Flugreisende müssen sich ab diesem Donnerstag auf Einschränkungen einstellen. Grund ist der 48-Stunden-Streik der Lufthansa-Flugbegleiter. Die Fluggesellschaft streicht daher für die kommenden zwei Tage insgesamt 1300 Flüge. Davon betroffen sind auch Passagiere in Norddeutschland. An den Flughäfen in Bremen, Hamburg und Hannover wurden etliche Verbindungen zu den Drehkreuzen München und Frankfurt annulliert.
Am Hans-Koschnick-Airport hat die Lufthansa insgesamt 30 Flüge gestrichen, 15 am Donnerstag, 15 am Freitag. Betroffen sind Verbindungen mit den wichtigen Drehkreuzen München und Frankfurt. An diesem Donnerstag findet etwa nur der Flug um 6.35 Uhr nach Frankfurt statt – alle anderen Verbindungen in die Metropole am Main fallen aus. München soll an diesem Tag immerhin noch viermal angeflogen werden. Am Freitag soll es laut Notfallplan gar keine Reisen nach Frankfurt geben. Verbindungen der Lufthansa-Töchter Eurowings und Swiss nach Stuttgart beziehungsweise Zürich sind nicht beeinträchtigt.
„Wir empfehlen allen Reisenden, sich im Vorfeld mit der Airline in Verbindung zu setzen und ihren Flugstatus auf der Website des Unternehmens zu überprüfen“, sagt Andrea Hartmann, Sprecherin des Bremer Flughafens. In Hamburg und Hannover ist die Situation ganz ähnlich. Nach Lufthansa-Angaben werden an beiden Flughäfen rund 40 Verbindungen von und nach München und Frankfurt ausfallen.
Am Mittwoch hatte die Lufthansa auf ihrer Website angekündigt, bis zum Abend alle betroffenen Passagiere auf andere Flüge umzubuchen. Wer ein Ticket für die Streiktage Donnerstag und Freitag besitzt, kann dieses einmalig umbuchen auf einen Flug der Lufthansa Group innerhalb der nächsten zehn Tage. Bei Verbindungen innerhalb Deutschlands können Tickets der Fluggesellschaft auf deren Homepage auch in Fahrscheine für die Bahn umgewandelt werden. Alternativ können Tickets ganz zurückgegeben werden. Reisende erhalten dann den Kaufpreis zurück. Insgesamt sind nach Unternehmensangaben weltweit 180 000 Passagiere vom Streik betroffen.
Ebenfalls am Mittwoch scheiterte die Lufthansa mit dem Versuch, den Streik der Gewerkschaft Ufo juristisch zu verhindern. Das Arbeitsgericht Frankfurt lehnte in erster Instanz den Eilantrag des Unternehmens ab, ebenso eine kurzfristig eingelegte Berufung. Nach kursorischer Einschätzung seien die Tarifverträge korrekt gekündigt worden und der Streikbeschluss gültig, erklärte die Vorsitzende Richterin. Angriffe der Lufthansa-Anwälte gegen die kurzfristig geänderte Arbeitskampfordnung der Gewerkschaft lehnte die Richterin ab. Hier handele es sich um interne Regelungen der Ufo ohne Außenwirkung. Es gebe auch keine offenkundigen Zweifel an der Tariffähigkeit, die das Bundesarbeitsgericht der Ufo zuletzt in einem Urteil von 2014 bestätigt habe.
In der Gerichtsverhandlung hatte Lufthansa der Gewerkschaft noch sofortige Vorverhandlungen zu tariflichen Themen angeboten, die aber erst mit dem neu zu wählenden Ufo-Vorstand ab dem 15. Februar 2020 finalisiert werden könnten. Den jetzigen Vorstand lehne man weiterhin als nicht vertretungsberechtigt ab, erklärte der Lufthansa-Anwalt. Ufo verlangte hingegen sofortige Tarifverhandlungen auf Augenhöhe mit dem aktuellen Vorstand.
Die Gewerkschaft Ufo fordert für die 21 000 Lufthansa-Flugbegleiter höhere Spesen und Zulagen sowie besseren Zugang für Saisonkräfte in reguläre Anstellungsverhältnisse. In dem gesamten Tarifkonflikt geht es hauptsächlich um die vom Konzern aufgeworfene Frage, ob Ufo überhaupt noch Tarifverträge für das Kabinenpersonal durchsetzen kann.
Zuletzt hatte Ufo sich auch offen gehalten, ob der Streik auch auf weitere Lufthansa-Töchter ausgeweitet werden soll. Hierzu zählen Germanwings, Eurowings Deutschland, die Lufthansa City Line und Sun Express Deutschland, ein Gemeinschaftsunternehmen von Lufthansa und Turkish Airlines, das ab Bremen mehrere Ziele in der Türkei anfliegt. Im Schnitt bietet die Lufthansa Group nach eigenen Angaben täglich etwa 1540 Verbindungen an. Davon entfallen 580 Abflüge auf Deutschland und wiederum 380 auf die Kernmarke Lufthansa. In den nun 1300 gestrichen Flügen sind auch etliche nicht bestreikter Unternehmen wie Swiss, Austrian, Edelweiss oder Brussels Airlines enthalten.
Ob Fluggästen bei einem Streik wie diesem eine Entschädigung für Flugausfälle zusteht, ist juristisch umstritten. Der Bundesgerichtshof befand im Jahr 2012, dass ein Pilotenstreik ein außergewöhnlicher Umstand ist. Die Folge: Die von Verspätungen und Annullierungen betroffenen Passagiere bekamen keine Entschädigung. Jedoch muss die Fluggesellschaft alles in ihrer Macht Stehende unternehmen, um die Folgen des Ausstands zu minimieren. Dazu gehören etwa ein Sonderflugplan und Umbuchungen.
Der Europäische Gerichtshof hat entschieden, dass sich eine Fluggesellschaft bei einem wilden Streik nicht ohne weiteres auf außergewöhnliche Umstände berufen kann. Bislang ist dieses Urteil jedoch nicht unbedingt auf reguläre Streiks übertragbar – das muss der EuGH noch klären.
Unabhängig davon müssen Passagiere durch die Airline betreut werden, sollte es zu längeren Wartezeiten kommen. Ab zwei Stunden Verspätung haben Fluggäste Anspruch auf Leistungen wie Telefonate, E-Mails, Getränke, Essen und gegebenenfalls eine Übernachtung im Hotel. Die zweistündige Wartezeit gilt für Flüge von bis zu 1500 Kilometern. Liegt die Strecke zwischen 1500 und 3500 Kilometern müssen Passagiere mindestens drei Stunden warten, ehe sie auf Betreuung durch die Fluggesellschaft setzen können. Ab 3500 Kilometern gilt eine Wartezeit von vier Stunden.