Lieferdienste für Lebensmittel werden auch in Bremen immer beliebter. Während Gorillas seit dem Frühjahr in der Hansestadt aktiv ist, will Flink bis Monatsende hierher expandieren. Konkurrent Bringoo möchte bis Jahresende mit seinem Service in der Hansestadt vertreten sein, so der Leiter der Unternehmensentwicklung, Robert Kosobucki, gegenüber dem WESER-KURIER.
Die Edeka-Märkte werden dem Start-up als Kooperationspartner dienen. Es verspricht, dass Lieferungen 45 Minuten nach der Bestellung beim Kunden sein werden. „Wir setzen da am Anfang auf den Lebensmitteleinzelhandel, weil der die größte Strahlkraft hat“, erläutert Kosobucki. Langfristig sei es Ziel, auch kleinere Händler wie Blumenläden, Süßwarengeschäfte oder auch Apotheken mit ins Boot zu holen.
Auf diese Weise will Bringoo auf den stationären Einzelhandel aufsatteln und dessen Möglichkeiten erweitern. In Hamburg, Köln und Berlin liefert das Unternehmen bereits für die Rewe-Discounter-Tochter Penny aus. Dafür zahlt der Kunde pro Lieferung 2,99 Euro. Für die Produkte werden dieselben Preise verlangt wie im Markt vor Ort.
Der Bringoo-Fahrer sucht für die Kundschaft im Geschäft die Bestellungen zusammen. Bei Apotheken holt der Kurier die Bestellung nur ab. Per Rad, E-Lastenrad oder Auto geht die Ware auf die Reise. Laut Bringoo liegt der Radius zur Auslieferung bei bis zu sechs Kilometern um das Geschäft herum. „Wir wollen aber auch an die Randbezirke von Bremen gehen“, ergänzt Kosobucki. Ziele der Expansion seien ebenso Kleinstädte mit weniger als 100.000 Einwohnern. Dort seien die Supermärkte bereits vor Ort, an die das Start-up lediglich anknüpfen müsse.
Dahinter steckt ein großes Geschäft: Lebensmittel-Lieferdienste haben 2020 in Deutschland doppelt so viel Umsatz verzeichnet wie im Jahr 2018, wie aus einer Studie der Unternehmensberatung Oliver Wyman hervorgeht. Die Studie sieht in einigen Jahren ein Marktvolumen von knapp neun Milliarden Euro.
Momentan sieht es anders aus: „In Deutschland verdient niemand Geld mit dem Online-Lebensmittelhandel“, sagte Michael Gerling, der Geschäftsführer des Kölner Handelsforschungsinstituts EHI, der „Wirtschaftswoche“. Erst ab einem Einkauf in Höhe von 80 Euro aufwärts würde sich der Lieferservice lohnen. Auf diese Höhe kommt Bringoo derzeit nicht. „Die Kunden kaufen bei uns oft für Summen zwischen 30 und 40 Euro ein, während sie im Supermarkt eher so im Durchschnitt bei 18 Euro liegen“, stellt Robert Kosobucki fest.
Mit Penny steigt der erste Discounter groß ins Liefergeschäft mit Lebensmitteln ein. Lidl hatte vor zwei Jahren entsprechende Pläne, die allerdings in der Schublade blieben. Die neue Geschäftsführung des Discounters will den Ausbau des Onlinehandels forcieren. Netto setzt auf den Paketversand mit Lebensmitteln, und von Aldi sind aktuell keine Pläne bekannt.
Bis jetzt hat vor allem die Handelskette Rewe ihren Lieferdienst nahezu bundesweit aufgebaut. Im jüngsten Lockdown war die Resonanz so groß, dass zeitweise keine Neukunden akzeptiert wurden. Mit den Bestellungen der Bestandskunden war es schon schwer genug für die Fahrer, die Auslieferungen zu bewältigen, heißt es.
Bald können sich Rewe-Kunden in Bremen ihre Lieferung vom Start-up Flink liefern lassen, das bereits Mitarbeiter sucht. Über das künftige Liefergebiet konnte das Start-up noch keine Angaben machen. Für die Kooperation mit Flink hat sich Rewe Anteile gesichert. Außerdem sammelte das Start-up bei der letzten Finanzierungsrunde 240 Millionen US-Dollar (205 Millionen Euro) ein. Bei den Konkurrenten öffnen die Risikokapitalgeber derzeit ebenso ihre Geldschatulle.
Was Flink und Gorillas gemeinsam haben: Beide versprechen die Zustellung der Lebensmittel spätestens zehn Minuten nach der Bestellung. Vor wenigen Wochen hat Gorillas nach Findorff ein zweites Warenlager in der Neustadt eröffnet. In den vergangenen Wochen war die Kritik an Gorillas wegen der Arbeitsbedingungen laut geworden. Die Fahrradkuriere in Berlin protestierten für rechtzeitige Bezahlung, wetterfeste Kleidung und sichere Fahrräder. Vergangenen Freitag gab es aus gleichen Gründen vor dem Bremer Warenlager eine Protestaktion.
Auf seiner Internetseite hat das Unternehmen erklärt, dass es die Wahl von Betriebsräten unterstütze. Außerdem liege der Stundenlohn für die Beschäftigten bei 10,50 Euro. Konkurrent Bringoo zahlt laut eigenen Angaben zwölf Euro pro Stunde, außerdem werden Räder und Fahrzeuge gestellt.