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Aus Walle auf die Weltmeere Bremer Schüler verbringt seine Ferien auf dem Containerschiff

Ein Bremer Schüler auf hoher See: Linus Benje (16) erlebt in den Ferien ein Abenteuer. Es geht mit der "Cartagena Express" nach Südamerika – ein erster Test für seinen Traumberuf. Was er bisher erlebt hat.
19.07.2025, 05:00 Uhr
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Bremer Schüler verbringt seine Ferien auf dem Containerschiff
Von Lisa Schröder

In Bremen sind Sommerferien – endlich eine Auszeit: Der Wecker darf sechs Wochen auf Snooze gestellt bleiben. Ein Bremer Schüler steht allerdings ganz freiwillig weiter in aller Herrgottsfrühe auf. Linus Benje hat sich zu einem Abenteuer aufgemacht: Er ist mit einem Containerschiff unterwegs nach Südamerika.

Im Hamburger Hafen ging die Reise an Bord der "Cartagena Express" los. Ende dieser Woche befindet sich der Bremer aus Walle nach einem Halt in Antwerpen bereits irgendwo mitten auf dem Atlantik. 16 Jahre ist er alt. Es ist seine erste große Reise ins Ausland – und dann gleich so eine.

Was Benje bisher auf dem Containerschiff erlebt hat? Ein Gespräch ist dazu ausgemacht. Dank Satellitentechnik klappt es tatsächlich: Kapitän Krzysztof Kaplon und Linus Benje sitzen in der Bar der Offiziere gemeinsam vor dem Bildschirm. "Hello!"

Der Bremer scheint auf dem Frachter gut angekommen zu sein. "Am meisten Spaß macht mir im Moment die Brückenwache", sagt Benje. Dabei müsse alles an Bord im Blick behalten werden. Benje schaut den Seeleuten bei ihrer Arbeit vorwiegend über die Schulter. Die Zeit hier an Bord ist ein erster Test: Der Schüler kann sich vorstellen, später Lotse zu werden. Um 7 Uhr geht der Tag für ihn los. Das nächste Ziel ist Caucedo in der Dominikanischen Republik.

Eindrucksvoll ist die Reise schon jetzt gewesen. Benje erinnert sich an den Moment, als er endlich vor der "Cartagena Express" steht. Sein erster Eindruck: ziemlich groß! Auf Fotos komme das gar nicht ganz rüber. 333 Meter lang und 48 Meter breit ist der Frachter. Auf dem Hapag-Lloyd-Schiff haben mehr als 10.000 Container Platz. Die erste Nacht blieb die "Cartagena" noch im Hafen. Als Linus Benje in seiner Kabine im Bett liegt, denkt er neben aller Vorfreude auch: "Jetzt gibt es kein Zurück mehr!"

Unterwegs auf den Ozeanen mit echten Seeleuten sind in diesen Wochen auch andere Jugendliche. Der Verband Deutscher Reeder bietet die Mitfahrt über sein Ferienprogramm an. Mehr als 70 Schülerinnen und Schüler reisen auf Containerschiffen, Massengutfrachtern oder Schleppschiffen mit.

Verbandspräsidentin Gaby Bornheim freut sich über die Nachfrage für das Programm: "Das Interesse an maritimen Berufen lebt auf – und das ist gut so!“ Einige Mädchen sind auch dabei. Caroline Philippin aus Süddeutschland ist mit der "Kuala Lumpur Express" unterwegs von Südkorea bis nach Yokohama in Japan. Die Mitfahrt bringe sie ihrem Traum näher: "Eines Tages möchte ich Kapitänin eines großen Containerschiffs werden." Auf der "Cartagena Express" von Hapag-Lloyd ist neben dem Bremer ein weiterer Schüler dabei.

"Wir versuchen damit Nachwuchs zu gewinnen", sagt der Ausbildungsleiter der Hamburger Reederei Erik Hirsch zum Programm. "Es bietet einen einmaligen Einblick in das Leben an Bord." Wie sind die Strukturen? Wie sehen die Abläufe aus? Tatsächlich arbeiten sollen die Jugendlichen nicht, aber schon einen realistischen Eindruck bekommen. Das strengt durchaus an. "Die Ferienfahrer berichten, dass sie in den ersten Tagen ziemlich geschlaucht sind", sagt Hirsch.

