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Rente Lücken bei der Altersvorsorge der Bremerinnen

Eine Umfrage der Commerzbank zeigt, dass viele Bremerinnen sich fürs Alter nicht gut abgesichert fühlen. Die Vorsorge für die Rente sehen Experten generell als Problem – egal ob bei Mann oder Frau.
25.11.2019, 21:31 Uhr
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Lücken bei der Altersvorsorge der Bremerinnen
Von Lisa Schröder

Was liegt ganz vorne? Karriere, Familie oder doch die Liebe? Frauen in Bremen ist ihre finanzielle Unabhängigkeit am allerwichtigsten. Zumindest geht das aus einer Umfrage der Commerzbank unter 100 Frauen in Bremen und der Region hervor. 36 Prozent werten dieses Ziel demnach als äußerst wichtig und 40 Prozent als sehr wichtig – die höchsten Werte für beide Kategorien. Allerdings sehen viele Frauen ihre Altersvorsorge kritisch.

So gaben 17 Prozent an, überhaupt nicht fürs Alter versorgt zu sein. 35 Prozent gaben an, weniger gut oder nicht ausreichend für das Alter abgesichert zu sein. „Die Frauen sind nicht immer bereit oder einfach nicht in der Lage, mit ihrem Einkommen Rücklagen für die Altersvorsorge zu bilden“, kommentiert Birgit Janßen, Kundenberaterin und Gruppenleiterin der Commerzbank Bremen, die Zahlen. Zur Beurteilung der eigenen Altersvorsorge konnte ein Fünftel gar keine Aussage treffen. „Das ist schon erschreckend“, sagt ­Janßens Kollegin Stephanie Fery.

Für die Umfrage zum Thema Finanzen hat das Meinungsforschungsinstitut Yougov im Auftrag der Bank bundesweit mehr als 1600 Frauen zwischen 18 und 64 Jahren gesprochen. „Die Frauen erkennen ganz oft das Problem, aber nicht immer folgt der zweite Schritt, die Lösung“, sagt Janßen. Dann lande das Thema doch wieder in der Ablage. Doch selbst wenn das Urteil positiv ausfällt, ist das laut den Expertinnen mit Vorsicht zu genießen. Zwei Prozent der Befragten sehen sich sehr gut und 27 Prozent ausreichend versorgt. Manche Frauen glaubten aber nur, dass die Vorsorge ausreiche. Das zeige sich manchmal beim Blick auf den Rentenbescheid, denn es sei vielen nicht klar, dass es noch Abzüge gebe.

„Ich finde das besorgniserregend“, sagt auch Sascha Otto, der Leiter des Wertpapier- und Portfoliomanagements der Sparkasse Bremen, zur Umfrage. Das größte Problem sei eines, das Frauen wie Männer treffe: „Die meisten Menschen haben überhaupt keine Vorstellung davon: Wie viel Geld brauche ich im Alter oder im Falle von Krankheit oder Berufsunfähigkeit, um mein Leben zu finanzieren?“ Das sei zu abstrakt und hierzulande fehle eine adäquate Finanzmarktbildung, um gegenzusteuern. Wer eine klassische Erwerbsbiografie durchlaufe, bei dem griffen die staatlichen Mechanismen. Doch ansonsten sieht Otto vom Staat derzeit keine vernünftige Lösung zur Altersvorsorge. Die bisher eingesetzten Instrumente wie die Mütterrente milderten ein bisschen, aber seien bisher nur „Trostpflaster“.

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Unterscheiden sich denn Männer und Frauen, wenn es um Finanzen geht? Fery und Janßen haben beide viele Jahre Erfahrung im Vertrieb. Frauen sind nach ihrer Ansicht vorsichtiger und besonnener, während Männer mutiger und offensiver seien. „Es gibt natürlich auch Ausnahmen“, sagt Janßen. In der Regel schließe aber ein Mann, der von einem Angebot überzeugt sei, es direkt vor Ort ab. Frauen nähmen es häufiger mit nach Hause, um dort mit dem Partner darüber zu sprechen. „Das ist ein Phänomen, das wir doch immer wieder hören. Da wird die Entscheidung nicht so leichtfertig getroffen“, sagt Fery, als Marktbereichsleiterin zuständig für Vegesack und Osterholz. Ein Nachteil dabei sei, sagt Janßen, dass der Partner nicht mit im Gespräch gewesen sei, um Fragen zu klären.

Sascha Otto nimmt Frauen ebenfalls als weniger risikofreudig wahr – im positiven Sinne konservativ. Kundinnen wählten weniger spekulative Branchen. „Männer haben immer sehr hohe Erwartungen an Performances und sind ein bisschen getrieben“, sagt Otto. Dagegen hätten Frauen deutlich realistischere Renditevorstellungen: „Und deswegen sind Frauen aus meiner Wahrnehmung auch häufiger erfolgreicher an den Kapitalmärkten.“ Fery sieht vor allem eine Eigenschaft, die bei Wertpapieren hilft: „Frauen sind geduldiger, was sich häufig auszahlt bei der Geldanlage.“

Der Blick auf das Spar- und Depotvolumen der Commerzbank Bremen zeigt, dass Frauen hier nicht die Hälfte des Vermögens stellen. In der Niederlassung und den 20 angeschlossenen Filialen liegt ihr Anteil am Sparguthaben bei 40 Prozent, am Depotvermögen bei 35 Prozent. „Das liegt daran, dass in der Berufszeit weniger Einkommen da war, um es zurückzulegen“, betont Janßen erneut. Der Umfrage zufolge hätten nur 15 Prozent der Befragten mehr als 2000 Euro Nettoeinkommen. Im Alter stünde den Frauen dann entsprechend weniger zur Verfügung. Otto verwundert der Unterschied nicht: Immer noch verdienten Männer mehr, während Frauen öfter Jobs hätten, die weniger gut bezahlt seien. Außerdem gebe es bei Frauen häufiger Brüche in der Karriere.

In den Beratungen ginge die Sparkasse explizit auf die Frauen ein: „Wir versuchen, unbequeme Fragen zu stellen.“ Was passiert bei einer Trennung? Was passiert im Todesfall des Partners? „Viele machen sie darüber überhaupt keine Gedanken.“ Im Gespräch mit Frauen seien diese Fragen wichtiger – gerade wenn Kinder da seien. Denn immer noch blieben Frauen öfter bei der Familie und hätten dann Abstriche in der Karriere und beim Einkommen. Die Sparkasse Bremen hat jüngst explizit Frauen zu Veranstaltungen eingeladen, um über Finanzen zu sprechen.

Fery sieht, dass es bei den Finanzen stark aufs Thema ankommt, worüber auch in der Familie, im Freundes- und Bekanntenkreis im Detail gesprochen wird. „Viele, die in Gesprächen zur Immobilienfinanzierung sitzen, wissen, welchen Zinssatz ihre Eltern hatten.“ Ganz anders schätzt Fery das für die Altersvorsorge ein: „Das, glaube ich, wird zu Hause ganz wenig besprochen.“

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