. In regelmäßigen Umfragen hätten sich die Unternehmen überwiegend zufrieden über ihre laufenden Geschäfte geäußert. Vor allem in der Bauwirtschaft sei ein anhaltender Boom zu verzeichnen. "Hier wurde größtenteils nahe der Kapazitätsgrenze gearbeitet", sagte Präses Marahrens-Hashagen. Die Industrieproduktion in Bremen dagegen habe mit rückläufigen Auftragszahlen zu kämpfen. Diese seien ein Grund für die deutliche konjunkturelle Abkühlung im Exportgeschäft.

Themen, die die Handelskammer im Jahr 2019 außerdem beschäftigten, waren der Brexit, auf den Marahrens-Hashagen die Unternehmen allerdings gut vorbereitet sieht, sowie der Handelskonflikt zwischen den USA und China. Hierbei begrüßte die Präses das Handelsabkommen der EU mit Japan als "Zusammenschluss der Vernünftigen". Auch um die Häfen ging es: Die Präses forderte eine Zusammenarbeit aller norddeutschen Häfen im Wettstreit mit Rotterdam und Antwerpen. 2020 will die Handelskammer zudem im Zuge des turnusmäßigen Vorsitzes des Handelskammerzusammenschlusses Nord das Thema "grüner Wasserstoff" auf die Agenda setzen.

+++ Dieser Text wurde um 19:49 Uhr aktualisiert+++

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