35 Teilnehmer sind allein bei Hapag dabei. "Das ist schon sehr aufwendig", sagt Hirsch. Die Reisen um die Tour herum bezahle man natürlich. Ein Flug nach Busan in Südkorea liege derzeit bei 3000 Euro: "Das ist eine Hausnummer, aber uns ist das Programm einfach zu wichtig. Wir machen das gerne." Etwa die Hälfte der Teilnehmer bewerbe sich tatsächlich später bei der Reederei. Diejenigen hätten "ganz hervorragende Chancen" auf eine Zusage.

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Hirsch hat selbst bei der Marine gearbeitet. Ein Beruf an Bord sei sehr besonders. "Ich frage in jedem Bewerbungsgespräch die Kandidaten: Was sagen denn deine besten Freunde und deine Eltern zu dieser bescheuerten Idee mit der Seefahrt?" Schließlich sei man drei bis vier Monate unterwegs, in denen auf viel verzichtet werden müsse: der Fußballklub, der Kinobesuch oder die Freunde zu treffen. Darüber müssten sich die jungen Leute im Klaren sein. Zugleich sei da aber bei vielen diese Faszination für die Arbeit, die anderen schwer zu erklären sei, erzählt Hirsch: "Man muss schon ein bisschen Salzwasser im Blut haben, um das vollends zu verstehen."

Kapitän Kaplon möchte den Jugendlichen zeigen, wie die Arbeit auf dem Schiff aussieht – vom Maschinenraum über die Brücke bis hin zum Deck – die harten und auch schönen Seiten. "Es ist kein einfacher Beruf", sagt der Mann aus Polen. In seiner Familie habe die Seefahrt Tradition. In Südamerika sind mit den Ferienschülern Landgänge geplant. Das sei einer der Vorteile auf See: andere Länder und Kulturen kennenzulernen.

In Callao in Peru wird Linus Benjes Reise Anfang August enden. Die erste Zeit an Bord hat ihn bestärkt, dass die Arbeit auf dem Schiff etwas für ihn ist. "Auf jeden Fall", sagt er. Im vergangenen Jahr hat er bereits ein Praktikum bei den Lotsen auf der Weser gemacht. So kam er auf das Programm. "Die haben mir das alle wärmstens empfohlen", sagt Benje. Und seine Erwartungen hätten sich erfüllt.

Nach dem Sommer geht es für ihn in die 11. Klasse. Einen Moment habe er schon überlegt, ob ihm die Ferien nicht fehlen. Während er auf See unterwegs ist, liegen andere entspannt am See. "Ich habe hier ziemlich viel Spaß", sagt Benje aber sofort. In der Crew seien alle "supernett". Für die Freizeit gibt es an Bord Tischtennis und Fitnessgeräte, eine X-Box und Karaokemaschine. Benje hat sich auch schon ans Mikrofon getraut. "Es gibt auch ein kleines Schwimmbad, das mit Seewasser gefüllt wird, wenn das Wasser wärmer wird."

An das Leben auf dem Meer habe sich sein Körper erst gewöhnen müssen. Ungemütlich sei es gleich in der Nordsee geworden: Das Schiff geriet dort ins Rollen – wankte also ordentlich hin und her. Windsurfer Linus kennt das Meer. Nur ist ein Containerschiff eine ganze neue Welt. "Egal, wo man ist: Man spürt, dass sich alles bewegt", sagt er.

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Um die "Cartagena" sei es dann stetig einsamer geworden. Im Ärmelkanal sei noch sehr viel los gewesen an anderen Schiffen. Auf dem Atlantik sei es immer weniger geworden. "Dann bin ich am nächsten Morgen aufgestanden, und es war nichts mehr da", sagt Benje. "Einfach nur noch Meer."

Als er die Brücke erstmals betritt, sei ihm richtig bewusst geworden: "Jetzt bin ich hier." Seine Familie fiebere bei seinem Abenteuer mit und unterstütze ihn. Heimweh hat der Bremer noch nicht. Hier draußen beeindrucken ihn besonders die Wellen. Unaufhaltsam und unberechenbar sei ihre Bewegung: "Die Wellen kommen, und nichts kann sie daran hindern."

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